Umschwung in Geldpolitik EZB will Leitzins im Juli erhöhen
Nun also doch: Die EZB macht den Weg für die Zinswende frei. Am Donnerstag verkündete sie ein Ende der Anleihenkäufe und gab die erste Zinserhöhung seit elf Jahren bekannt.
Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigt für ihre nächste Sitzung im Juli die erste Zinserhöhung seit elf Jahren an. Sie beabsichtige eine Anhebung um 0,25 Prozentpunkte, gab die EZB am Donnerstag bekannt. Im September dürfte dann nachgelegt werden, bei anhaltend hoher Inflation sogar stärker als im Juli.
Als wichtige Voraussetzung dafür kündigte sie das Ende des milliardenschweren Anleihe-Ankaufprogramms APP an – und zwar zum 1. Juli 2022. Der Leitzins liegt derzeit bei null Prozent, der als Strafzins bekannte Satz für Einlagen von Geschäftsbanken bei der EZB bei minus 0,5 Prozent.
Die Frankfurter Währungshüter hinken anderen großen Notenbanken wie der amerikanischen Fed oder der Bank of England beim geldpolitischen Schwenk hinterher. Diese hatten schon vor Monaten die Zinswende eingeleitet. Kritiker bezeichnen die Zinswende daher als "überfällig".
"Das Ende der Wertpapierkäufe kommt mindestens drei Monate zu spät. Eine zu geringe Inflation hat die EZB immer rasch und mit allen verfügbaren Mitteln bekämpft. Der jetzt viel zu hohen Inflation begegnet Europas Notenbank hingegen sehr langsam", sagt Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZWE),
Belastung für Unternehmen und hochverschuldete Staaten
Höhere Zinsen machen den Euro attraktiver für Anleger, was dessen Kurs anschieben und damit Importe von Rohstoffen und Energie billiger machen kann. Das wiederum kann die Inflation dämpfen. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone liegt derzeit mit 8,1 Prozent auf einem Rekordhoch.
Höhere Zinsen machen zudem Kredite für Konsum und Investitionen teurer. Das dürfte die Nachfrage dämpfen, was wiederum die Inflation begrenzen könnte. Allerdings droht damit die ohnehin angeschlagene Konjunktur – die unter den Pandemie-Folgen, dem russischen Krieg gegen die Ukraine und Materialengpässen leidet – einen weiteren Dämpfer zu erhalten.
Auch wird die Schuldenaufnahme für die Euro-Länder bei einem Zinsanstieg teurer, was vor allem die Haushalte hochverschuldeter Staaten wie Griechenland und Italien belasten dürfte.
- Nachrichtenagentur Reuters