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Modemarke Lacoste: Familienstreit unter Krokodilen


Unternehmen
Unter Krokodilen: Familienstreit bei Lacoste

Von spiegel-online
31.10.2012Lesedauer: 4 Min.
In den 90er-Jahren verpönt, ist das Krokodil-Label wieder auf ErfolgskursVergrößern des Bildes
In den 90er-Jahren verpönt, ist das Krokodil-Label wieder auf Erfolgskurs (Quelle: imago-images-bilder)

Das Krokodil-Logo machte die Modemarke Lacoste berühmt, die Popper ruinierten ihr Image. Nun könnte das französische Label in ausländische Hände fallen. In der Familie ist deshalb ein Krieg entbrannt. Der Sohn des Firmengründers will seine Anteile verkaufen. Seine Tochter kämpft dagegen.

"Niemals die Beute hergeben"

Als René Lacoste vor 80 Jahren das Krokodil als Markenzeichen seines Modehauses präsentierte, verwies er stolz auf die Parallelen zwischen ihm und dem Logo-Tier: "Es spiegelt meinen Kampfgeist wider: Niemals die Beute hergeben." Diese Einstellung hat René Lacoste offenbar an seine Kinder und Enkel weitervererbt. Was der Firmengründer aber nicht gewollt haben dürfte: Die Nachkommen leben ihren Kampfgeist vor allem untereinander aus - und drohen damit ihr Erbe zu verspielen.

Konflikt zwischen Vater und Tochter

Die Familie Lacoste sorgt derzeit mit einem erbitterten Machtkampf für Aufsehen. Die beiden zentralen Protagonisten sind der Sohn des Firmengründers - Michel Lacoste - und dessen Tochter Sophie Lacoste-Dournel. In dem Ränkespiel mischen weitere 20 Firmenerben mit.

Profiteur des Familienkriegs könnte die Schweizer Einzelhandelsgruppe Maus Frères sein. Diese hält bereits über eine Tochterfirma 35 Prozent an Lacoste und möchte weitere 30 Prozent kaufen, um damit Mehrheitseigentümer im Reich des grünen Krokodils zu werden. Die Familie wäre ausgebootet.

Sohn des Firmengründers vom Chefsessel geworfen

Michel Lacoste und ein Teil seiner Verwandten sind zum Verkauf bereit, doch seine Tochter Sophie kämpft erbittert gegen die Pläne des Vaters. Dazu zettelte sie sogar einen Aufstand im Verwaltungsrat an. Michel Lacoste musste den Chefsessel räumen - und die Tochter ließ sich im September selbst zur Verwaltungsratsvorsitzenden wählen. Gegen diesen Putsch hat der Vater vor dem Pariser Handelsgericht geklagt.

Öffentlich warf er seiner 36-jährigen Tochter vor, sie habe die Kontrolle über das Unternehmen auf "irreguläre" Weise übernommen. Gegenüber der Zeitung "Le Monde" ließ der Papa die Tochter wissen, was er von ihrer Qualifikation hält: "Sie hat noch keinen Tag ihres Lebens in einer Firma verbracht, sie hat keine Kompetenz, eine so große Gruppe zu führen."

Kampf um Label auf Erfolgskurs

Der Machtkampf um Lacoste kommt zu einer Zeit, in der das Modelabel endlich wieder auf Erfolgskurs ist. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz um elf Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Chefdesigner Felipe Oliveira Baptista soll die Marke weiblicher machen. Lacoste will nach Tennisplätzen, Golfplätzen und Polofeldern auch die Straße erobern.

Den Durchbruch als Freizeitklamotte schaffte Lacoste in den achtziger Jahren. Damals gehörte das Krokodil-Label zu den Ikonen der Popper. Die mode- und konsumfixierte Jugendbewegung kombinierte die berühmten Poloshirts zu Burlington-Socken, weißen Jeans und Trenchcoats - und machte Lacoste so zugleich zur Lachnummer. Es war die Zeit, als Sprüche wie "Was lacostet die Welt" und "Geld spielt keine Rolex" für witzig gehalten wurden.

In den 90er-Jahren "Arschgeigen-Marke"

In den neunziger Jahren war Lacoste plötzlich out, Poloshirts waren plötzlich spießig. Der frühere MTV-Moderator Markus Kavka beschrieb die Trendwende so: Das Label sei damals für ihn eine "Arschgeigen-Marke" geworden, tragbar nur noch für "die Söhne von Ingolstädter Audi-Ingenieuren".

