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Rubel gegen Russlands Gas? Mit diesem Deal läuft Deutschland in Putins Falle


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Mögliches Ende der Gaslieferungen
Deutschland darf sich nicht von der Angst erpressen lassen

MeinungEin Kommentar von Nele Behrens

Aktualisiert am 03.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Russland: Putin hat angekündigt, dass für Gaslieferungen in EU-Länder ab Freitag Rubelkonten nötig sind. (Quelle: Glomex)
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Die Wirtschaft warnt drastisch vor den Folgen eines russischen Lieferstopps beim Erdgas. Zeitgleich testet Putin, wie ernst es Deutschland mit den Sanktionen meint. Und wie weit er in der Ukraine gehen kann.

Es war eine historische Rede, die Kanzler Olaf Scholz Ende Februar im Bundestag hielt, eine, die international hohe Wellen schlug. "Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf. (...) Oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen", sagte Scholz zum Krieg in der Ukraine.

Nun, einen Monat später, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem er sich an diesen Worten messen lassen muss – und seinem eigenen Anspruch offenkundig nicht gerecht wird.

Denn die Grenze, von der Scholz sprach, scheint noch immer Putin zu setzen – und zwar beim Gas.

Die reflexartige Deutung des jüngsten Gas-Deals als Erfolg des Kanzlers ist und bleibt reines Wunschdenken. Putin ist nicht eingeknickt. Er fordert noch immer das, was er schon vor einer Woche erzwingen wollte:

Der Westen soll über die Bezahlung der Gasimporte den Rubelkurs stützen, daran ändert auch die Charade vom Donnerstag nichts. Mit dem Hin und Her um Zahlungen in Euro hat der russische Präsident Bundeskanzler Scholz lediglich die Möglichkeit gegeben, das Gesicht zu wahren.

Wenn dieser den Deal annimmt, ist endgültig klar: Der deutsche Kanzler lässt sich erpressen. Und noch schlimmer: Er zeigt gegenüber Putin Schwäche, für die der russische Präsident nur Verachtung kennt.

Putin bekommt genau das, was er will

Putins Plan war von Beginn an, dass deutsche Importeure Euro-Devisen bei einer russischen Bank lagern und in Rubel tauschen, um so ihre Rechnungen zu bezahlen. Denn der Devisentausch erhöht künstlich die Nachfrage nach Rubel und stützt damit den Kurs der wankenden russischen Währung.

Zeitgleich bekommt Russland damit frische Devisen, mit denen es in Drittstaaten wie China oder Indien Güter wie Mikrochips oder auch Waffen kaufen kann (mehr dazu lesen Sie in dieser Analyse). Geht Scholz also auf Putins Forderung ein – und aktuell deutet alles darauf hin – hilft Deutschland Russland, die Folgen der westlichen Sanktionen abzumildern. Das bedeutet einen Bruch mit den westlichen Partnern.

Tatsächlich dürfte genau dies das übergeordnete Ziel Putins sein. Denn die Devisenumwandlung geschah schon vor diesem Schritt, wenn auch über Umwege: Bereits vor seiner Rubelforderung mussten russische Exportunternehmen 80 Prozent der Umsätze, die sie in ausländischen Währungen machten, in Rubel tauschen. Das neue Dekret erhöht diese Summe also lediglich auf 100 Prozent.

Ziel Nummer eins: den Westen endlich spalten

Der eigentliche Sinn des jüngsten Gas-Deals dürfte daher sein, vorzufühlen, wie geeint der Westen ist – und wie groß das Opfer ist, das Deutschland bereit ist zu erbringen.

Seit Wochen versuchen die westlichen Partner, die Bundesregierung zu härteren Sanktionen gegen Russland zu bewegen. Dass Putin seine Rubelforderung gerade jetzt ausspielt, ist deshalb vor allem eine Machtdemonstration. Seine Botschaft ist klar: Ich bestimme, wohin das Gas fließt – und zu welchen Bedingungen.

Scholz muss sich jetzt entscheiden, welchen Platz Deutschland einnimmt: den als führende Kraft in einem starken europäischen Bündnis oder den als harmloser Moralist, der die unangenehmen Konsequenzen seiner Worte scheut?

Fest steht: Lässt Deutschland seine Politik von der Angst eines Gaslieferstopps diktieren, wird Putin diese Karte nicht das letzte Mal als Druckmittel ziehen. Wahrscheinlich wird er versuchen, auf diesem Wege weitere Sanktionen zu brechen. Mindestens aber verdammt die Furcht vor dem Gas-Aus Deutschland zur Tatenlosigkeit – egal, wie weit Putin im Ukrainekrieg noch geht. Wie schmerzhaft das mit den Idealen unseres Landes kollidiert, zeigen die Bilder der getöteten Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha.

Putin ist auch vom Westen abhängig

Viele Stimmen aus der Wirtschaft warnen dennoch eindrücklich vor einem Ende der Gasimporte. Fest steht: Passt Deutschland seine Zahlungen nicht an die russischen Vorstellungen an, pokert der Kanzler hoch. Er riskiert den Wohlstand ganzer Generationen in diesem Land, sollten sich die Kassandrarufe aus der Wirtschaft bestätigen. Erst am Freitag warnte etwa BASF-Chef Martin Brudermüller vor der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, sollte Russland das Gas abstellen.

Die Angst erscheint berechtigt. Und doch darf sie uns nicht blind machen. Putin bleibt gegenwärtig kaum eine andere Einnahmequelle als der Energieexport. Und sein wichtigster Partner ist – derzeit noch – der Westen.

Schon vor dem Überfall auf die Ukraine war die russische Wirtschaft wegen der Corona-Pandemie stark eingebrochen. Wie schwach sie nun durch die Sanktionen ist, kann keiner sagen. Putin kann also nicht daran gelegen sein, dem Westen das Gas vollständig abzustellen. Er hat kaum andere Abnehmer.

Die "freundlichen Staaten" sind keine Hilfe für Russland

Seine neuen Hoffnungen, China und Indien, sind nicht ausreichend mit Pipelines angeschlossen, um die übrigen Mengen zu nehmen. Kurzfristig bliebe Russland kaum etwas anderes übrig, als das Gas abzubrennen. Langfristig müssten die Gasfirmen ihre Förderung reduzieren oder sogar einstellen, sagen Experten (mehr dazu lesen Sie hier).

Russland würde also ebenfalls schwere Konsequenzen eines Lieferstopps spüren. Putin hat also kein Interesse an einem radikalen Bruch aller wirtschaftlichen Beziehungen.

Sicher, das Verhalten Wladimir Putins ist nur schwer zu kalkulieren, wenn er mit dem Rücken an der Wand steht. Doch in der Vergangenheit hat er meist nach einer inneren Logik gehandelt – auch wenn es Außenstehenden teilweise nicht so vorkam.

Es gibt nur schlechte Optionen

Deutschland hat nun die Wahl zwischen zwei Übeln. Das kurzfristige Risiko einer immensen Wirtschaftskrise, wenn Russland tatsächlich die Gaslieferungen stoppen sollte, oder die langfristige Gefahr, sich zur Geisel eines rücksichtslosen Autokraten zu machen und damit auch die eigenen Partner zu schwächen.

Wir sollten dabei bedenken: Auch die zweite Option schützt uns nicht vor einem Lieferstopp. Mit den Sanktionen hat der Westen Russland vor Wochen den Wirtschaftskrieg erklärt. Nun zeigt Russland: Diese Form des Krieges schmerzt nicht nur einer Seite. Und der Kanzler? Kann nur verlieren.

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