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Statt Holz: Daraus besteht das Klopapier der Zukunft


Dreilagig und aus Kaffee?
Woraus das Klopapier der Zukunft besteht


31.12.2021Lesedauer: 4 Min.
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Klopapier in einem Supermarkt: Die Herstellung des Alltagsprodukts ist sehr aufwendig – und ressourcenintensivVergrößern des Bildes
Klopapier in einem Supermarkt: Die Herstellung des Alltagsprodukts ist sehr aufwendig – und ressourcenintensiv (Quelle: Martin Wagner/imago-images-bilder)

Es war das Corona-Symbol schlechthin: Toilettenpapier. Aber die Herstellung verbraucht viel Wasser und Strom; der Rohstoff Holz ist knapp. Die Firmen überlegen sich daher kuriose Alternativen.

Jeder nutzt es, und das täglich: Blätter abrollen, abreißen, wegwerfen. In der Regel macht sich wohl niemand größere Gedanken ums Toilettenpapier. In der Corona-Zeit jedoch erlangten die Rollen plötzlich eine ganz neue Bedeutung – durch die berüchtigten Hamsterkäufe.

Manch einer sprach in den vergangenen zwei Jahren schon von der "Klovid-19-Krise". Eine Entwicklung, die auch für die Hersteller völlig neu war.

Was in den vergangenen anderthalb Jahren in der Branche geschehen sei, habe alle Vorstellungen gesprengt, sagt Karen Jung. Sie hat Anfang 2019 gemeinsam mit ihrem Mann Volker Jung und einem Investor das Unternehmen Hakle übernommen, eine der ältesten deutschen Hygienepapier-Firmen. Sie verantwortet das Marketing, er führt Hakle als geschäftsführender Gesellschafter.

Jung hofft allerdings, dass die Pandemie die Wahrnehmung der Menschen nachhaltig ändern könnte. "Durch die Corona-Krise sind auch alltägliche Dinge mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt", sagt sie. "Das kann eine Chance sein." Besonders gilt das beim Thema Nachhaltigkeit. Denn: Toilettenpapier ist ein klassisches Wegwerfprodukt.

Umweltschädliches Klopapier

Haben die Blätter einmal den Weg von der Rolle gefunden, landen sie kurze Zeit später in der Schüssel. Der knappe Rohstoff Holz, aus dem der Zellstoff für Klopapier besteht und für den ganze Wälder weichen müssen – versenkt im Abwasser.

Das heißt: Recycling wie etwa beim Druckerpapier funktioniert nicht. Gleichzeitig verbraucht auch die Herstellung von Klopapier extrem viele Ressourcen. So laufen etwa die Papiermaschinen normalerweise Tag und Nacht, was Unmengen Strom frisst. Dazu kommen die Trocknungsanlagen.

Die Zellstoff-Produktion benötigt zudem sehr viel Wasser. Allein 6.000 Liter pro Tonne Holzzellstoff sind es, das sind 600 handelsübliche Eimer. Auch die Erzeugung von Toilettenpapier aus dem Zellstoff braucht noch einmal Wasser. Lesen Sie hier mehr zur Umweltschädlichkeit von Toilettenpapier.

Stroh-Klopapier ist auf dem Markt

Gerade deshalb machen sich die Hygienepapier-Firmen Gedanken, wie das Klopapier der Zukunft aussehen könnte, welche Materialien abseits von Holz genutzt werden könnten.

Der Klassiker dabei ist Recyclingpapier. Auf das setzt zum Beispiel Wepa, der größte Klopapier-Produzent Deutschlands. "Aus Wepa-Sicht sind Recyclingfasern die nachhaltigsten und damit sinnvollsten für die Herstellung von Hygienepapieren", teilte eine Sprecherin t-online mit.

Andere Firmen fahren zudem weitaus kuriosere Ideen auf. Seit Neuestem hat etwa Essity, einer der größten Hersteller mit Marken wie Zewa, Tork oder Tempo, ein Toilettenpapier vorgestellt, das zum Teil aus Stroh besteht. "Für die Hygienepapier-Industrie ist Nachhaltigkeit das wichtigste Zukunftsthema, die allergrößte Herausforderung", sagt Volker Zöller, der das Konsumgütergeschäft bei Essity leitet. Ein Teil davon: das neue Stroh-Klopapier.

