Leere Fernverkehrszüge Bahn fährt in 2021 erneut Milliarden-Verlust ein
Die Deutsche Bahn kommt nicht aus der Krise: Auch im ersten Halbjahr 2021 steht ein Minus von 1,4 Milliarden Euro. Interne Tarifstreitereien und Flutschäden belasten den Konzern zusätzlich. Doch eine Sparte sticht positiv hervor.
Die Deutsche Bahn kommt in der Corona-Krise nicht aus den roten Zahlen. In den ersten sechs Monaten des Jahres steht unter dem Strich ein Minus von über 1,4 Milliarden Euro, wie aus Konzerndokumenten hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlagen.
Vor allem der Fernverkehr mit ICE und IC war dafür verantwortlich. Hier wirkte sich aus, dass die Bahn ihre Züge trotz geringer Auslastung auch auf Wunsch des Bundes ohne große Einschränkungen weiterfuhr.
Immerhin blieb der Verlust im Gesamtkonzern deutlich unter dem Vorjahres-Wert von 3,7 Milliarden Euro, den allerdings Sondereffekte wie Abschreibungen erhöht hatten. Zusätzlich muss das Unternehmen jetzt die Milliarden-Schäden der Flut beheben. Zudem droht ein Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL. Die Bahn will ihre Halbjahresbilanz am Donnerstag vorstellen.
Mehr Verlust als Umsatz im Fernverkehr
Wie sehr vor allem der Personenverkehr den Staatskonzern belastet, zeigt der Blick auf die Sparten: Die Tochter Fernverkehr mit IC und ICE alleine machte einen Betriebsverlust von über 1,1 Milliarden Euro. In diesem Ergebnis (Ebit) sind Zinszahlungen auf Kredite sowie Steuern noch nicht berücksichtigt.
In der Pandemie lag die Auslastung der Züge zeitweise nur bei 20 Prozent, davor waren es über 50 Prozent. Den Corona-Effekt auf den Umsatz der Sparte bezifferte das Unternehmen in den Unterlagen auf rund 430 Millionen. Die Abschreibungen auf die neuen ICE-4-Züge belasteten zusätzlich. Am Ende wies der Fernverkehr im ersten Halbjahr mehr Verluste als Umsatz auf.
Logistik-Töchter bewahren vor Schlimmeren
Dass der Betriebsverlust (Ebit) im Gesamtkonzern mit 975 Millionen Euro nur etwa halb so hoch wie im Vorjahreszeitraum ausfiel, war anderen Töchtern zu verdanken: Die weltweite Spedition Schenker machte deutlich mehr Gewinn und auch das Schienennetz verzeichnete ein Plus. Obwohl die angeschlagene Güterbahn DB Cargo noch gut 200 Millionen Euro Verlust einfuhr, war dies eine klare Verbesserung gegenüber 2020.
Sie profitiert von neuer Nachfrage, da immer mehr Unternehmen Waren klimafreundlich transportieren lassen wollen. Diese Effekte insgesamt spiegelten sich auch im Konzern-Umsatz, der den Unterlagen zufolge mit rund 21,8 Milliarden Euro mehr als zehn Prozent höher lag als im Vorjahresvergleich. Nach bisherigen Angaben rechnet die Bahn für das Gesamtjahr 2021 mit einem Umsatz von 41 Milliarden sowie einem Betriebsverlust von zwei Milliarden Euro.
Eine Bahn-Sprecherin wollte die Zahlen nicht kommentieren. Die Deutsche Bahn will ihre Halbjahresbilanz am Donnerstag der Öffentlichkeit vorstellen.
Schulden um die 30 Milliarden Euro
Die Lage bei der Deutschen Bahn war allerdings schon lange vor der Corona-Krise kritisch. Material- und Personalmangel drückten auf die Pünktlichkeit besonders im Fern- aber auch im Güterverkehr. Die Schulden liegen inzwischen um die 30-Milliarden-Euro-Grenze und der Konzern braucht weitere Hilfe vom Eigentümer Staat.
Als Corona-Hilfe und aus dem Klimapaket hatte die Bundesregierung über zehn Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Wegen möglicher Benachteilung von Bahn-Konkurrenten ist die EU-Kommission allerdings zögerlich mit der Genehmigung.
Tarifstreitigkeiten und Flutschäden als weiterer Ballast
Gleichzeitig tobt im Bahn-Konzern ein Machtkampf: Die Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) will trotz des erneuten Verlustjahres eine Tariferhöhung durchsetzen und droht mit Arbeitskampfmaßnahmen. Zeitgleich kritisiert die GDL die Konkurrenz-Gewerkschaft EVG, da diese sich bereits auf einen Tarif mit der Bahn geeinigt hat, der die Schäden der Corona-Krise berücksichtigt. Mehr zum Bahnkonflikt lesen Sie hier.
Gleichzeitig trafen die Flutschäden der vergangenen Wochen auch die Bahn hart. Insgesamt sieben Strecken muss die Bahn nach ersten Erkenntnissen neu aufbauen. "In dieser Dimension wurde unsere Infrastruktur noch nie auf einen Schlag zerstört", sagte Volker Hentschel, für Anlagen und Instandhaltungsmanagement zuständiger Vorstand bei der Tochter DB Netz AG. Die Wassermassen hätten nach ersten Schätzungen Schäden in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro verursacht.
- Nachrichtenagentur Reuters