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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stolperfalle Darum wird das Wohnen mit einer Indexmiete schnell teurer
In vielen Städten ist der Wohnraum knapp: Manche Vermieter nutzen das, um mit Indexmieten den Mietspiegel zu umgehen. t-online erklärt, was das ist.
Lange Schlangen bei der Wohnungsbesichtigung, Premium-Zugänge zu Immobilienportalen, persönliches Anschreiben an den Eigentümer – Wohnraum ist in den deutschen Großstädten heiß begehrt. Potenzielle Mieter bedienen sich daher vieler Tricks, um an eine begehrte Wohnung zu kommen.
Wenn es endlich zur Vertragsunterzeichnung kommt, haben die meisten Mieter bei den Bedingungen kaum Spielraum. Manche Vermieter nutzen die hohe Nachfrage, um sogenannte Indexmietverträge zu vereinbaren. Für den Mieter kann das auf Dauer teuer werden.
Was ist eine Indexmiete?
Bei einer Indexmiete steigert sich die Miete jedes Jahr. Ausschlaggebend dafür ist der Verbraucherpreisindex (VPI) des Statischen Bundesamtes. Dieser gibt an, um wie viel Prozent die Lebenshaltungskosten gestiegen sind.
Der Index berechnet sich etwa aus den Kosten für Lebensmittel, Kleidung, Dienstleistungen und den Energiepreisen. Werden Benzin, Gas, Heizöl und Strom teurer, schlägt das bei Mietern mit Indexmietvertrag doppelt zu Buche. Kurz gesagt: Steigt die Inflation, wird auch die Wohnung teurer.
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Die aktuelle Preisbasis für den Index ist das Jahr 2015, bis 2019 war die Preisbasis das Jahr 2010, sagen Experten des Immobilienportal Immoscout 24 auf Anfrage von t-online.
Das heißt: Ihr Vermieter muss die Mietanpassungen mit den Indexsteigerungen im Vergleich zum Basisjahr 2015 begründen und nicht mehr mit dem Jahr 2010. Nutzt er die Preissteigerungen seit dem Jahr 2010, um seine Mieterhöhung zu begründen, ist diese unzulässig.
Der Basispreis ändert sich alle fünf Jahre und ist auf der Seite des Statistischen Bundesamt einsehbar, Mieter können diesen also auch selbstständig überprüfen. Die Indexsteigerungen, also die Preissteigerungen für die Produkte im Preisindex, werden dabei in Prozent angegeben.
Der Vermieter muss in dem Mietvertrag nicht das Basisjahr, auf den sich der Verbraucherpreisindex stützt, nennen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Mai 2021 festgestellt (AZ: VIII ZR 42/20).
Punkteklausel:
Bei älteren Verträgen gibt es oft noch die sogenannte Punkteklausel. Bei dieser gibt es keine Bindung an die Preisbasis und die prozentuale Veränderung, vielmehr können Vermieter die Veränderungen von Indexreihen hier unabhängig festlegen. Auch hier muss eine Mietanpassung aber zwingend schriftlich stattfinden.
Wie wird die Indexmiete berechnet?
Bei der Indexmiete muss der Vermieter die Mieterhöhung schriftlich einreichen. Dabei muss er die Änderung des Preisindexes und den neuen Mietbetrag nennen. Die neue Miete errechnet sich dabei wie folgt:
(Neuer Indexstand : Alter Indexstand x 100) - 100 = prozentuale Mieterhöhung
- Beispiel: Paul und Paula zahlen für ihre Zweizimmerwohnung in Hamburg-Eppendorf 1.000 Euro und haben einen Indexmietvertrag. Im April 2020 gab das Statistische Bundesamt den neuen Verbraucherpreisindex (VPI) für das Jahr 2019 bekannt. Ihr Vermieter sendete ihnen anschließend die Mietanpassung nach dem neuen Verbraucherindex zu. 2019 lag der VPI bei 105,3, im Jahr 2018 lag er bei 103,8. Der prozentuale Mietanstieg von Paul und Paula berechnet sich daher wie folgt: (105,3 : 103,8 x 100) - 100 = 1,4
Der Vermieter konnte die Miete also um 1,4 Prozent erhöhen, die neue Miete von Paul und Paula betrug anschließend 1.014 Euro. Die daraus resultierende Mieterhöhung tritt aber nicht sofort in Kraft – erst zum übernächsten Monat müssen Paul und Paula die höhere Miete bezahlen.
Wer nicht selbst rechnen möchte, kann sich auch beim Statistische Bundesamt bedienen. Dieses gibt neben dem aktualisierten Verbraucherindex auch die prozentualen Veränderungen zum Vorjahr an.
Was sind die Vorteile eines Indexmietvertrags?
Der Mieter kann die Mietanpassungen nachvollziehen. Die Daten des Statistischen Bundesamtes kann jeder Mieter öffentlich einsehen und damit überprüfen, ob die Erhöhung rechtens ist.
