Entscheidung des EuGH Das VW-Gesetz muss nicht geändert werden
Erleichterung in Wolfsburg und Berlin: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass das sogenannte VW-Gesetz nicht geändert werden muss. Die Richter wiesen eine zweite Klage der EU-Kommission ab, mit der Brüssel das Vetorecht des Landes Niedersachsen kippen wollte. Unter den Rechtsstreit, der vor zehn Jahren begonnen hatte, ist damit ein Schlussstrich gezogen - und Deutschland entgeht einer Millionen-Strafe.
Das Gericht folgte wie erwartet der Einschätzung von Generalanwalt Nils Wahl, der Ende Mai für eine Zurückweisung der Klage plädiert hatte. Vom Tisch ist nun auch eine drohende Geldbuße der EU-Kommission für die Bundesrepublik. Sie hätte sich auf rund 70 Millionen Euro belaufen können.
Niedersachsen hat bei wichtigen Fragen das letzte Wort
Das VW-Gesetz macht eine feindliche Übernahme des Wolfsburger Konzerns praktisch unmöglich. Die EU-Kommission war der Auffassung, dass das Vetorecht für das Land Niedersachsen gegen EU-Recht verstößt. Brüssel verlangte, die Sonderregelung abzuschaffen, die dem Bundesland als Anteilseigner ein Einspruchsrecht bei wichtigen Entscheidungen sichert.
Änderungen am VW-Gesetz nach erster Klage 2007
Bereits 2007 hatte der EuGH nach einer ersten Klage der EU-Kommission entschieden, das VW-Gesetz widerspreche EU-Recht und müsse geändert werden. Es verletze aus drei Gründen die Freiheit des Kapitalverkehrs in der EU: Bund und Land konnten je zwei Vertreter im Aufsichtsrat von VW stellen, die Stimmrechte der Aktionäre waren auf 20 Prozent begrenzt und die Sperrminorität betrug 20 statt der sonst im Aktienrecht üblichen 25 Prozent.
Die Bundesregierung hatte daraufhin die ersten beiden Regeln abgeschafft, hielt aber an der Sperrminorität fest, so dass die EU-Kommission 2012 erneut klagte. Der Gutachter des EuGH-Generalanwalts stärkte Deutschland in dem Punkt aber den Rücken: "Deutschland ist dem ursprünglichen Urteil des Gerichtshofs von 2007 vollständig nachgekommen."
Das Gericht habe nur die Kombination von Höchststimmrecht und Sperrminorität gerügt, nicht aber das Vetorecht an sich. Der Gutachter teile daher die von der Bundesregierung vertretene Auslegung des Urteils von 2007.
EU-Kommission sieht Behinderung des freien Wettbewerbs
Der EU-Kommission ist die Sperrminorität ein Dorn im Auge. Ihrer Meinung nach schreckt sie potenzielle Investoren ab, behindert Innovationen und kann zu steigenden Preisen führen. Politiker und Gewerkschaften fürchten dagegen um den Schutz des Autobauers vor feindlichen Investoren und um die Mitbestimmung.
Nicht alle EU-Politiker sind gegen VW-Sonderweg
Es gibt aber auf europäischer Ebene auch starke Fürsprecher des VW-Sonderweges - etwa den Präsidenten des EU-Parlaments Martin Schulz. "Solange ich in Straßburg etwas zu sagen habe, werde ich für dieses VW-Gesetz kämpfen", hatte er der VW-Belegschaft auf einer Betriebsversammlung zugerufen.