Banken, Versicherer, Immobilien Bundesbank warnt vor steigenden Risiken durch niedrige Zinsen
Mahnende Worte aus Frankfurt: Eine Woche nach der in Deutschland teils scharf kritisierten Leitzinssenkung der EZB warnt die Bundesbank vor Risiken für die Finanzstabilität durch die extrem niedrige Zinsen.
Bundesbank sieht mehr Risiken für den Finanzmarkt
Die lockere Geldpolitik der Zentralbanken habe zwar dazu beigetragen, die Lage an den Finanzmärkten zu beruhigen, sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts.
Mit zunehmender Dauer nähmen aber Nebenwirkungen und Risiken für die Finanzstabilität zu: "Das Niedrigzinsumfeld wird mehr und mehr zu einer Belastung für das deutsche Finanzsystem."
Lebensversicherer unter Druck
So zehrten die niedrigen Zinsen die Puffer der Versicherer immer weiter auf. "Es wird angesichts der niedrigen Zinsen für Lebensversicherer immer schwieriger, die Garantieverzinsung zu erwirtschaften", sagte Dombret.
Zudem entwickelten sich die Bewertungsreserven in den Bilanzen der Versicherer zu einem Problem, wenn diese an die Versicherten ausgeschüttet werden müssten.
Banken müssen sparen
Auch die deutschen Banken, die traditionell stark vom Zinsüberschuss leben, sind nach Ansicht der Bundesbank betroffen. Der harte Wettbewerb habe den Instituten in den vergangenen 15 Jahren schon stark zugesetzt, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger.
Die niedrigen Zinsen setzten die Geschäftsmodelle nun zusätzlich unter Druck. Die Geldhäuser müssten deshalb ihre Kosten senken.
Steigende Preise bei Immobilien
Gefahren sieht die Bundesbank auch für den Immobilienmarkt. Nachdem die Preise vor allem in Großstädten von 2009 bis 2012 bereits um fast ein Viertel zugelegt hätten, rechnet die Bundesbank für 2013 mit einem weiteren Preisanstieg von rund neun Prozent.
Eine akute Gefahr erkennt sie jedoch noch nicht. So habe die Kreditvergabe nur moderat zugelegt. Zudem sei die Schuldentragfähigkeit der privaten Haushalte solide.
"Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass Immobilienbesitzer durch mögliche Preiskorrekturen Vermögensverluste erleiden", sagte Dombret. Er verwies auf die Erfahrungen anderer Länder, wo sich in Phasen langer Niedrigzinsen durchaus Preisblasen gebildet hätten. Die Bundesbank werde die Situation daher weiter genau beobachten.
Bundesbank-Chef Weidmann gegen Niedrigzins
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Leitzins für die 17 Euro-Länder am vergangenen Donnerstag auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Nach Reuters-Informationen hatten sechs der 23 Mitglieder des EZB-Rats gegen diesen Schritt votiert, auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Dieser hat sich in den vergangenen Tagen mit offener Kritik an der Entscheidung auffällig zurückgehalten.
Das zweite deutsche EZB-Ratsmitglied, der frühere Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, hatte dagegen den Zinsbeschluss verteidigt. Jüngst hatte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet laut über noch weitergehende Schritte nachgedacht.