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ETFs: Sieben Kritikpunkte – und was an ihnen dran ist


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Gefährlich und riskant?
Sieben Kritikpunkte an ETFs – und was an ihnen dran ist

MeinungEine Kolumne von Gerd Kommer

18.07.2021Lesedauer: 4 Min.
Finanzexperte Gerd Kommer erklärt bei t-online, wie Sie langfristig Vermögen aufbauen.Vergrößern des Bildes
Finanzexperte Gerd Kommer erklärt bei t-online, wie Sie langfristig Vermögen aufbauen. (Quelle: Frank Sorge/imago-images-bilder)
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ETFs haben viele Vorteile. Doch je erfolgreicher sie sind, desto lauter regt sich Kritik an ihnen. Droht eine Blase zu platzen? Was von diesem und weiteren Argumenten zu halten ist.

Das Kernanliegen dieser Kolumne ist zu zeigen, wie enorm nützlich ETFs für Privathaushalte sind. Deshalb habe ich in meinen vergangenen Beiträgen erläutert, was ETFs genau sind, wie simpel sie letztlich funktionieren und welche Vorteile sie haben.

Aber mit dem Erfolg wächst auch die Kritik. Ich picke deshalb heute sieben oft gehörte Anti-ETF-Argumente heraus – und zeige, was an ihnen dran ist.

Argument 1: Der ETF-Marktanteil ist mit 30 Prozent gefährlich hoch und er steigt weiter.

Die Fakten: Diese scheinbar hohe Zahl gilt nur bezogen auf die USA und dort nur für einen ganz bestimmten Teil des Kapitalmarktes. Würde man den globalen ETF-Marktanteil bezogen auf den gesamten Kapitalmarkt berechnen und andere notwendige Korrekturen bei der Marktanteilsberechnung vornehmen, käme vermutlich eine Zahl von unter drei Prozent heraus.

Argument 2: Es gibt eine Blase bei Indizes und ETFs.

Die Fakten: Diese Formulierung ist ein wörtliches Zitat, das ich einem Internet-Diskussionsforum entnommen habe. Obwohl die Aussage von Haus aus eher logik- und faktenfrei ist, führe ich sie an, weil man ihr im Internet erstaunlich häufig begegnet. Von einer Blase bei Indizes zu sprechen, ist jedoch in etwa so sinnfrei, als würde man sagen, es gebe eine Blase bei der Temperaturmessung mit Thermometern.

Nicht viel anders ist es mit angeblichen Blasen bei ETFs. Ein ETF, beispielsweise auf die 30 Dax-Werte, ist einfach nur eine schlanke, dünne Hülle oder "Verpackung" für Aktien. Warum soll es bei einer bloßen Hülle eine Bewertungsblase geben? Wenn überhaupt, könnte man von einer Blase nur in Bezug auf den ETF-Inhalt sprechen, die Aktien.

Bei Aktien gibt es derzeit allenfalls für US-Aktien und Technologieaktien sehr hohe Bewertungen, also vielleicht eine Blase, aber ganz gewiss nicht für den größeren restlichen Teil des weltweiten Aktienmarktes. Mit ETFs als Aktienhülle haben diese Bewertungsfragen sowieso nichts zu tun.

Der "ETF-Papst"
Dr. Gerd Kommer ist seit mehr als 20 Jahren Bestsellerautor für Investmentratgeberbücher. Zugleich ist er Geschäftsführer der Gerd Kommer Capital GmbH, einer digitalen Vermögensverwaltung, bei der Kunden bereits mit kleinen Beträgen starten können, sowie der Gerd Kommer Invest GmbH, einem Honorarberatungsunternehmen. In seiner t-online-Kolumne schreibt er gemeinsam mit seinen Kollegen Felix Großmann und Daniel Kanzler alle zwei Wochen über sein Spezialgebiet: den langfristigen Vermögensaufbau mit ETFs.

Argument 3: Passiv investieren mit ETFs funktioniert nur, solange nicht alle passiv investieren.

Die Fakten: Das Argument ist drollig, weil jeder von Hunderttausenden oder Millionen Investmentansätzen nur so lange "funktioniert", wie ihn nicht alle Anleger auf der Welt praktizieren. Die genannte Kritik könnte man also auf alle Investmentansätze beziehen, nicht nur auf passives Investieren mit ETFs.

