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LGBT | Regenbogen bei BMW und Co.: "Heuchlerischer geht es kaum"


Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Regenbogen bei BMW & Co.
"Heuchlerischer geht es kaum"


Aktualisiert am 23.06.2021Lesedauer: 1 Min.
Eine Regebogenflagge (Symbolbild): Viele Unternehmen färben ihre Social-Media-Auftritte gerade bunt.Vergrößern des Bildes
Eine Regebogenflagge (Symbolbild): Viele Unternehmen färben ihre Social-Media-Auftritte gerade bunt. (Quelle: Collage: Heike Aßmann/imago-images-bilder)

Mehrere deutsche Konzerne bekennen Farbe im Netz – und tünchen ihre Social-Media-Profile bunt. Ein gutes Symbol gegen Homophobie, oder doch nur scheinheiliger Aktionismus?

Das UEFA-Verbot, die Münchner Arena in Regenbogenfarben zu beleuchten, erhitzt die Gemüter. Nach den Ankündigungen zahlreiche Stadien von Bundesligaclubs bunt anzustrahlen solidarisieren sich im Internet auch viele Institutionen mit der Pride-Bewegung, die sich für die Rechte von Homosexuellen, Queer- und Transmenschen einsetzt.

Für Aufregung sorgt dabei allerdings das Engagement mehrerer deutscher Konzerne wie Siemens oder BMW, die ihre Logos in den Social-Media-Profilen bunt gefärbt haben. Der Vorwurf: billige PR und scheinheiliger Aktionismus. Doch ist das wirklich so?

Pro
Theresa Crysmann
Theresa CrysmannRedakteurin für Nachhaltigkeit

Ja, heuchlerischer geht es kaum

Farbe bekennen tut gut, solange es nicht den Markenwert beschädigt. Von BMW bis Siemens hüllen viele große Unternehmen ihre Logos gerade in Regenbogenfarben, zumindest in Deutschland. Auf den ungarischen Schwesterkonten der Firmen ist davon nichts zu sehen. Dabei käme es gerade dort darauf an.

Das ist eine kluge Marketing-Strategie: dort wo es zieht, gibt man sich solidarisch mit der LGBTQI-Community und zeigt Flagge gegen die rückgratlose UEFA und die homophobe ungarische Regierung. Vielleicht lassen sich mit dieser sympathischen Aktion sogar die Verkaufszahlen ankurbeln; ein gutes Gefühl zählt auch beim Kauf von Autos und Waschmaschinen.

In Ungarn, wo die Regierung per Gesetz gegen Homosexuelle und Transsexuelle vorgeht und die Bevölkerung Homosexualität nicht mehrheitlich für akzeptabel hält, ist das Regenbogen-Risiko für die Marken aber wohl zu hoch.

International nennt man dieses scheinheilige Kalkül "Rainbow Capitalism" oder "Pink-Washing": Markenpflege, die sich so dreht, wie der politische und gesellschaftliche Wind weht. Dass das auffällt, dürfte den Unternehmen so klar wie egal sein. In die Schlagzeilen schaffen sie es mit solchen Aktionen dennoch – das zählt.

Die Vorlage für dieses unaufrichtige Verhalten liefert die UEFA selbst. Deren hochpolitische "Equal-Game-Kampagne" soll für null Toleranz gegenüber Homophobie, Rassismus und Sexismus im Fußball stehen. Kommt es, wie heute, darauf an, dieses Versprechen einzulösen, zieht der europäische Fußballverband den Schwanz ein.

Letztlich folgen Fußballverbände und Unternehmen derselben Logik. Es geht ums Geld, sonst nichts. Die nächste Fußball-WM findet kommendes Jahr in Katar statt, wo auf Homosexualität Gefängnisstrafen stehen. Eine gute Gelegenheit für die großen deutschen Marken, in der Bundesrepublik wieder die virtuellen Regenbogenfarben rauszukramen. Und ihre Twitter- und Facebook-Konten in Nahost politisch steril zu halten.

Kontra
Florian Schmidt
Florian SchmidtLeiter Hauptstadtbüro

Nein, die Firmen setzen so ein starkes Zeichen

Manchmal reicht schon ein Symbol, um eine Wirkung zu erzielen. Und die, die zahlreiche Konzerne im Netz gerade hervorrufen, ist gewaltig. Vodafone, Siemens, BMW, Volkswagen – sie alle haben große Accounts ihrer Social-Media-Profile in Regenbogenfarben getüncht. Damit setzen sie ein starkes Zeichen: Für Solidarität mit der Pride-Bewegung, gegen Homophobie und Trans-Hass.

Klar, es geht immer besser. Toll wäre, die Unternehmen würden auch jene Accounts kunterbunt anstreichen, die sich an ein muslimisch geprägtes Umfeld richten, etwa die Twitterprofile ihrer Nahost-Ableger. Aber seien wir mal ehrlich: Dort interessiert die Debatte um Victor Orbán doch sowieso niemanden. Die Dimension der Regenbogen-Diskussion ist – noch – eine rein europäische.

Wer den Konzernen deshalb Heuchelei vorwirft, behauptet, hier sprängen lediglich gewiefte PR-Abteilungen auf einen Flausch-Zug auf, verkennt zudem den Einfluss, den große Unternehmen im Netz haben: Allein BMW erreicht auf Twitter mehr als zwei Millionen Menschen.

Hinzu kommt das Signal, dass die Firmen durch solche Aktionen an ihre eigenen Mitarbeiter senden. Beim Fußballgucken wird es wohl kaum einen Siemens-Angestellten geben, der seinen Freunden und Bekannten nicht von der Regebogenflagge erzählen wird, die sein Unternehmen virtuell gehisst hat.

Nicht unterschlagen werden darf zudem, dass viele Firmen sich bereits vor der Diskussion um die Stadionbeleuchtung entsprechend positioniert haben: Christian Klein, der CEO von SAP etwa, hat bereits vor mehreren Tagen anlässlich des Pride-Monats Juni unterstrichen, dass sein Unternehmen für Diversität steht.

Doch egal ob früher oder später: Die Konzerne sorgen auf diese Weise dafür, das Thema noch stärker in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken. Und genau darum geht es: Für Hass auf Homosexuelle, Trans- und Queermenschen ist in Deutschland kein Platz. Je mehr Leute über Gespräche zu dieser Einsicht kommen, über einflussreiche Konzerne auf den Regenbogen stoßen, desto besser. Das sollten auch all die typisch-deutschen Dauernörgler begreifen.

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