Kurz vor der Rezession Russlands Wirtschaft schrumpft seit 2009 zum ersten Mal
Die russische Wirtschaft bekommt die Sanktionen des Westens und den gesunkenen Ölpreis zu spüren. Im November sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,5 Prozent und damit erstmals seit Oktober 2009. Das teilte das Wirtschaftsministerium in Moskau mit. Vor allem die Dienstleister, der Bau und der Agrarsektor schwächelten demnach.
Der Konjunktur steht sogar noch ein schärferer Gegenwind bevor. Denn der Ölpreis, der für Russland besonders wichtig ist, sank im Dezember weiter drastisch. Seit Juni fiel er um rund 50 Prozent. Auch der starke Rubel-Verfall macht der Wirtschaft zu schaffen.
Finanzminister Anton Siluanow hatte jüngst angekündigt, die Wirtschaftsleistung könne nächstes Jahr um vier Prozent schrumpfen, sollte der Ölpreis auf dem aktuellen Niveau von rund 60 Dollar pro Fass bleiben. Es wäre das erste Mal seit 2009, dass die russische Wirtschaft nicht wächst.
Der aktuelle Ölpreis dürfte die Lage weiter verschärfen, sagte auch Russland-Experte Dmitri Polewoi von der ING Bank in Moskau. "Es gibt keinen Grund für Optimismus." Die Konjunktureintrübung gehe zurück auf die Sanktionen wegen der Ukraine-Krise, den Ölpreis und die Turbulenzen an den Finanzmärkten. "Es wird noch lange dauern, bis der Schaden für das Bankensystem und die Stimmung der Verbraucher behoben sein wird."
Kapitalflucht belastet russische Banken
Die massive Kapitalflucht infolge der Sanktionen des Westens hatte zu einem Verfall des Rubels geführt. Die russische Zentralbank hat deshalb den Leitzins massiv erhöht, um Anlagen im Land wieder attraktiver zu machen. Zudem kündigte die Notenbank jüngst an, die mittelgroße Trust Bank mit bis zu 2,4 Milliarden Dollar vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Auch andere Geldhäuser sind bereits auf staatliche Mittel angewiesen.
Der Rubelverfall könnte aber der russischen Tourismusindustrie helfen. Weil Auslandsreisen wegen des ungünstigeren Wechselkursverhältnisses teurer geworden sind, verbringen nun wieder viele Russen die Ferien zuhause. Im abgelaufenen Jahr seien nur gut halb so viele Russen verreist wie 2013, teilt die Vereinigung der Tourismusanbieter in Moskau mit. Leidtragende dieser Entwicklung sind Länder wie Ägypten oder Thailand, wo russische Gäste früher zwei Drittel bis 90 Prozent der Zimmerbuchungen tätigten. Hier gab es nun Einbrüche von 40 bis über 60 Prozent.
Rubel wieder auf Talfahrt
Die schlechten Konjunkturdaten haben den Rubel derweil zu Wochenbeginn erneut unter Druck gesetzt. Der Kurs der russischen Währung fiel um mehr als neun Prozent. Für einen Dollar wurden 59 Rubel gezahlt. Die leichte Erholung der Kurse vergangene Woche wurde damit zum Teil zunichte gemacht.
Vergangene Woche hatte Russland Maßnahmen zur Stabilisierung der Währung angekündigt. Fünf Tage lang festigten sich die Kurse daraufhin.