Davon abgesehen investieren weltweit noch immer vergleichsweise wenig Marktteilnehmer passiv mit ETFs (siehe oben). Sollte sich das jemals ändern und ETF-Anlegen dann allmählich schlechter funktionieren, kann jeder ETF-Anleger immer noch auf "aktives" Anlegen umsteigen.

Argument 4: ETFs erhöhen das Risikos an den Kapitalmärkten.

Die Fakten: Mit Zahlen lässt sich dieses sachlogisch sowieso selten gut begründete Argument nicht belegen. Von 2009 bis Ende 2019 hat sich das Marktanteilswachstum von Indexfonds deutlich beschleunigt. Trotzdem ist das messbare Risiko – beispielsweise die Kursschwankungen, auch Volatilität genannt – an den globalen Aktienmärkten alles in allem eher gesunken und war im langjährigen Vergleich unterdurchschnittlich.

Die stärkeren Kursschwankungen mit Beginn der Corona-Krise im Februar 2020 haben gewiss nichts mit ETFs zu tun und scheinen schon wieder abzuklingen.

Argument 5: Ein Zusammenbruch der drei größten ETF- und Indexfondsanbieter – BlackRock, Vanguard und State Street – würde die globale Finanzarchitektur in Gefahr bringen.

Die Fakten: Wer dieses Argument anführt, offenbart, dass er einen fundamentalen Unterschied nicht kennt: den zwischen Großbanken, deren Zusammenbruch tatsächlich Systemrelevanz haben kann, und dem ganz anderen Geschäftsmodell von Fondsgesellschaften.

Selbst wenn alle drei genannten Firmen gleichzeitig insolvent gehen würde, wofür es nicht die geringsten Anzeichen gibt, hätte das vermutlich weder für Sie noch die globalen Finanzmärkte nennenswerte Auswirkungen. Denn jeder einzelne ETF ist eine rechtliche selbständige Einheit und eben nicht Teil des Vermögens des jeweiligen ETF-Anbieters.

Argument 6: Die Struktur mancher ETF-Typen ist risikoreich.

Die Fakten: Gemeint sind so genannte Swap-ETFs (auch synthetische ETFs genannt), gehebelte ETFs (Leveraged ETFs) und inverse ETFs. Für Sie als Leser dieser Kolumne ist es nicht wichtig zu verstehen, was genau diese Spezial-ETFs sind. Es genügt zu wissen, dass ihr globaler Marktanteil an allen ETFs im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt und stagniert.

In den 28 Jahren seit der erste ETF 1993 auf den Markt kam, hat weltweit noch nie ein Privatanleger einen Schaden aus der rechtlichen ETF-Struktur erlitten, auch nicht aus Swap-ETFs oder den anderen "Exoten-ETFs".

Gleiches kann man leider für viele andere Finanzprodukte nicht sagen, beispielsweise nicht für offene oder geschlossene Immobilienfonds, Kapitallebensversicherungen oder Zertifikate.

Argument 7: Wertpapierleihe bei ETFs ist ein obskures, risikoreiches Seitengeschäft von ETFs und bringt schwer beurteilbare Risiken mit sich.

Die Fakten: Wertpapierleihe darf unterschiedslos von allen Investmentfonds – aktiven und passiven – praktiziert werden, nicht nur von ETFs. Sie ist ein streng reglementiertes und reguliertes risikoarmes und sicherlich nicht "obskures" Geschäft, das moderate Zusatzeinnahmen für Fonds generiert, die den Anlegern direkt oder indirekt zugutekommen.

Wertpapierleihe existiert seit rund 50 Jahren in den globalen Kapitalmärkten und hat bisher noch nie – auch nicht in den drei großen Börsenkrisen nach dem Jahr 2000 – Schäden bei ETF-Privatanlegern verursacht.

Die Kritik an ETFs kommt nicht von ungefähr

Sie sehen: All diesen sieben verbreiteten Anti-ETF-Argumente sind fragwürdig oder ganz falsch. Schaut man zudem genauer hin, von wem die ETF-Kritik typischerweise kommt, fällt eines auf.

Diejenigen, die am lautesten wettern, sind meist Vertreter von Banken und aktiv gemanagten Fonds, also Personen mit einem scheunentorgroßen Interessenkonflikt, wenn es um die Beurteilung von ETFs geht. Diese "Old-Economy-Vertreter" mögen ETFs nicht, weil sie wenig oder gar nichts an ihnen verdienen.

In unserem nächsten Beitrag geht es um eine ganz praktische Umsetzungsfrage: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, in den Aktienmarkt einzusteigen?

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