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Pflegeheim-Kosten: Jens Spahn verspricht, was er nicht halten kann


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Reform der Pflege
Geringere Pflegekosten: Spahn verspricht, was er nicht halten kann

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 06.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Jens Spahn mit Mund-Nasen-Maske (Symbolbild): Der Gesundheitsminister schlägt vor, den Eigenanteil der Pflegekosten auf 700 Euro zu beschränken.Vergrößern des Bildes
Jens Spahn mit Mund-Nasen-Maske (Symbolbild): Der Gesundheitsminister schlägt vor, den Eigenanteil der Pflegekosten auf 700 Euro zu beschränken. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Gesundheitsminister Jens Spahn will die Kosten für Heimbewohner und Angehörige deckeln, und die Gehälter der Pflegekräfte erhöhen. Das kann nicht gut gehen.

Die Ansage ist zu großartig, als dass man dazu einfach "Ja, super!" sagen könnte: Niemand soll in Deutschland künftig mehr Angst haben müssen, seine Pflege im Alter nicht bezahlen zu können. Niemand soll bei seinen Kindern betteln, damit das Bett im Seniorenheim bezahlt werden kann. Keine Ehefrau, kein Sohn, keine Tochter soll zuhause pflegen, nur weil das Geld für die Pflegestation nicht reicht. Der Staat könnte den Bürgern diese Sorge abnehmen, schlägt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor.

Für viele Bewohner von Heimen und für ihre Angehörigen ist das eine Nachricht, auf die sie sehnsüchtig warten. Doch sie werden enttäuscht werden.

Pflegekosten: Eigenanteil ist rapide gestiegen

Die Eigenleistung, die Heimbewohner für die Pflege bezahlen müssen, ist in den vergangenen Jahren dramatisch teurer geworden: von durchschnittlich 593 Euro pro Monat im Jahr 2018, auf 786 Euro in diesem Jahr. Dazu kommen die Kosten für Miete, Verpflegung und Instandhaltung des Hauses, sodass am Ende pro Person und Monat heute durchschnittlich gute 2.000 Euro fällig werden.

Diese rapiden Steigerungen haben viele schon an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht, ein Ende ist nicht in Sicht. Wenn nämlich die Mitarbeiter in der Altenpflege künftig deutlich besser bezahlt werden, wie das die Gewerkschaften wollen – Motto: "Klatschen reicht nicht" –, aber auch die Sozialpolitiker der Bundesregierung, wirkt sich das vor allem auf den Eigenanteil aus. Und das ausgerechnet im Wahljahr 2021.


Das soll der Pflegedeckel verhindern. Wahltaktisch ist das klug gedacht. Leider aber wird es nicht funktionieren. Denn die CDU hat sich für den Wahlkampf bereits auf Steuersenkungen, Sozialversicherungskosten in Höhe von maximal 40 Prozent des Lohns, und auf die Wiedereinführung der Schuldenbremse festgelegt. Woher die sechs zusätzlichen Milliarden Euro für Spahns Pläne kommen sollen, ist völlig ungewiss.

Das steckt hinter Spahns Pflege-Vorstoß

Klar: Im kommenden Jahr wird der Bundestag gewählt, schon im Dezember will die CDU die Weichen stellen, mit wem sie antreten wird. Spahn ist an beiden Terminen lebhaft interessiert: Er will in der neuen Regierung an führender Position mitspielen, und gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet kandidiert er für ein Spitzenamt in der CDU.

Für die Bundestagswahl braucht er die Stimmen der Alten. Und wer die CDU führen will, sollte sich gut mit den Sozialausschüssen der Partei verstehen. Es ist ziemlich offensichtlich, warum Spahn auf die Idee mit der Pflegebeihilfe gekommen ist.

Dumm nur, dass er fast dieselbe Idee vor einem Jahr geradezu abwegig fand, damals kam sie allerdings von der SPD. Man dürfe den Bürgern nicht alles versprechen, aber nicht sagen, wie die Sache finanziert werden soll, wetterte er. Heute sieht er das anders – und riskiert damit nicht nur seine eigene Glaubwürdigkeit.


Auch das Profil der CDU als Partei der Sozialen Marktwirtschaft wird zur Unkenntlichkeit verwässert: Auch reiche und wohlhabende Senioren sollen von diesem Geschenk profitieren, das am Ende von den Jüngeren finanziert werden muss.

Vor einem Jahr hatte Spahn noch ganz andere Sorgen

"Was für ein Bild haben wir als Politiker von den Bürgern?", grübelte Spahn noch vor einem Jahr gemeinsam mit seinem Parteifreund, dem Mittelstandspolitiker Carsten Linnemann in einem Aufsatz für den "Focus". "Erst nehmen wir den Bürgern große Teile ihres Einkommens weg. Dann geben wir das Geld über vielfältige Leistungen, Prämien und Subventionen wieder zurück." Um dann besorgt anzumerken: "Deutschland gibt heute rund eine Billion Euro für Sozialleistungen aus. Diese Summe geht an die Grenzen der Vorstellungskraft." Mehr sei undenkbar.

Es folgte ein Plädoyer für eine Marktwirtschaft, in der die Menschen zuerst für sich selbst haften, bevor sie die Hilfe anderer in Anspruch nehmen sollen. "Wenn wir unsere Leistungsfähigkeit, unseren Wohlstand und unseren Sozialstaat langfristig erhalten wollen, müssen die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft wieder konsequent angewandt werden," hieß es am Ende.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast .

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