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Kein "#Wirmachenauf": Händler Siebzehnrübel lässt Läden wegen Querdenkern zu


Intersport-Läden bleiben zu
"Wollen keine Sattelhalter für rechte Szene und Corona-Leugner sein"

Von t-online, law, mak, fls

Aktualisiert am 05.01.2021Lesedauer: 4 Min.
Udo Siebzehnrübl: Der Einzelhändler hatte angekündigt, seine Sportgeschäfte trotz Lockdown und Verbot ab Montag wieder zu öffnen.Vergrößern des Bildes
Udo Siebzehnrübl: Der Einzelhändler hatte angekündigt, seine Sportgeschäfte trotz Lockdown und Verbot ab Montag wieder zu öffnen. (Quelle: RTL)
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Ein bayerischer Intersport-Händler wollte trotz Lockdown seine Filialen öffnen – und hat damit Fans gefunden, die er nicht will. Jetzt rudert Udo Siebzehnrübl zurück: Seine Läden bleiben nun doch geschlossen.

In einem Onlineshop für "Rebellen" gibt es neben Kapuzenpullis vom "Team Bodo" (Schiffmann) und vom "Team Bhakdi" auch Sweater mit dem Aufdruck "Wir machen auf". Diesen Plan hatte der bayerische Einzelhändler Udo Siebzehnrübl aus Altötting – und der wurde schnell zum Schlachtruf in "Querdenker"-Kreisen und wird dort jetzt auf Textilien gedruckt.

Ihre Idee dahinter: Es ist ein neuer Weg, Widerstand gegen die Maßnahmen zur Corona-Eindämmung anzustacheln. Denn Udo Siebzehnrübl hatte angekündigt, am kommenden Montag seine fünf Intersport-Filialen zu öffnen. Trotz des Lockdowns, trotz Verbot. Er hatte RTL geschildert, warum er trotz des Lockdowns das Geschäft aufmachen wollte. Seine Aussagen sehen Sie oben im Video oder hier.

Doch daraus wird nun nichts. Am Dienstag ruderte Siebzehnrübl zurück. "Die Vereinnahmung durch die rechte Szene und Querdenker hat dazu geführt, dass wir das abblasen", sagte seine Frau Manuela Siebzehnrübl t-online. "Wir sind ganz normale Einzelhändler, keine Gesetzesbrecher. Und wir wollen keine Sattelhalter für die rechte Szene und Corona-Leugner sein."

Bei Öffnung drohen Bußgelder

Als sein ursprünglicher Plan kurz zuvor bekannt geworden war, hatten sich im Messenger-Dienst Telegram schnell Gruppen gebildet, in denen Tausende die Idee euphorisch feierten und Nachahmer zum Brechen des Lockdowns ermunterten. Ein Krefelder, der in seiner Heimat bei "Querdenker"-Veranstaltungen aufgetreten ist, steht dabei an der Spitze: Der Betreiber eines Kosmetikstudios, der im Sommer auch Anbieter der "weltweit ersten Anti-Corona-Creme“ war, orchestriert "Wir machen auf" auf Telegram und baute eine eigene Webseite für Unterstützer.

Dort sollte es auch rechtliche Informationen für Gewerbetreibende geben. Ein heikles Unterfangen, denn: Wer sich als Einzelhändler über die Corona-Verordnungen hinwegsetzt, dem könnte sogar der Entzug der Gewerbeerlaubnis drohen, erklärte der Würzburger Rechtsanwalt Chan-Jo Jun. Hohe Bußgelder seien ohnehin möglich, auch Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz, so Jun, der seit Wochen in Videos Aktionen der "Querdenker"-Szene aus juristischer Sicht kommentiert.

Die Verzweiflung im Einzelhandel ist groß

Siebzehnrübl hatte zunächst erklärt, er nehme derlei mögliche Konsequenzen in Kauf. Sprach aus ihm also die pure Verzweiflung?

