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Warum US-Milliardäre ihr Geld in Deutschland verteilen


"Bill Gates kommt nach Tübingen"
Warum US-Milliardäre ihr Geld in Deutschland verteilen

Von t-online, reuters, dpa
06.03.2015Lesedauer: 4 Min.
Bill Gates investiert Millionen in die Tübinger Firma Curevac.Vergrößern des Bildes
Bill Gates investiert Millionen in die Tübinger Firma Curevac. (Quelle: Reuters-bilder)

Der billige Euro und die gute Reputation Deutschlands machen die Unternehmen hierzulande zu einem beliebten Kaufobjekt. Nach Warren Buffett steigt jetzt Bill Gates ein - in einen Impfstoffhersteller. Nach Einschätzung von Experten könnte sich ein Trend abzeichnen.

Für Bill Gates sind es wohl "Peanuts", für eine kleine Tübinger Firma eine entscheidende Stange Geld und für viele Leben in der Dritten Welt vielleicht die Rettung. Mit 46 Millionen Euro steigt der Microsoft-Gründer in die Biotech-Firma Curevac ein. Vier Prozent am Kapital seien das, sagt Ingmar Hoerr, Geschäftsführer des Impfstoffherstellers. SAP-Mitgründer Dietmar Hopp hat schon 145 Millionen Euro investiert und will 21 Millionen drauflegen.

Erst vor kurzem hatte das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" Gates' Vermögen mit 79,2 Milliarden Dollar (70,8 Mrd. Euro) angegeben. Dass der damit reichste Mensch der Welt in Deutschland investiert, ist kein Einzelfall. Jüngst hatte US-Starinvestor Warren Buffett angekündigt, weitere Unternehmen hierzulande kaufen zu wollen. Über seine Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway hat der laut "Forbes" drittreichste Mensch der Welt (72,7 Mrd. Dollar) schon den Hamburger Händler für Motorradzubehör Louis übernommen.

Euro-Schwäche macht Unternehmen deutlich billiger

Aus Expertensicht sind die Dollarstärke und die Wettbewerbskraft deutscher Unternehmen für die Shoppinglust der Amerikaner ausschlaggebend. "Für US-Investoren sind die europäischen Unternehmen durch die Euro-Schwäche de facto 20 Prozent billiger geworden. Somit wird ein Kauf attraktiv", erläutert Uwe Eilers von der Geneon Vermögensmanagement AG. "Deutsche Aktien sind im Vergleich zu US-Aktien deutlich günstiger bewertet", sagt auch Lothar Koch, Portfoliomanager der GSAM + Spee Asset Management AG. "US-Investoren können somit schon durch die starke Währung günstig einkaufen."

Hinzu komme ein spekulatives Element, sagt Koch und erklärt: Bricht die Eurozone tatsächlich auseinander, würden vor allem deutsche Aktien deutlich aufwerten. "Auch das spricht jetzt für einen Kauf deutscher Titel aus der Sicht eines US-Investors."

Interesse auch aus der Schweiz

Der Leiter Portfoliomanagement bei der Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen, Markus Steinbeis, sagt: "Deutsche Unternehmen zeichnen sich durch enorme Wettbewerbsfähigkeit aus. Viele sind exportabhängig und Marktführer in ihrem Bereich." Nun gebe es einen Paradigmenwechsel. Die Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank mit Niedrigzinsen wirke wie ein Turbo. Im Gegensatz zu deutschen Privatanlegern hätten Investoren wie Buffet das klar erkannt.

"Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, trotzdem kann sich da durchaus ein neuer Trend etablieren", meint der Geschäftsführer von PMP Vermögensmanagement, Frank Wieser. "Wir sehen, dass es verstärkt Nachfrage nach deutschen Unternehmen aus den USA und neuerdings aus der Schweiz gibt." Wegen des "billigen" Euros und der Tatsache, dass sich Deutschland in den vergangenen Jahren als das stabilste Land in Europa gezeigt habe, sei es nur logisch, dass ausländische Investoren zuerst auf Deutschland schauen.

