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Bundestagswahl 2021: Das muss der nächste Kanzler für die Wirtschaft mitbringen


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Ein Plan für Deutschland
Wer das verwechselt, erleidet Schiffbruch

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 31.08.2021Lesedauer: 3 Min.
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"Sie legen der Industrie Fesseln an": Die drei Kanzlerkandidaten haben sich in einem ersten Triell kontroverse Debatten um die Klimapolitik, Afghanistan und das Verhältnis zur Linkspartei geliefert. (Quelle: reuters)

Wie halten es die Anwärter auf das Kanzleramt mit der Wirtschaftsordnung? Die Antworten sind vage. Doch bei der Wahl wird auch über die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft abgestimmt.

Armin Laschet spricht beim Kanzlerkandidaten-Triell am Sonntagabend von Tüftlern und Erfindern und seufzt dann: "Wir waren doch mal stark in so etwas." Olaf Scholz von der SPD und Annalena Baerbock von den Grünen finden das irgendwie niedlich. Sie wollen sich auf die Tüftler nicht verlassen, sondern den Umbau der Wirtschaft auf CO2-neutrale Produktion lieber mit starker Hand steuern. Damit befinden sie sich in schönem Einklang mit der Mehrheit der Deutschen.

Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, muss die künftige Bundesregierung klare Rahmenbedingungen setzen. Doch soll sie auch in die Einzelheiten hinein regieren? Besser nicht.

Denn wenn Politiker besser als Unternehmer, Forscher, Ingenieure und Mitarbeiter von Firmen wissen wollen, wie es gehen soll, geht die Sache meistens schief. Darauf hat Laschet hingewiesen. Dafür wurde er bemitleidet.

Wir dürfen Verantwortlichkeiten nicht verwechseln

Die soziale Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsordnung, bei der es auf das Unternehmertum und auf Eigentum ankommt. Nur wenn Unternehmen entscheiden, wirtschaften und Gewinne machen können, funktioniert auch der Rest, nur dann wird auch der soziale Ausgleich möglich. Nur dann kann der Klimawandel im Land bewältigt werden, ohne dass die Bürger massive Wohlstandsverluste hinnehmen müssen.

Klar: Die Erfinder und Tüftler werden es alleine nicht richten. Doch auch der künftige Kanzler oder die Kanzlerin werden den Strukturwandel nicht selbst stemmen können. Dazu braucht es eine vernünftige Arbeitsteilung, bei der jede sich auf das konzentriert, was sie kann. Die Politik ist für die Rahmenbedingungen verantwortlich. Die Unternehmen sind für die Umsetzung zuständig. Wer das verwechselt, erleidet Schiffbruch.

Die Gefahr, dass das passiert, ist ziemlich groß. Denn die Deutschen schätzen die soziale Marktwirtschaft zwar wie nie zuvor. Das Meinungsforschungsinstitut Allensbach und der Gemeinschaftsausschuss der deutschen Wirtschaft haben eine Umfrage gemacht, wonach mehr als 56 Prozent der Deutschen die Wirtschaftsordnung klasse finden. Doch ähnlich wie Baerbock und Scholz verstehen viele nicht, was das heißt: Unternehmensgewinne und Eigentum sind kein Hindernis auf dem Weg zur klimaneutralen Ökonomie. Sie sind die Voraussetzung dafür.

Geld muss erst einmal erwirtschaftet werden, bevor es verteilt werden kann.

  • Erstens, im Fall von Marktwirtschaft und Klimawandel heißt das: Der Staat kann und muss dafür sorgen, dass die Klimaziele erreicht werden. Doch er darf den Unternehmen weder die Technologie vorschreiben, die sie anwenden sollen, noch darf er Steuern so hochschrauben, dass für Investitionen nichts übrig bleibt. Das beste Mittel dafür ist der Preis: Wenn jede Tonne Kohlendioxid, die ausgestoßen werden darf, einen marktgerechten Preis hätte – und wenn die Politiker verbindliche Klimaziele für die Bereiche Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Wohnen festlegten – wären Firmen und Verbraucher frei, über den Weg, die Produktionsweisen und Verkehrsmittel zu entscheiden, die dafür tauglich sind.
  • Zweitens, in der Sozialpolitik bedeutet es: Die Politiker sollen dafür sorgen, dass ihre Bürger möglichst erfolgreich arbeiten, sodass sie genügend Geld für die Familie und das Alter zurücklegen können. Auch Arbeitnehmer müssen Eigentum bilden können. Ein gutes Ausbildungs- und Schulsystem sorgen dafür, erfolgreiche Arbeitgeber, vernünftige Weiterbildungsangebote. Sozialleistungen sind das Arbeitsergebnis einer erfolgreichen demokratischen Gesellschaft, nicht ihre Bedingung.
  • Drittens, auch für die Steuerpolitik hat die Marktwirtschaft Antworten: Niedrige und gerechte Steuersätze helfen allen, hohe Sätze und komplizierte Ausnahmebedingungen belasten vor allem die mittleren Einkommensbezieher und entlasten diejenigen, die sich einen Steuerberater leisten können. Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat schon recht, wenn er feststellt, dass einer wie er keine Steuerermäßigung braucht. Doch darum geht es gar nicht: Es geht um eine Unternehmensbesteuerung, die die Unternehmen nicht aus dem Land treibt, sondern sie zum Investieren und Forschen motiviert.

Natürlich kann man daraus Motive für einen Klassenkampf entwickeln. Man kann auch nachsichtig lächeln, wenn ein ungeschickter Konkurrent sich verhaspelt. Recht hat er trotzdem, wenn er auf die Erfolgsgeschichte der sozialen Marktwirtschaft hinweist. Denn sein wehmütiger Satz "Wir waren doch mal stark in so was" endet mit der richtigen Mahnung: "Wir waren doch nicht stark in Ministern, die schöne Verbote schrieben."

Das sollten sich alle hinter die Ohren schreiben, die im Herbst Kanzler- oder Kanzlerin werden wollen.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neuer Bestseller heißt: Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche. Sie können es jetzt bestellen.

Anm. d. Red.: In einer früheren Version der Kolumne hieß es zunächst, dass "Baerbock und Laschet" die deutsche Wirtschaftsordnung nicht verstanden hätten statt "Baerbock und Scholz". Diesen Fehler haben wir im Nachhinein korrigiert.

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