Unternehmen Schlecker rutscht in die Pleite
Die größte deutsche Drogeriekette Schlecker ist insolvent. Das Unternehmen aus Ehingen bei Ulm teilte mit, der Insolvenzantrag werde "kurzfristig" eingereicht. Es handele sich um eine Planinsolvenz mit dem Ziel, einen großen Teil des Filialnetzes und damit auch der Arbeitsplätze zu erhalten. Der Geschäftsbetrieb werde unverändert weiterlaufen. Ein Insolvenzantrag werde spätestens am Montag eingereicht, erfuhr dpa. Ein Sprecher des Amtsgerichts Ulm sagte, noch seien keine Unterlagen eingetroffen.
Die Zahlung der Gehälter für die Mitarbeiter sei über das Insolvenzausfall-Geld gesichert, teilte Schlecker mit. Der Insolvenzantrag sei ein "schwerer und notwendiger Schritt". Eine geplante Zwischenfinanzierung sei gescheitert. Der Antrag werde direkt mit einem Vorschlag für die Unternehmenssanierung verbunden. Folgten die Gläubiger dem Plan, könne die alte Geschäftsführung unter Begleitung des Insolvenzverwalters im Amt bleiben.
Harter Wettbewerb sorgt für Verluste
Schlecker kämpfte im harten Wettbewerb auf dem Markt der Drogerien seit längerem gegen Verluste an. Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um rund 650 Millionen Euro auf 6,6 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete das Unternehmen erneut mit sinkenden Erlösen. Zahlen zum Gewinn oder Verlust nennt Schlecker als Familienunternehmen traditionell nicht. Die Mitarbeiterzahl lag Ende 2011 bei über 30.000 in Deutschland und weiteren rund 17.000 im Ausland.
Filialschließung brachte nicht die Wende
Der Drogerie-Riese aus Ehingen bei Ulm hatte vor kurzem angekündigt, auch im neuen Jahr Hunderte Filialen zu schließen: Das Unternehmen trenne sich von Läden, die rote Zahlen schreiben und die "auch nach wohlwollender Betrachtung" keine langfristige Perspektive haben. Einen Bericht vom Dienstag, wonach bundesweit die Schließung weiterer 615 Filialen anstehe, wollte das Unternehmen nicht kommentieren.
"Familie und Management sind diesen schweren, aber notwendigen Schritt gegangen, um den eingeschlagenen Weg der Restrukturierung fortzusetzen und erfolgreich umzusetzen zu können", teilte das Unternehmen weiter mit. Die Kette befinde sich seit Mitte 2010 in einer umfassenden Restrukturierung und habe bereits eine Vielzahl von Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Konkurrenten können zulegen
Zuletzt hatte Schlecker noch rund 7000 Läden in Deutschland und etwa 3000 weitere in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Portugal. Vor allem die Karlsruher dm-Drogerien machten dem schwäbischen Familienkonzern schwer zu schaffen. Aber auch die niedersächsische Kette Rossmann war ihm auf den Fersen. Beide Mitbewerber hatten ihre Umsätze zuletzt gesteigert - und haben aus Sicht von Branchenexperten ein erfolgreicheres Ladenkonzept und Sortiment.
Aus Sicht des Konkurrenten Rossmann kommt die Schlecker-Insolvenz nicht unerwartet. Gründer Dirk Roßmann sagte: "Die Insolvenz ist eine Katastrophe für die Mitarbeiter und die Inhaberfamilie, die ich seit über 35 Jahren persönlich kenne." Die rückläufigen Erlöse und der geringe Durchschnittsumsatz der einzelnen Filialen hätten die Entwicklung in der Branche absehbar gemacht.
Planinsolvenz soll Unternehmen retten
Die sogenannte Planinsolvenz, die Schlecker anstrebt, ist ein Spezialfall des Insolvenzverfahrens. Ziel ist der Insolvenzordnung (InsO) zufolge der Erhalt des Unternehmens. Damit unterscheidet sich die Planinsolvenz von der "normalen" Pleite, bei der Unternehmen oft zerschlagen oder einfach nur noch abgewickelt werden und die Gläubiger das restliche Vermögen erhalten.
Bei der Planinsolvenz oder strukturierten Insolvenz bleibt - abweichend vom Standard-Insolvenzverfahren - die alte Geschäftsführung im Amt, der bestellte Insolvenzverwalter tritt nur beratend auf. Die Planinsolvenz wird in der Regel von einem Sanierer begleitet, der zusammen mit der Unternehmensführung vor der Antragstellung den Insolvenzplan ausarbeitet. Über den zusammen mit dem Insolvenzantrag beim Amtsgericht eingereichten Plan entscheiden dann die Gläubiger.
Erhalt statt Zerschlagung
Wenn es eine Perspektive für den Fortbestand des Unternehmens gibt, soll es den Verfahrensbeteiligten durch diesen Plan ermöglicht werden, im Insolvenzverfahren ganz oder teilweise von der Insolvenzordnung abzuweichen. Der Plan soll vor allen Dingen ermöglichen, zumindest überlebensfähige Unternehmensteile zu erhalten, statt das Unternehmen zu zerschlagen.