"Die Zahl der möglichen Objekte ist allerdings eingeschränkt", sagt Wieser. So gebe es viele attraktive Ziele, allerdings häufig in Familienhand und deswegen kaum erwerbbar. Klaus Sulzbach, Private-Equity-Experte bei EY (Ernst & Young), sagt, der deutsche Mittelstand habe sich in der Vergangenheit bei Investitionen zurückhaltend gezeigt. Gute Beispiele könnten daran etwas ändern.

"Große Investitionen in die Zukunft"

In Curevac fließen über die Bill-&-Melinda-Gates-Stiftung nun umgerechnet 52 Millionen US-Dollar. Hoerr will eine Produktionsanlage bauen, um Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten wie das Durchfall auslösende Rotavirus zu entwickeln. Die Kooperation läuft schon bei ersten Programmen für Krankheiten, von denen überdurchschnittlich viele Menschen in den ärmsten Ländern der Welt betroffen sind.

Gates selbst spricht von einer "großen Investitionen in die Zukunft". Ihm geht es dabei auch darum, in seinem Feldzug gegen Infektionskrankheiten die sogenannten medizinisch angewandten Messenger-RNA (mRNA) zu fördern. Mit mRNA kann man neuartige Impfstoffe entwickeln. Und Curevac ist in diesem Bereich weltweit führend. Die Investitionssumme ist verglichen mit dem Vermögen der Stiftung von mehr als 40 Milliarden Dollar und den bisher vergebenen Fördergeldern von rund 33 Milliarden Dollar zwar klein - für Curevac natürlich aber auch ein großer PR-Coup.

Wie sehr der Name zählt, betont auch Curevac-Hauptgesellschafter Hopp. "Es könnte sein, dass wir mit Curevac am Ende vielleicht, trotz der hiesigen Zurückhaltung, den Börsengang in Deutschland wagen", sagte der SAP-Mitgründer dem Wirtschaftsmagazin "Capital".

"Dieses Unternehmen ist unser Ronaldo"

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) feierte via Facebook: "Bill Gates kommt nach Tübingen. Glückwunsch an unsere Biotechfirma Curevac und den Gründer Ingmar Hoerr. Was für eine Erfolgsgeschichte." Als neues Titelbild auf seiner Facebook-Seite wählte er das Konterfei des Microsoft-Gründers. "Schon im April gehen wir in den Gemeinderat wegen der Bauleitplanung", kündigte er an.

Hopp wertete die Beteiligung von Gates als Auszeichnung und Bestätigung seines Biotech-Engagements. "Natürlich ist das noch keine endgültige Erfolgsgarantie. Aber in der Fußballersprache würde ich es so formulieren: Dieses Unternehmen ist unser Ronaldo", sagte Hopp. Dem Bericht zufolge ist der SAP-Mitgründer an 17 Biotechfirmen beteiligt, sieben davon gelten demnach inzwischen als erfolglos.

Hoffen auf Gates' Expertennetzwerk

Curevac mit derzeit 160 Mitarbeitern gilt als Pionier bei der Entwicklung von Impfstoffen auf der Basis von sogenannten RNA-Molekülen. "Biotechnologie ist generell eher riskant. Allerdings ist die Chance extrem hoch, dass unsere Technologie erfolgreich ist und man den Impfstoff später in der Apotheke kaufen kann", gibt sich Hoerr zuversichtlich, der den Botenstoff mRNA vor 15 Jahren selbst im Labor entwickelt hatte.

In Pilotprojekten sollen nun prophylaktische Impfungen gegen Rotaviren und HIV getestet werden. Um die Produktion auf 30 Millionen Dosierungen jährlich hochschrauben zu können, soll bis spätestens 2020 in Tübingen eine neue Anlage zur Herstellung von mRNA entstehen. "Über die Finanzspritze hinaus wird uns die Gates Stiftung ihr Expertennetzwerk zur Verfügung stellen und die Produktion der Impfstoffe für die dritte Welt finanzieren", sagte Hoerr.

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