Böses Omen für Sparer? EZB erhöht umstrittenen Strafzins auf minus 0,5 Prozent
Die EZB senkt den Einlagezins für Banken weiter ab. Die beiden anderen Leitzinssätze bleiben unverändert. Das Anleihekaufprogramm wird wieder aufgenommen.
Europas Währungshüter stemmen sich mit allen Mitteln gegen die Konjunkturschwäche: Banken müssen künftig noch höhere Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Zudem steckt die Notenbank frische Milliarden in Anleihen. Der Hauptleitzins bleibt unverändert bei null Prozent. Das beschloss der EZB-Rat am Donnerstag in Frankfurt.
Einlagenzins auf minus 0,5 Prozent gesenkt
Die Währungshüter setzten am Donnerstag den Zinssatz von bisher minus 0,4 auf nun minus 0,5 Prozent. Diesen Satz müssen Finanzinstitute zahlen, wenn sie bei der Zentralbank Geld parken. Verbraucherschützer befürchten, dass Banken dies zum Anlass nehmen, jetzt auch Sparer mit Strafzinsen zur Kasse zu bitten.
Einlagenzins: Der Einlagenzins für Banken bei der EZB wurde erstmals im Juli 2012 auf null Prozent gesetzt und im Juni 2014 mit minus 0,10 Prozent unter die Null-Prozent-Marke gedrückt. Aktuell müssen Banken einen negativen Zins von 0,40 Prozent bezahlen.
Erneute Anleihenkäufe
Mit einer Neuauflage von Wertpapierkäufen will die EZB Konjunktur und Inflation zusätzlich auf die Sprünge helfen. Ab 1. November sollen monatlich 20 Milliarden Euro in den Erwerb von Anleihen gesteckt werden. Ein genaues Ende der Käufe legte der EZB-Rat zunächst nicht fest.
Ende Dezember 2018 hatte die EZB ihr gewaltiges Kaufprogramm von Staats- und Unternehmensanleihen vorerst beendet. Seit Januar fließt kein frisches EZB-Geld mehr in diesem Rahmen, Gelder aus auslaufenden Wertpapieren werden jedoch reinvestiert. Von März 2015 bis Ende 2018 steckte die EZB rund 2,6 Billionen Euro in Anleihen.
Die wichtigsten Beschlüsse der EZB
- Senkung des Einlagensatzes um 0,1 Prozentpunkte auf minus 0,5 Prozent
- Einführung eines Staffelzinses zur Entlastung der Banken
- neue Wertpapierkäufe in Höhe von 20 Milliarden Euro je Monat ab 1. November
- Wertpapierkäufe laufen "so lange wie nötig"
- Verlängerung des Zinsversprechens von Mitte 2020 bis zum Zeitpunkt einer "robusten Inflationsentwicklung"
- günstigere Konditionen der anstehenden Langfristkredite (TLTROs)
- Verlängerung der TLTRO-Laufzeiten von zwei auf drei Jahre
"Signifikante geldpolitische Impulse"
Zum Ende der Amtszeit von EZB-Präsident Mario Draghi verschärft die EZB somit ihre ultralockere Geldpolitik nochmals. Die achtjährige Amtszeit des Italieners endet am 31. Oktober 2019. Der Leitzins, der seit März 2016 auf dem Rekordtief von null Prozent liegt, bleibt unverändert auf diesem Niveau.
Dass die Notenbank erneut nachlegen würde, war erwartet worden. Angesichts der weltweiten Konjunkturabkühlung und der Schwäche des Welthandels seien "signifikante geldpolitische Impulse" notwendig, hatte Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates vor sieben Wochen gesagt.
Teuerungsrate: Das oberste Ziel der EZB ist die Gewährleistung stabiler Preise und einer stabilen Währung in den Euroländern. Dafür strebt sie mittelfristig eine Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent an. Die Argumentation: Zu niedrige Preise bremsen die Wirtschaft aus. Ist die Inflation zu niedrig, helfen Notenbanken in der Regel mit Zinssenkungen nach.
- Geldpolitik: Wie die EZB mit den Zinsen den Kurs setzt
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Wie geht es weiter?
An der expansiven Ausrichtung der Geldpolitik wird sich aller Voraussicht nach so schnell nichts ändern: Draghis designierte Nachfolgerin an der EZB-Spitze, die Französin Christine Lagarde, hat bereits deutlich gemacht, dass sie eine sehr lockere Geldpolitik für absehbare Zeit für nötig hält. Die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) sagte aber auch: "Wir müssen die negativen Folgen und Nebeneffekte im Blick behalten."
- Strafzinsen und der Sparer: Wenn die EZB die Zinsschraube anzieht
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Sparer müssen sich auf jeden Fall weiterhin gedulden, ehe es wieder höhere Sparzinsen gibt. Womöglich geben Banken zudem die Kosten für die EZB-Strafzinsen künftig an einen größeren Kundenkreis weiter.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP