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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.5G-Ausbau mit Huawei Die Lebensversicherung für die deutsche Industrie
Die Bundesregierung will den chinesischen Telekom-Ausrüster offenbar für den Ausbau des deutschen 5-G-Netzes zulassen. Zu Recht.
Ganz genau weiß man es noch nicht. Doch offensichtlich will die Bundesregierung auch den chinesischen Netzausrüster Huawei für den Ausbau des deutschen 5-G-Mobilfunkmarkt zulassen. Ist das sträflicher Leichtsinn, wie der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid dem "Handelsblatt" sagte? Ist es naiv, wie man in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion grummelt? Wahrscheinlich nicht. Die Bundesregierung besinnt sich nur darauf, dass offene Märkte die Lebensversicherung für die deutsche Industrie sind.
Andere Staaten schotten China ab
Offenheit aber geht nur dann, wenn sie in beide Richtungen funktioniert. Die USA und Australien hatten den chinesischen Giganten für ihre 5-G-Märkt gesperrt. Diese Länder fürchten, dass China sich in die Tiefen der Telekommunikations- und Datenmärkte westlicher Demokratien einschleichen könnte. Sie werfen Huawei vor, im Auftrag der chinesischen Regierung versteckte Hintertüren in die Software einzubauen, um am Ende spionieren oder sogar Regierungen erpressen zu können. Wenn US-Unternehmen mit Huawei zusammenarbeiten wollen, müssen sie das unter strenger staatlicher Aufsicht tun.
Wem gehört Huawei?
Diese Sorge ist begründet. China ist nicht gerade zimperlich, wenn es um die Verteidigung der eigenen Interessen, um Industriespionage oder das Kopieren geistigen Eigentums geht. Außerdem weiß man nicht einmal, wem Huawei, der zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt, eigentlich gehört. Das Unternehmen sagt zwar, die Mitarbeiter seien die Eigentümer. Ob das aber stimmt oder die Firma am Ende doch direkt vom chinesischen Staat gesteuert wird, weiß niemand. Sicher ist aber, dass Chinas Regierung Einfluss aus das Unternehmen ausüben kann, wenn sie will.
Das 5-G-Netz wird weltweit gerade erst mit Milliardenaufwand ausgebaut. Es wird zur kritischen Infrastruktur des Landes gehören. In diesem Netz werden nämlich weniger Telefongeräte und mobiles Internetsurfen eine Rolle spielen. Wichtiger sind beispielsweise der Datenaustausch beim autonomen Fahren, die Kommunikation von mobilen Industrieanlagen oder die dezentrale Steuerung des Energienetzes. Die Sicherheit dieses Netzes ist entscheidend. Deshalb spielt die Frage, wer die Software und die Geräte für den Ausbau liefern darf, eine überragende Rolle.
Unbestritten ist, dass Huawei die zur Zeit beste Technik am schnellsten liefern kann. Das Unternehmen ist der Marktführer. Die nächstgrößeren Anbieter, Nokia und Ericsson, kommen aus Europa. Aus den USA bewirbt sich Cisco um Aufträge zum Aufbau des modernen Netzes, außerdem sind noch ein paar Unternehmen am Start, die das 5-G-Geschäft gerade erst entwickeln.
Die Bundesregierung ist nicht wehrlos
Die deutsche Bundesregierung ist den wenigen Anbietern nicht wehrlos ausgeliefert. Sie kann die Sicherheitsbedingungen für das Netz festlegen. Sie hätte es beispielsweise selbst in der Hand, die Konzerne zur Offenlegung ihrer Software zu zwingen, oder – wie das Huawei vor wenigen Tagen in den USA angeboten hat – die Betriebssysteme durch europäische Unternehmen so verändern zu lassen, dass sie den deutschen Sicherheitsanforderungen genügt.
Die deutsche Regierung könnte, wie die britische, Konzerne wie Huawei von Kernbereichen des neuen Netzes fernhalten. Oder die Bundesregierung könnte den Marktanteil einzelner Ausrüster auf dem deutschen Markt begrenzen. Das würde dann zwar ebenso die europäischen Anbieter treffen, wäre aber vielleicht die beste Rückversicherung gegen eine mögliche Erpressung.
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Es ist richtig, den Markt so offen wie möglich zu halten. Europa stemmt sich zu Recht gegen den zur Zeit zwischen den USA und China grassierenden Protektionismus. Auch der Huawei-Bann könnte schließlich so gesehen werden: Indem Sicherheitsbedenken vorgeschoben würden, wollten die USA einen unliebsamen Wettbewerber kleinhalten und Europa auch im Handelskrieg gegen China an ihre Seite zwingen. Die Europäische Kommission hat sich diesem Druck widersetzt und ebenfalls darauf verzichtet, einen ausdrücklichen Huawei-Bann auszusprechen. Das ist ein gutes Signal für Freihandel und für offene Märkte – trotz aller berechtigter Bedenken.