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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ballermann nach der Covid-Pause Corona ist auf Malle nur noch ein Bier
Am Ballermann war zwei Jahre tote Hose, auch weil die Kulttempel "Bierkönig" und "Megapark" wegen Corona lange schließen mussten. Jetzt kehrt das Leben zurück – und die Partytouristen.
Dass es noch nicht einmal 12 Uhr ist, stört die vier jungen Männer wenig. Das erste Bier haben sie schon getrunken, jetzt stoßen sie mit dem nächsten an. Aus großen Boxen hinter ihnen dröhnt dumpfe Schlagermusik, leicht nicken ihre Köpfe zum Takt.
"Wir waren das letzte Mal 2019 am Ballermann", sagt Yêrome, Ende 20, Brille mit dicken Gläsern. "Umso toller ist es, nun wieder hier zu sein." Mit "hier" meint der junge Mann: den "Megapark", eine der Kult-Diskotheken Mallorcas.
Seit einer Woche ist das Lokal geöffnet, zwei Jahre Corona-Zwangspause sind vorbei. Entsprechend groß ist der Ansturm der Feierwütigen: Schon vormittags strömen Hunderte Menschen in die Freilufthalle, die von außen aussieht wie ein Gebäude, das auch in einem Freizeitpark stehen könnte. Ihr wichtigstes Ziel: tanzen, grölen, feiern. Das alles bei freiem Eintritt, nur für die Getränke muss man zahlen.
Viele Besucher, die jetzt über Ostern an den Ballermann fliegen, stammen aus Deutschland. Yêromes Truppe bildet da die Ausnahme: Sie sind Luxemburger. Erst am Morgen seien sie gelandet, berichtet Yêromes Kumpel Yeff – und dann gleich in den "Megapark" gedüst.
Corona ist hier nur ein Bier
Von der globalen Pandemie, die die Partyhochburg Arenal noch vergangenes Jahr lahmlegte, ist kaum noch etwas zu spüren. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 200. Offiziell müssen die Gäste in Lokalen und Restaurants zwar noch eine Maske tragen, doch daran hält sich kaum einer. Nach Ostern fällt die Maskenpflicht in Innenräumen dann komplett.
Die deutschsprachige "Mallorca-Zeitung" titelte jüngst, die Playa sei "wieder zum Leben erwacht". Auch viele Läden an der Strandpromenade, die noch vergangenes Jahr leer standen, sind nun wieder angemietet.
Auf den Straßen ähnelt das Bild sehr dem, was man gewohnt ist vom 17. Bundesland. Sie sind alle wieder da: die Männergruppen mit Fußballtrikots und Badelatschen, die Familien, die Sonnenanbeter und die Partygänger, die Radsportler und die Hütchenspieler. In den bekannten Lokalen wie "Oberbayern" oder "Deutsches Eck" ist es bisweilen schwierig, einen freien Tisch zu ergattern.
"Mir geht das Herz auf"
Eine, die das besonders freut, ist Nicole Mohn. Die 43-jährige Rostockerin betreibt seit 2018 ein gleichnamiges Café in einer Seitenstraße des Ballermanns, gemeinsam mit ihren Eltern.
Einen halben Kilometer von den Discos "Megapark" und "Bierkönig" entfernt geht es bei ihr etwas ruhiger und gemütlicher zu. Zu Nicole Mohn kommen viele Touristen, um sich vom Trubel zu erholen, vor allem mit deftigem Frühstück und Kaffee. "Es werden jeden Tag mehr", sagt sie. "Mir geht das Herz auf, zu sehen, dass das Leben zurückkehrt."
Familien, größere Gruppen, und auch wieder Radfahrer, die vergangenes Jahr gar nicht da gewesen seien, würden hier wieder Urlaub machen. "Es ist schon fast wieder wie vor Corona", so Mohn.
Café-Betreiberin: Stammgäste hätten Geschäft gerettet
Sie hoffe, dass sich das Geschäft nun stabilisiert. Vergangenes Jahr zu Ostern traf t-online Mohn schon einmal, damals war sie noch deutlich zurückhaltender. Heute sagt sie: "Jetzt bin ich optimistisch, dass sich das Geschäft verbessert."
Geholfen hätten vor allem die Stammgäste, die teils jeden Tag zum Frühstücken gekommen seien, erzählt sie, allein um sie und ihr Café zu unterstützen. "Das war großartig", so Mohn. "Ich kann ihnen kaum genug dafür danken".
Neuer Verhaltenskodex am Ballermann
Was die linke Regionalregierung indes partout nicht will, sind die ganz wilden Partygänger. Ein Sprecher der Regierung wurde zuletzt deutlich: "Für die Sauftouristen ist auf unserer Insel kein Platz mehr." Der Ballermann will nach Corona sauberer werden. Doch so recht gelingen mag es ihm nicht.
Viele berichten, dass durch die vielen Partygäste der Lärm und der Dreck zurückgekehrt seien an die Playa. Zahlreiche Gastronomen und andere Unternehmer der Partymeile der spanischen Urlaubsinsel unterzeichneten deshalb jüngst gar einen Verhaltenskodex. Der soll zwar nicht das Ende der Party auf Mallorca besiegeln.
Das Feierpublikum soll aber beispielsweise nicht mehr in Badehose oder mit anstößiger Kleidung in die Diskotheken gelassen werden. Es gilt die Verpflichtung, diese mit Schuhen und T-Shirt oder Hemd zu betreten.
"Schön, wieder bei der Malle-Familie zu sein"
Die große Mehrheit der hiesigen Partygäste stört das wenig. Sie wollen nur die Seele baumeln lassen, den Alltag aus Deutschland mit Kriegs- und Spritpreis-Sorgen vergessen.
So auch eine Gruppe von jungen Frauen, die auf der Mauer der Playa sitzen. "Schön, wieder in der Heimat bei der Malle-Familie zu sein", sagt die 27-jährige Marina. Gemeinsam mit ihrer Schwester, Loreen, 23, sowie ihrer Cousine und ihrer Freundin Jenny, 25, ist sie am Mittwoch vor Ostern auf der Insel gelandet. "Und direkt mit Koffern in den 'Bierkönig'", sagt Loreen. Die Cousine sei gerade noch im Hotel, ihren Rausch ausschlafen.
Vergangenen Sommer sei sie das erste Mal am Ballermann gewesen, sagt Jenny. "Er ist kaum wiederzuerkennen, viel mehr Menschen und kaum noch Corona-Regeln." Hier könne man dem stressigen Alltag entfliehen, so Loreen.
Wo es für sie noch hingeht? Wissen die Frauen nicht. Erst einmal die Sonne genießen, sagt Marina. "Dann schauen wir mal, auf welches Lokal wir Lust haben." Im Zweifelsfall werde es wohl wieder der "Bierkönig".
Tanzverbot gibt es nicht
Die Pläne von Yêrome und seinen drei Freunden sind derweil etwas konkreter. Sie brechen am frühen Nachmittag im "Megapark" auf, wollen aber später nochmal wiederkommen.
Schließlich wird um 17 Uhr Schlagersänger Lucas Cordalis erwartet. Ab 20.30 Uhr spielt dann Lorenz Büffel seine Hits "Johnny Däpp" oder "Gina Lisa".
Am Karfreitag und am Osterwochenende geht es weiter. Ein Tanzverbot kennt der Ballermann nicht. Und auch keine Pandemie mehr.
- Eigene Recherche
- Gespräch mit Nicole Mohn
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa