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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erkältungs- und Grippezeit Infektionsrisiko beim Hausarzt: Ist es wirklich so hoch?
Die Erkältungszeit geht weiter und das Husten und Niesen im Wartezimmer des Hausarztes bereitet vielen Patienten Sorgen. Doch wie hoch ist das Ansteckungsrisiko?
Wer vor dem Arztbesuch nicht krank war, ist es spätestens danach – das ist die Meinung vieler Menschen. Aber wie hoch ist das Ansteckungsrisiko beim Arzt wirklich? Und was können Sie selbst tun, um das Risiko zu senken? Eine Hygienikerin gibt auf Nachfrage von t-online Ratschläge, wie Sie sich und andere schützen können.
Ansteckungsrisiko beim Hausarzt: Ist es wirklich so hoch?
Laut Simone Scheithauer, Direktorin vom Institut für Hygiene & Infektiologie in Göttingen hängt das Ansteckungsrisiko, etwa mit Erkältungsviren, nicht primär vom Ort ab. Entscheidend sind vielmehr, wie viele infektiöse Personen anwesend sind und wie gut der Ort belüftet ist. So sei das Risiko in geschlossenen Räumen grundsätzlich größer als im Freien.
Da sich in den geschlossenen Räumen einer Hausarztpraxis im Winter oder allgemein während einer Sprechstunde für Infektionskrankheiten relativ viele infektiöse Personen befinden, könne man dort durchaus von einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgehen, erklärt die Expertin.
Haben alle Arztpraxen ein höheres Ansteckungsrisiko?
Nein, das erhöhte Ansteckungsrisiko darf man laut Prof. Scheithauer nicht einfach auf alle Arztpraxen übertragen. In einer Praxis für Allgemeinchirurgie, einer Zahnarztpraxis oder einer gynäkologischen Praxis sei das Risiko, sich mit Viren oder anderen Krankheitserregern anzustecken, nicht automatisch höher.
Der Grund: Viele Krankheitserreger können leicht über die Luft übertragen werden. Husten, niesen oder sprechen infizierte Personen, werden Krankheitserreger in Form von Tröpfchen in die Luft freigesetzt. Wird nicht ausreichend gelüftet, steigt die Konzentration dieser Erreger immer weiter an. Beispiele für Krankheiten, die über diese sogenannte Tröpfcheninfektion übertragen werden, sind etwa Erkältungen, Corona, Grippe, Keuchhusten, Windpocken, Masern sowie bakterielle Erkrankungen wie Scharlach oder eine Meningokokken-Infektion.
- Lesen Sie auch: So lange sind Erkältungsviren in der Luft ansteckend
Ansteckung im Wartezimmer: Wo lauern die meisten Erreger?
Allerdings können Krankheitserreger neben Tröpfchen in der Atemluft auch noch auf anderen Wegen in den Körper gelangen. Niest sich etwa ein Grippe-Patient in die Hand, haften die Viren im Anschluss an der Handfläche. Gibt der Erkrankte nun einem anderen Menschen die Hand, können die Viren auch auf diese Weise übertragen werden. Dieser Infektionsweg wird als Kontaktinfektion oder Schmierinfektion bezeichnet.
Gut zu wissen
Besonders bei Durchfallerkrankungen spielt die Kontakt- oder Schmierinfektion eine wichtige Rolle. Kleinste Spuren von ansteckenden Stuhlresten gelangen etwa über die Hände weiter zum Mund. Dadurch können Erreger wie Noroviren, Rotaviren oder Adenoviren in den Körper gelangen. Aber auch eine Bindehautentzündung, Windpocken oder Herpes können über eine Schmierinfektion übertragen werden.
Theoretisch können über infizierte Hände auch gemeinsam genutzte Gegenstände einen Übertragungsweg darstellen. Allerdings gibt Scheithauer hier eine kleine Entwarnung: "Krankheitserreger können natürlich über die Hände an Dinge gelangen, die die Person häufig berührt, etwa an Türgriffe, Stuhllehnen oder Zeitschriften. Ob davon eine Infektionsgefahr ausgeht, hängt allerdings von vielen Faktoren ab, etwa dem Erreger, dem Ausmaß der Kontamination, der Temperatur und der Luftfeuchte. Zudem müssen die Erreger anschließend in die Nase oder die Augen gelangen."
Die Angst vor der kontaminierten Türklinke findet sie daher falsch. "Die meisten Krankheitserreger verbergen sich in uns", betont die Hygienikerin. Wichtiger sei es daher, den Menschen gute Hygieneregeln näherzubringen.
Diese bestehen etwa darin, am besten in ein Einwegtaschentuch zu husten oder zu niesen, sich dabei wegzudrehen und sich nach dem Naseputzen, Niesen oder Husten gründlich die Hände zu waschen. Ist kein Taschentuch griffbereit, sollte man sich beim Husten und Niesen die Armbeuge vor Mund und Nase halten und sich dabei ebenfalls von anderen Personen abwenden. Und auch nach dem Gang zur Toilette ist es wichtig, sich immer die Hände zu waschen.
So schützen Sie sich vor einer Ansteckung im Wartezimmer
Die Angst vor Infektionskrankheiten dürfe kein Grund sein, nicht in eine Arztpraxis zu gehen, warnt die Expertin. Denn zum Glück gibt es Wege, wie Patienten sich und andere schützen können. Dafür nennt Simone Scheithauer folgende Tipps:
- regelmäßiges Händewaschen
- sich nicht ins Gesicht fassen
- einen Mund-Nasen-Schutz tragen
- die Arztpraxis nicht bei Kleinigkeiten aufsuchen (etwa bei einer Erkältung ohne Fieber und sonstige weitere Symptome)
- den Arzt fragen, ob er telefonische Krankschreibungen oder Videosprechstunden anbietet
- eigene Lektüre mitbringen
- am Empfang nach der voraussichtlichen Wartezeit fragen und einen Spaziergang machen, statt sich im Wartezimmer aufzuhalten
Zudem empfiehlt die Medizinerin, die gültigen Impfempfehlungen für Infektionskrankheiten wahrzunehmen, etwa für Influenza, SARS-CoV-2 oder Pneumokokken.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- infektionsschutz.de: "Schmierinfektion". (Abrufdatum: Januar 2025)
- infektionsschutz.de: "Tröpfcheninfektion". (Abrufdatum: Januar 2025)
- infektionsschutz.de: "Hygiene beim Husten & Niesen". (Abrufdatum: Januar 2025)
- Interview mit Simone Scheithauer, Direktorin vom Institut für Hygiene & Infektiologie