Koalitionsausschuss berät SPD will Entlastungen für Energiepreise schaffen
Der steile Anstieg der Energiepreise setzt die Bundesregierung unter Druck. Am Mittwoch will der Koalitionsausschuss nun über Entlastungsmaßnahmen beraten. Verbraucherschützer sind skeptisch.
Die Spitzen der Ampelkoalition wollen an diesem Mittwoch in einem Koalitionsausschuss Schritte gegen die hohen Energiepreise beraten. Das kündigte SPD-Chef Lars Klingbeil am Montag in Berlin an. Die SPD gehe mit dem Ziel in die Gespräche, "dass wir ein großes Entlastungspaket auf den Weg bringen", sagte Klingbeil. Beispielhaft nannte er die Abschaffung der EEG-Umlage. Es komme auf schnelle Schritte an.
SPD-Vizechefin Anke Rehlinger, die zugleich saarländische Wirtschaftsministerin ist, sprach sich zudem für eine Anhebung der Pendlerpauschale als "ein schnell wirksames Instrument" sowie für einen Einmalzuschuss für Grundsicherungsempfängerinnen und -empfänger aus.
Verbraucherschützer: Pläne gehen nicht weit genug
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erklärte, die Pläne der Ampelkoalition für Privatleute gingen nicht weit genug. Einige Maßnahmen seien "bei weitem nicht ausreichend oder noch völlig unklar in ihrer Umsetzung", sagte Thomas Engelke, Teamleiter für Energie und Bauen im vzbv, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
So müsse das geplante Klimageld – eine Kompensation für den CO2-Preis – pro Kopf gezahlt werden, und die Abschaffung der EEG-Umlage zur Senkung des Strompreises müsse in voller Höhe bei den privaten Haushalten ankommen, forderte Engelke. Außerdem müsse der Heizkostenzuschuss für Wohngeld-Empfänger, Studierende mit Bafög und Auszubildende mit Ausbildungsgeld mit im Schnitt mindestens 500 Euro pro Haushalt deutlich höher liegen als bisher geplant. Lesen Sie hier, wie hoch das Klimageld aktuell ausfällt.
Eine Erhöhung der Pendlerpauschale lehnten die Verbraucherzentralen hingegen ab. Dies "wäre der falsche Weg", weil davon vor allem Haushalte mit hohem Einkommen profitieren würden, sagte Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität und Reisen des vzbv. Sie forderte stattdessen ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld.
BDI: Energiekosten treiben Unternehmen ins Ausland
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, warnte vor den Folgen der gestiegenen Energiepreise für die Produktion in Deutschland. "Die Lage ist so ernst, dass selbst standorttreue mittelständische Unternehmen aus diversen Branchen über eine Verlagerung ins Ausland nachdenken müssen", sagte Russwurm am Montag in Berlin.
Einer BDI-Umfrage zufolge, an der 418 mittelständische Unternehmen verschiedener Größen, Regionen und industrieller Branchen teilnahmen, sehen 65 Prozent in den gestiegenen Energiepreisen eine starke und 23 Prozent sogar eine existenzielle Herausforderung. 84 Prozent der Firmen sind demnach der Ansicht, dass die Bundesregierung die weitere Erhöhung der CO2-Preise überdenken und mit flankierenden Maßnahmen zur Entlastung von Unternehmen ergänzen sollte.
Russwurm wies darauf hin, dass die Energiekostensteigerungen so hoch seien wie seit der Ölkrise der 1970er Jahre nicht mehr. "Rasches politisches Handeln ist gefordert."
Industrie fordert Kompensationen
Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung mahnte, die Abschaffung der EEG-Umlage reiche dabei zum Gegensteuern nicht aus. Die Bundesregierung müsse den Mittelstand entlasten, "sonst steht Deutschland bald ohne mittelständische Industriebetriebe da", sagte Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer. Für Unternehmen, die im europäischen und internationalen Wettbewerb stehen und auf fossile Energien angewiesen seien, müsse es Kompensationen geben.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Sonntag in Aussicht gestellt, dass die Ampelkoalition in dieser Woche Pläne für Entlastungen der Bürger wegen der gestiegenen Energiepreise vorlegt. Beschlossen wurde bisher vom Kabinett nur der Heizkostenzuschuss. Außerdem sind sich SPD, Grüne und FDP einig, dass die EEG-Umlage früher als geplant abgeschafft werden soll – möglichst zur Jahresmitte. Zu möglichen weiteren Maßnahmen zählen eine Erhöhung der Pendlerpauschale, ein Kindersofortzuschlag und eine Klimaprämie.
- Nachrichtenagentur dpa