Von Haftung bis Zusatzkosten Darauf kommt es bei Pflegeverträgen an
Wer auf häusliche Pflege angewiesen ist, hat oft schon genug Probleme zu bewältigen. Besonders frustrierend ist es dann, wenn der Pflegevertrag alles andere als kundenfreundlich ist. Worauf Betroffene achten sollten.
Ob im Alter, durch einen Unfall oder eine Krankheit – jeder kann auf Unterstützung im Alltag angewiesen sein. Nicht immer können Angehörige das alleine leisten und engagieren daher Pflege. Doch Vorsicht: In den Verträgen mit dem Pflegedienst lauern mitunter Fallen, erklärt die Verbraucherzentrale Berlin. Sieben Punkte, auf die Verbraucher achten sollten:
1. Zusatzkosten: Wer pflegebedürftig ist und einen Pflegegrad hat, bekommt auf Antrag Geld von der Pflegekasse. Wird ein ambulanter Pflegedienst in Anspruch genommen, müssen Verbraucher aber oft aus der eigenen Tasche noch etwas dazuzahlen.
"Wer einen Vertrag mit einem ambulanten Pflegedienst abschließt, sollte vor allem darauf achten, welche Kosten er zusätzlich privat zahlen muss", sagt Petra Hegemann von der Verbraucherzentrale Berlin. Pflegebedürftige müssen beispielsweise mehr zahlen, wenn die Kosten für Pflegeleistungen höher sind als der Anspruch, den sie bei ihrer Kasse haben.
Auch sogenannte Investitionskosten müssen Verbraucher immer selbst übernehmen. "Dazu gehören Ausgaben, die den Betrieb des ambulanten Dienstes sicherstellen, zum Beispiel Büromieten oder Leasingkosten für Autos", erklärt Hegemann.
2. Preiserhöhungen: Einige Pflegedienste legen in ihren Verträgen fest, dass sie die Investitionskosten immer dann einseitig erhöhen dürfen, sobald die Kosten für die Pflege steigen. "Diese Kopplung der Kosten im Zusammenhang mit einem einseitigen Preiserhöhungsrecht ist nicht rechtens", sagt Hegemann.
So habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass Unternehmen bei einer einseitigen Preiserhöhung grundsätzlich nur tatsächliche Kostensteigerungen weitergeben dürfen. Übertragen auf die Pflegeverträge bedeutet dies, dass zwar tatsächlich gestiegene Pflegekosten weitergegeben werden können. Die Investitionskosten darf der Dienst dann jedoch nicht automatisch auch anheben.
3. Leistungsbeschreibungen: "In den meisten schriftlichen Pflegeverträgen fehlen klare Leistungsbeschreibungen", kritisiert Hegemann. Die Bezeichnungen "Grundpflege" oder "Pflegeleistungen nach Paragraph 36 SGB XI" seien zu ungenau. Einige Anbieter listeten zwar sogenannte Leistungskomplexe wie beispielsweise "kleine Körperpflege" auf. Welche Einzelleistungen sich dahinter verbergen, beschreiben die Dienste jedoch nicht. Außerdem schreibe kaum ein Anbieter die Leistungszeiten, etwa morgens zwischen 7.00 und 9.00 Uhr, in den Vertrag, so Hegemann.
Kunden sollten zudem vertraglich festhalten, in welchem zeitlichen Rahmen sie einen Pflegeeinsatz kostenfrei absagen können. "Üblich sind 24 Stunden oder bis 12 Uhr am Vortag", sagt Hegemann. Darüber hinaus sollte schriftlich vereinbart werden, dass der Vertrag ruht, wenn der Pflegebedürftige ins Krankenhaus kommt.
4. Kostenvoranschlag: "Ein besonderes Augenmerk sollten Verbraucher auf den Kostenvoranschlag legen", sagt Ronald Richter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Ein guter Pflegevertrag regelt, wann eine sogenannte "wesentliche Änderung" eintritt und der Anbieter einen neuen Voranschlag erstellen muss.
Eine weitere Frage ist etwa, ob der Pflegedienst weiter leistet, wenn die Krankenkasse des Verbrauchers eine ärztlich verordnete Leistung ablehnt. "Wichtig ist hier, dass der Pflegedienst nicht einfach auf Kosten des Verbrauchers weiterleistet", sagt Richter. Verbraucher und Anbieter sollten stattdessen eine konkrete Vereinbarung über die Kosten treffen.
Problematisch sei außerdem, dass der gleiche Pflegedienst für ähnliche Leistungen, wie Lebensmittel einkaufen oder Reinigen der Wohnung, unterschiedliche Preise dafür berechnet, ob die Pflegeversicherung direkt eintritt oder Privatleistungen vereinbart werden. Auch darüber gibt der Kostenvoranschlag Auskunft.
5. Haftung: Wer haftet in welcher Höhe, wenn der Pflegedienst den Schlüssel des Verbrauchers verliert und ein neues Schloss eingebaut werden muss? Und wer haftet für Schäden in der Wohnung des Pflegebedürftigen? Auch auf diese Fragen sollten Verbraucher achten, so Hegemann. So kann die Haftung des Pflegedienstes für leichte Fahrlässigkeit und Vorsatz bei Sachschäden durchaus eingeschränkt werden. Bei körperlichen Schäden des Kunden gilt das jedoch nicht.
6. Vertragsabschluss: Im Pflegevertrag sind in der Regel immer der Pflegebedürftige und der Pflegedienst gemeinsame Vertragspartner. "Dies muss sich aus dem Vertrag auch so ergeben", sagt Hegemann. Sollte ein gesetzlicher Betreuer oder Bevollmächtigter den Vertrag unterschreiben, muss er dies durch den Zusatz "in Vertretung" deutlich machen. Wenn der Vertrag zudem auf Anlagen verweist, sollte der Pflegedienst dem Verbraucher diese auch aushändigen.
7. Kündigung: Verbraucher sollten darauf achten, mit welcher Frist der Pflegedienst kündigen darf, so Richter. "Hier dürften zwei bis vier Wochen angemessen sein", sagt der Experte. Pflegebedürftige können ihren Vertrag selbst jederzeit und ohne Angaben von Gründen fristlos kündigen, ergänzt Hegemann. Pflegedienste würden hingegen noch immer häufig eine längere Frist für die Kündigung durch den Verbraucher in ihre Verträge schreiben. Doch das Kündigungsrecht sei inzwischen gesetzlich klar geregelt.
Um die Qualität der Pflegeverträge zu verbessern, stellt etwa der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) seinen Mitgliedseinrichtungen einen Muster-Pflegevertrag zur Verfügung. Dieser wird einem Sprecher zufolge nach rechtlichen Neuerungen und dem Feedback der Pflegedienste regelmäßig überarbeitet und optimiert.
Besonders wichtig sei es zudem, dass der Kunde die vertraglichen Verpflichtungen auch wirklich versteht. Deshalb müsse der Pflegedienst dem Kunden dessen Vertrag auch mündlich erklären und alle Fragen dazu beantworten.
Quelle und weiterführende Informationen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Verbraucherzentrale Berlin
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.