Ein weiterer Pluspunkt aus Mieterperspektive: Eine zusätzliche Mieterhöhung ist nicht erlaubt. Der Vermieter darf also in den Vertrag keine Klausel einbringen, nach der die Mieter immer zwei Prozent mehr als im VPI angegeben bezahlen müssten. Auch ein anderer Index – etwa Gold oder Öl – ist laut Gesetz nicht zulässig.
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Auch auf Renovierungs- oder Sanierungskosten bleibt der Vermieter bei einem Indexmietvertrag in der Regel sitzen, an den Mieter weiterreichen kann er sie nicht. Eine Ausnahme bilden hier nur Maßnahmen, die der Vermieter nicht selbst verschuldet hat, etwa Anordnungen zum Denkmalschutz. Zudem darf die Miete nur einmal im Jahr erhöht werden.
Was sind die Nachteile einer Indexmiete?
Bei einer Neuvermietung lässt sich der Mietspiegel sehr leicht umgehen – was gut für den Vermieter, aber schlecht für den Mieter ist. So darf die Anfangsmiete deutlich über der Vergleichsmiete im Umfeld liegen.
Um bei dem Beispiel von Paul und Paula zu bleiben: Während das Pärchen, das neu nach Hamburg-Eppendorf zieht, für seine 60 Quadratmeterwohnung 1.000 Euro Miete monatlich bezahlt, müssen ihre Freunde laut Mietspiegel für dieselbe Größe nur 908 Euro einplanen. Paul und Paula zahlen also deutlich mehr als die meisten ihrer Nachbarn – und ihre Miete erhöht sich jedes Jahr.
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Für den Vermieter ist die Indexmiete dagegen äußerst praktisch, da Mieterhöhungen schnell und vor allem planbar möglich sind. Während ein Vermieter bei einem regulären Mietvertrag drei Vergleichsmieten vorlegen muss, um die Miete auf das Niveau der Vergleichsmiete in der Nachbarschaft anzuheben, reicht bei der Indexmiete der VPI.
Theoretisch kann die Miete bei einer Indexmiete auch sinken. Dafür müssten die alltäglichen Lebenskosten sinken – das war aber seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall.
Wie unterscheiden sich Indexmieten von Staffelmieten?
Bei Staffelmieten werden im Mietvertrag von Beginn an gesteigerte Mietpreise festlegt. Auch das Datum, zu dem die Erhöhungen eintreten, wird vertraglich festgesetzt. Im Gegensatz zur Indexmiete orientiert sich die Mieterhöhung nicht an der Realwirtschaft.
Zudem muss der Vermieter bei einer Staffelmiete die Mieterhöhung nicht schriftlich ankündigen, diese erhöht sich automatisch in den festgeschriebenen Abständen. Möglich ist hier maximal eine jährliche Mieterhöhung, genauso wie beim Indexmietvertrag. Lesen Sie hier, wann Mieterhöhungen nicht zulässig sind.
Bei der Staffelmiete ist der Vermieter ebenfalls nicht an örtliche Vergleichsmieten gebunden – die periodischen Mieterhöhungen dürfen die Vergleichsmieten übersteigen.
Ähnlich wie beim Indexmietvertrag bietet der Staffelmietvertrag eine gewisse Planungssicherheit für den Mieter. Zusätzliche Mieterhöhungen, die nicht im Vertrag stehen, darf der Vermieter nicht erheben. Mehr zur Staffelmiete lesen Sie hier.
Zählt die Mietpreisbremse auch bei Indexmieten?
Nein, die Bundesregierung hat Indexmieten vom Mietendeckel ausgenommen. Ziel des Mietendeckel ist es, dass die Miete beim Abschluss eines Mietvertrags maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Bei Neuvermietungen müssen auch Indexmietverträge diese Grenzen einhalten, sie können aber im Laufe der Mietzeit die Mitpreisbremse übersteigen.
Da Mieter bei einem Indexmietvertrag von Mieterhöhungen abseits der prozentualen Steigerung der VPI geschützt sind, sah die Bundesregierung bei Indexmieten keinen Grund für eine weitere Regulierung. Von der Mietpreisbremse sind zudem Neubauten und umfassend sanierte Wohnungen ausgenommen.
Die Gebiete, in denen die Mietpreisbremse gilt, können die Bundesländer selbst ausschreiben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Mietpreisbremse 2019 bestätigt.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Interessenvertretung Mieterschutz
- Bundesamt für Statistik: Verbraucherpreisindex
- Berliner Mieterverein
- Haufe: Mietpreisbremse
- Internetseite: Deutsches Mietrecht
- Süddeutsche Zeitung: Deckel drauf und gut?
- Stadt Hamburg: Mietenspiegel
- Haus und Grund: Indexmiete - Was muss in den Vertrag?
- Deutsche Handwerkszeitung: Alles, was Sie zur Mietpreisbremse wissen müssen