Ein neuer Chefdesigner befreite Lacoste um die Jahrtausendwende vom Popper-Image. Neue Läden lockten Kunden an. Auch Retro-Marken wie Fila-Schuhe oder Jägermeister waren plötzlich wieder in. Und Kavka gehörte dann ebenfalls zu denen, die auch Lacoste wieder massentauglich machten. Was der MTV-Moderator trug, wollten auch die Zuschauer haben.

Label muss Exklusivität versprühen

"Eine Marke wie Lacoste muss mit Luxus, Avantgarde und Celebrity verbunden werden", sagt Jens Lönneker, Geschäftsführer bei der Beratungssparte des Marktforschungsinstituts Rheingold. "Denn die Käufer wollen nach außen zeigen, welche Möglichkeiten sie haben."

Dieses Prinzip der Exklusivität hatte auch schon René Lacoste erkannt, der Erfinder der Marke. Der Tennisspieler hatte in den zwanziger Jahren zweimal in Wimbledon gesiegt und mehrmals die French Open und die US Open gewonnen. Während die anderen Spieler noch in Oberhemden mit Manschetten spielten, trat Lacoste auf dem Center Court im Piqué-Shirt mit kurzen Ärmeln und Kragen an. Ein Freund hatte ihm auch ein Krokodil auf den Blazer gestickt - das Tier wurde zu seinem Markenzeichen. Der Spitzname "The Crocodile" war Lacoste von einer verlorenen Wette um eine Krokodilledertasche geblieben.

Ex-Sportler mischt die Bekleidungsbranche auf

Als René Lacoste 1929 seine Sportkarriere beendete, stieg er ins Bekleidungsgeschäft ein. Auf die Polohemden und Blazer ließ er das Krokodil sticken. Seitdem gilt Lacoste als erste Marke, die offensiv ihr Logo zur Schau stellte. Die Kunden genossen das Gefühl, dieselben Shirts zu tragen wie ihr Sportidol. Das Tennis-Polohemd mit Perlmuttknöpfen aus Südseemuscheln und dem grünen Schuppentier auf der linken Brustseite verkaufte sich 1939 bereits 300.000 Mal.

Ab 1965 führte René Lacostes Sohn Bernard die Firma. Als er krank wurde, übernahm sein Bruder Michel 2005. Er kämpft nun gegen seine eigene Tochter Sophie um die Macht. Es sei "ungeheuerlich", dass ihr Vater seine Anteile verkaufen wolle, sagt Sophie Lacoste-Dournel.

Laut der Schweizer Maus-Frères-Gruppe gibt es bereits ein Abkommen über das Geschäft im Wert von 300 bis 400 Millionen Euro. Doch Sophie hat vor allem jüngere Mitglieder der Lacoste-Sippe auf ihre Seite gezogen und macht nun ein Vorkaufsrecht geltend.

Denver-Clan in Paris

Beobachter vergleichen die Lacoste-Familie bereits mit dem Denver-Clan. Das könne der Marke Aufmerksamkeit und damit kurzfristig sogar Vorteile verschaffen, sagt Marketing-Experte Lönneker. "Das fasziniert die Menschen und vermittelt ein Jetset-Gefühl." Da es dazu um viel Geld gehe, bekomme Lacoste in den Augen der Menschen noch mehr Wert. Ob am Ende noch die Familie Lacoste das Sagen habe, sei den meisten Kunden egal, sagt Lönneker. "Auch bei Marken wie Louis Vuitton oder Montblanc interessiert die Menschen nicht, wie die Historie aussieht."

Die eigentlichen Lacoste-Produkte produziert sowieso nicht die Familie selbst. Sie hat ein reines Marketingunternehmen geformt. Mit etwa 120 Mitarbeitern koordiniert sie die weltweiten Aktivitäten. Lizenznehmer produzieren Koffer, Schuhe und Parfums. Die Bekleidung stellt der Textilkonzern Devanlay her - über diese Firma kontrolliert der Schweizer Konzern Maus Frères ein Drittel der Lacoste-Anteile.

Getarnte feindliche Übernahme?

Um die Sache noch verwirrender zu machen, ist der geschasste Verwaltungsratschef Michel Lacoste zwar zum Verkauf seiner Anteile an Maus Frères bereit. Doch der 69-Jährige traut den Schweizern offenbar nicht über den Weg. Er ließ durchblicken, der Konzern könne etwas mit seinem Sturz zu tun haben und setze darauf, seine Tochter als schwache Managerin zu steuern. "Maus hat die Hälfte meiner Familie überzeugt, gemeinsame Sache zu machen, um die Kontrolle zu übernehmen", sagte er. Wenn er recht hat, hätte sich Maus Frères die Macht über das Krokodil gesichert, ohne die Familie auszuzahlen.

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