"In den nächsten Jahren werden wir expandieren"

40 Millionen Euro hat das Unternehmen, das bis 2017 zum Forstunternehmen SCA gehörte, in die neue Produktionsanlage am deutschen Standort Mannheim investiert. Eine "sportliche Investition", so Zöller. "Wir sind aber sicher: Das wird sich auszahlen."

Das Stroh, also die übrig gebliebenen, trockenen Halme nach der Getreideernte, besorgt sich Essity von Landwirten aus dem Umkreis. "Das Stroh-Klopapier ist in Europa einzigartig", sagt er.

Das Herstellungsverfahren ist patentiert, entwickelt wurde es von einem US-Start-up. "Aktuell ist es zwar noch ein Pilotprojekt", so Zöller. "Doch in den nächsten Jahren werden wir hier expandieren."

Wie funktioniert Klopapier aus Gras?

Der deutlich kleinere Hersteller Hakle ist da schon weiter. Bereits seit 2019 hat die Firma Hygienepapier im Angebot, das aus bis zu 30 Prozent Gras besteht – und trotzdem weiß ist.

Es brauche nur zwei Liter Wasser pro Tonne Heu, auch der Stromverbrauch für die Herstellung verringere sich dramatisch, erklärt Karen Jung. Die Idee dazu habe Hakle bereits vor zehn Jahren gehabt, doch die Entwicklung brauche eben ihre Zeit.

Denn das Toilettenpapier muss einige Voraussetzungen erfüllen. Es muss weich sein – aber nicht zu weich. Stabilität ist ebenfalls wichtig, kratzen darf es aber auch nicht. Manche Kunden wollen zudem ein möglichst weißes Papier sehen, auch wenn es nur einmal benutzt wird.

"Für die Umwelt wäre es vielleicht am besten, wir nutzten gar keine Hygienepapiere", sagt Karen Jung. Obwohl das sehr unrealistisch ist, und sie sich zudem arbeitslos machen würde.

Deswegen müsse man die Kunden in puncto Nachhaltigkeit mitnehmen: "Es bringt nichts, ein Produkt aufzwingen zu wollen, das die Kunden am Ende nicht kaufen – weder uns noch der Umwelt."

Toilettenpapier wird deutlich teurer

Auch Essity habe nicht nur Kunden, "die nur auf Nachhaltigkeit schauen. Für sie spielt es etwa eine Rolle, besonders weiße Blätter zu haben oder Klopapier, das gut riecht", sagt Zöller. Das müsse das Unternehmen daher ebenfalls anbieten, auch wenn das in Sachen Nachhaltigkeit vorsichtig ausgedrückt nicht optimal ist. Für das Bleichen braucht es nämlich Chemikalien, die der Umwelt schaden können.

Trotzdem gelte: "Unsere Konsumenten sind bereit, für Nachhaltigkeit zu zahlen. Aber sie wollen nicht an Qualität einbüßen. Das ist eine Herausforderung."

Was fest steht: Die Kunden werden mehr zahlen, ob sie wollen oder nicht. Denn durch die Verwerfungen der Corona-Pandemie droht Toilettenpapier deutlich teurer zu werden. Und das quer durch die Branche. So zogen die Zellstoffpreise dramatisch an, auch Energie und Container wurden teurer.

Die Zukunft: Klopapier aus Kaffee?

Mit Essity kündigte jüngst schon einer der größten Hersteller bei t-online an, dass die Preise "um knapp 20 Prozent" steigen müssten. Lesen Sie hier die ganzen Hintergründe. Bei anderen Produzenten sieht es ähnlich aus, etwa bei Hakle. "Auch wir werden die Preise deutlich erhöhen müssen", sagt Jung, wohl auch im zweistelligen Bereich.

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Da hilft auch das Stroh- oder Grasklopapier wenig. Denn der Anteil am jeweiligen Absatz ist noch gering. Trotz oder gerade wegen der aktuellen Verwerfungen fühlt sich Jung aber angespornt.

So forscht Hakle bereits an der nächsten Entwicklung: Klopapier aus Kaffeesatz. Und das könnte sogar vollständig aus Kaffeeresten hergestellt werden, so die Hoffnung. Dann würde gar kein Holz mehr zum Einsatz kommen.

Was verrückt klingt, könnte schon bald Realität werden, hofft die Managerin. "Eher in 3 als in 30 Jahren werden wir es auf den Markt bringen", kündigt sie an. Und sie hofft, dass das kein Griff ins Klo wird.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Volker Zöller
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