Aktie schwächelt Softwarehersteller SAP macht 2019 weniger Gewinn
Europas größter Softwarehersteller SAP wächst dank guter Geschäfte mit Cloudanwendungen im Internet weiter kräftig. Allerdings hat er im vergangenen Jahr unter dem Strich nicht so viel Geld verdient wie davor.
Der Nettogewinn von Softwarehersteller SAP schrumpfte 2019 um 17 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro, wie der Konzern bei seiner Bilanz-Pressekonferenz mitteilte. SAP begründete den Einbruch mit Milliardenkosten einerseits für einen Anfang 2019 begonnenen Personalumbau und andererseits für die aktienbasierte Vergütung eigener Mitarbeiter. Beim Umsatz durften die beiden Co-Vorstandschefs Jennifer Morgan und Christian Klein bessere Nachrichten verkünden: Die Erlöse stiegen um zwölf Prozent auf 27,6 Milliarden Euro.
Cloudbereich legte um 39 Prozent zu
Größter Wachstumstreiber war der Cloudbereich, der im Jahresvergleich auch dank Zukäufen um kräftige 39 Prozent zulegte. In diesem Zukunftsmarkt bietet der Walldorfer Konzern seinen Unternehmenskunden nicht mehr nur reine Softwarelösungen an, sondern bringt sich vielmehr als Dienstleister für die Entwicklung, Integration und den Betrieb der Anwendungen ins Spiel. Die Daten liegen bei Cloudlösungen nicht mehr auf einem lokalen Server, sondern beispielsweise auf einer von SAP zur Verfügung gestellten Plattform.
Beim zurzeit vom Börsenwert her wichtigsten deutschen Unternehmen machen die Clouderlöse inzwischen schon 6,9 Milliarden Euro aus. Das wachsende Geschäft in diesem Bereich lässt mittlerweile auch die Profitabilität des Konzerns steigen. Jahrelang hatten unter anderem Investitionen in Rechenzentren und die zunächst gegenüber dem herkömmlichen Lizenzverkauf niedrigen Erlöse im Cloudbereich die Marge des Unternehmens belastet.
Neue Co-Chefs mit großen Versprechen
Die seit Mitte Oktober amtierenden neuen Co-Chefs Morgan und Klein hatten den Anlegern versprochen, den zuletzt eingeschlagenen Effizienzkurs ihres Vorgängers Bill McDermott fortzusetzen. Nach vielen Jahren mit sinkender oder stagnierender operativer Marge soll diese kontinuierlich steigen und 2023 um fünf Prozentpunkte höher liegen als 2018. Dafür baut der Konzern sein Cloudangebot um, setzt auch bei den zugekauften Töchtern zunehmend auf die eigene Datenbanktechnik Hana und verschlankt vor allem die Infrastruktur der betriebenen Rechenzentren.
Das Umsteuern auf Gewinne ließ das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis im vergangenen Jahr wie von Experten erwartet um 15 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro steigen. Optimistisch gab sich das Unternehmen auch für das gerade begonnene Jahr. Umsatz und Ergebnis sollen etwas stärker zulegen als zuletzt in Aussicht gestellt. Beim bereinigten Betriebsergebnis strebt das Management auf der Basis konstanter Wechselkurse einen Wert zwischen 8,9 und 9,3 Milliarden Euro an. Der Anstieg der Profitabilität dürfte sich in diesem Jahr noch beschleunigen, sagte Finanzchef Luka Mucic.
SAP-Aktie war auf Rekordhoch
An der Börse war die Aktie am Nachmittag allerdings mit 3,3 Prozent Minus bei 118,46 Euro Dax-Schlusslicht. Analysten monierten die Entwicklung und den Ausblick in der Cloudsparte, wo sie mit mehr gerechnet hatten. Der Auftragseingang habe sich zum Jahresende hin verlangsamt, schrieb Goldman-Sachs-Analyst Mohammed Moawalla. UBS-Experte Michael Briest äußerte sich ähnlich. Die Aktie hatte in den vergangenen Wochen allerdings deutlich angezogen. Erst zwei Handelstage vor der Bekanntgabe der Zahlen war das Papier auf ein Rekordhoch von 127 Euro geklettert.
Co-Konzernchef Klein sagte, man habe eine erfolgreiche Transformation vom traditionellen Geschäft mit Softwarelizenzen hin zum Cloudgeschäft geschafft. "Es ist überhaupt nicht einfach, eine Firma mal eben von links nach rechts zu ziehen und in die Cloudwelt zu bringen, wenn die Firma eigentlich sehr erfolgreich mit dem Verkauf von On-Premise-Softwarelösungen ist." Dabei handelt es sich um beim Kunden fest installierte Software.
Immer stärkere Kritik von Kunden
Weitere Baustelle: Die Verzahnung der etlichen SAP-Anwendungen muss vorankommen. Der bis Oktober amtierende Ex-Konzernchef Bill McDermott hatte mehrere milliardenschwere Übernahmen vor allem für die Cloudsparte durchgezogen, von Seiten der Kunden kam aber zuletzt immer stärker Kritik. So hatte die einflussreiche deutschsprachige Anwendergruppe DSAG im September bei ihrem Jahreskongress die Lücken in der Software und schlechte Integration der Programme kritisiert.
Klein sagte, Ziel sei es, "die gesamte Ausrichtung von SAP zu vereinfachen". Die Verzahnung der Cloud-Angebote mit dem SAP-Kernprodukt S4 Hana solle bereits 2020 abgeschlossen werden. "Alle unsere Führungskräfte müssen verstehen, dass wir unsere Produkte künftig als Dienstleistung liefern wollen – das gilt ganz besonders für das Cloudgeschäft. Unser Businessmodell hört nicht mehr mit dem Verkauf der Produkte auf", sagte Klein. "Wir müssen mit den Kunden auf die letzte Meile gehen."
"Kundenbindung ist von größter Bedeutung"
Das soll auch den Mitarbeitern deutlich gemacht werden – mit barem Geld. "Fast alle unsere Mitarbeiter werden bald in ihren Bonusplänen ein Ziel vorfinden, das besagt: Akzeptanz bei Kunden vorantreiben. Wir werden dann messen, wie das im Einzelnen klappt", sagte Klein. Morgan – die erste Vorstandsvorsitzende in einem Dax -Konzern überhaupt – fügte an, die Kundenbindung sei von größter Bedeutung: "Sie müssen Ihre Kunden in Tagen und Wochen überzeugen und halten, nicht in Jahren und Jahrzehnten."
Angesichts der sich ändernden Geschäftsschwerpunkte hatte SAP Anfang vergangenen Jahres den ersten größeren Personalumbau seit Jahren angestoßen, bis zu 4.400 Mitarbeiter sollten entweder auf eine neue Position wechseln oder das Unternehmen mittels Abfindungen verlassen. Bisher hätten 4.000 Mitarbeiter ein solches Angebot angenommen, 3.000 hätten den Konzern bereits verlassen, sagte Finanzchef Luka Mucic, davon 1.400 in Deutschland. In diesem Jahr rechnet er nicht mit wesentlichen weiteren Umbauprogrammen. Bei der Mitarbeiterzahl hat SAP dennoch weiter zugelegt, Ende des Jahres lag sie erstmals bei über 100.000 – fast 4.000 mehr als ein Jahr zuvor.
- Nachrichtenagentur dpa