So zumindest ließe sich die Aktion bei vielen Handelsunternehmen interpretieren, kommentierte Stefan Hertel, Pressesprecher des Handelsverbandes HDE das Vorhaben. "Es unterstreicht unsere Forderungen nach wirkungsvoller staatlicher Unterstützung sowie einer klaren Perspektive", sagte er t-online.

Der jetzige Sinneswandel bei dem Sporthändler dürfte dort aber Erleichterung auslösen. "Eine Öffnung der Geschäfte im Widerspruch zu geltenden Verordnungen kann aus unserer Sicht nicht die Lösung sein", so Hertel weiter. "Der Handel bringt derzeit ein großes Opfer im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung. Deshalb muss der Staat auch für entsprechende Hilfen sorgen, damit die Unternehmen die wochenlangen Schließungen auch wirtschaftlich überstehen können."

Ähnlich äußert sich Friedrich Werdich, in vierter Generation Inhaber eines Schuhhandels mit 38 Filialen und 500 Mitarbeitern. Er ist Initiator der Aktion #Handelstehtzusammen, die inzwischen 11.000 Unterschriften gesammelt hat: "Wir stehen hinter den Maßnahmen. Wenn Öffnen auch mit vernünftigem Hygienekonzept nicht möglich ist und der Lockdown sein muss, dann müssen wir über die Konsequenzen und vernünftige Hilfen reden." Im Januar komme im Handel in vielen Branchen die Frühjahrsware, "und ohne Hilfen und ohne entsprechendes Eigenkapital oder Kreditlinien wird es dann für viele ganz düster".

Gastro-Verband appelliert an Hotelbetreiber

Die Debatte hat aber auch das Hotel- und Gaststättengewerbe erreicht, wo Restaurants mit "Wir machen auf" liebäugeln könnten. Entsprechend alarmiert zeigte sich Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbandes Dehoga. "Bei allem Verständnis für den maximalen Frust, den Unmut und die immer größer werdende Verzweiflung appellieren wir an die Unternehmer, die Restaurants nicht zu öffnen und nicht gegen geltendes Recht zu verstoßen", sagte sie auf t-online-Anfrage.

Gleichwohl pochte aber auch sie auf schnelle finanzielle Unterstützung für die Unternehmen. Angesichts der angekündigten Verlängerung des Lockdowns sei es "überfällig", dass die zugesagten Hilfen für alle Betriebe jetzt zur Auszahlung kommen.

Querdenker diskutieren über Spenden für Bußgelder

Nach dem Rückzieher des Intersport-Händlers Siebzehnrübl steht nun noch die Öffnung des Kosmetikgeschäfts in Krefeld im Raum. Der Betreiber, der sich auf Telegram mit einem Comic-Arzt als Profilfoto "MedMecit" nennt, hat Unterstützung von den Anwälten der "Querdenker"-Szene.

Der Leipziger Jurist Ralf Ludwig, der Bodo Schiffmann und Samuel Eckert auf einer "Corona-Info-Tour" im Luxusbus begleitet hatte, teilte die Werbung für die Gruppe auf Telegram, wo das Posting zu einem der meistgesehenen der vergangenen Tage wurde. Dem Kosmetikhändler zufolge gab es auch schon Gespräche mit den Juristen. Sie hatten unter anderem auch Ratschläge gegeben, wie Maskenverweigerer gegen Geschäftsinhaber vorgehen können, die ihnen den Zutritt verweigern.

In den einschlägigen Gruppen, Foren und auf Twitter schreiben wenige Geschäftsinhaber mit ihrer Identität. Es äußern sich vor allem Unterstützer, die versichern, dann in solchen Geschäften und Gaststätten einkaufen oder essen zu gehen. Es wird bereits darüber diskutiert, für mögliche Bußgelder Spenden zu sammeln.

Verwendete Quellen
  • Statement des HDE
  • Statement des Dehoga-Bundesverbandes
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