Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Lukrative Verträge mit der US-Regierung Ist dieses Unternehmen das neue Nvidia?

Der Softwarekonzern Palantir profitierte stark von Aufträgen der neuen US-Regierung, wurde schon mit dem sehr erfolgreichen Chiphersteller Nvidia verglichen. Doch nun will Trump sparen.
Palantir ist ein Software-Unternehmen, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) für andere Unternehmen, aber auch staatliche Einrichtungen Daten erfasst, zusammenführt und analysiert. Unter anderem lassen sich so Geschäftsmodelle optimieren und Kosten einsparen. Doch auch Sicherheitsbehörden wie das Pentagon, Geheimdienste wie die CIA und das US-Militär zählen zu den Kunden. Diese wiederum können auf die anderswo gesammelten Daten zugreifen.
Das Geschäftsmodell ist umstritten: Einerseits lassen sich so Verbrechen bekämpfen, Anschläge verhindern, Spionagenetzwerke identifizieren, Drogenkartelle heben, militärische Einsätze planen. Doch andererseits steht hinter dem Datenschutz ein dickes Fragezeichen. Im zivilen Bereich wird Palantir vorgeworfen, die Bürger gläsern zu machen, weil seine Software enorm viel über jeden herausfinden kann. Zudem lautet der Vorwurf, dass Palantir mit seiner Software in Kriegen zum Töten beitrage, etwa in der Ukraine.
Lukrative Verträge
Die Verträge zwischen Palantir und seinen Kunden laufen meist auf Jahre und sind lukrativ. Entsprechend erfolgreich ist das Geschäft. Anfang Februar meldete das Unternehmen für das vergangene Geschäftsjahr ein Umsatzplus von 29 Prozent. Dieser stieg auf 2,87 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn hat sich auf 462 Millionen US-Dollar mehr als verdoppelt. Und als dann noch der Ausblick kam – fast eine Milliarde mehr Umsatz ist geplant – kannte die Börse kein Halten mehr: Die Aktie, die an der US-Börse Nasdaq gelistet ist, sprang sofort um mehr als 20 Prozent auf mehr als 100 US-Dollar.

Zur Person
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.
Nach 20 Jahren der erste Gewinn
Das war nicht immer so: Obwohl schon gut 20 Jahre alt, machte das Unternehmen erstmals überhaupt im vierten Quartal 2022 einen Gewinn. Bis dahin arbeitete es an seiner Software. Es hat nach eigenen Angaben alles selbst entwickelt. Weil das gedauert hat, haben viele Kapitalgeber die Geduld verloren. Entsprechend mau war die Kursentwicklung. Jahrelang passierte wenig.
Nach dem Börsengang im Herbst 2020 ging es erst einmal ziemlich lange abwärts. Im Jahr 2022 war der Kurs einstellig. Die Durststrecke hielt bis zum Frühjahr 2023 an. Dann nahm das Ganze wieder Fahrt auf. Erst gemächlich, dann unfassbar schnell. Es war einer der "Trump-Trades" schlechthin: Investoren kauften die Aktie in Erwartung eines Wahlsieges von Donald Trump. Bei 125 US-Dollar war Mitte Februar dann aber abrupt Schluss.
Weniger Behördenaufträge?
Die Sorge kam auf, dass Palantir weniger Aufträge der US-Regierung bekommen würde als bisher, zumal das Verteidigungsministerium angeblich rund acht Prozent seiner Ausgaben reduzieren soll. Im öffentlichen Sektor sollen nach Anordnung des US-Präsidenten Milliarden eingespart werden. Die eigens dafür gegründete Doge-Behörde (Department of Government Efficiency) wird von Tech-Milliardär Elon Musk geführt.
Würde das alles so umgesetzt, könnte es die Wachstumsaussichten von Palantir schmälern: 40 Prozent der Einnahmen stammen derzeit aus Regierungsaufträgen. Dagegen könnten die von Trump ausgerufenen Zölle Palantir in die Hände spielen: Unternehmen könnten mehr Daten nachfragen, um ihre Kosten in den Griff zu bekommen oder um sich neu aufzustellen. Zugleich könnte Palantirs Software auch hilfreich sein, Musk und die Doge-Behörde bei der Suche nach Sparmöglichkeiten zu unterstützen.
Außerdem soll Palantir-Unternehmensgründer Alexander Karp gute Kontakte zu Elon Musk pflegen. Von ihm erhofft sich Palantir weitere Aufträge. Zudem gilt Musk als Freund von Palantir-Mitgründer Peter Thiel.
Gründer noch überzeugt?
Aber ist der wirklich noch von Palantir überzeugt? Im vergangenen Herbst hatte Thiel Palantir-Aktien im Wert von einer Milliarde US-Dollar verkauft. Mitgründer Alexander Karp will in diesem Jahr fast zehn Millionen Papiere abstoßen. Das meldete er an die Börsenaufsicht SEC. Schon im Februar verkaufte er fast eine halbe Million Aktien. Keine zwei Wochen, nachdem er die Jahreszahlen und den fulminanten Ausblick gemeldet hatte.
Nun kann man sagen, das ist der Lohn für jahrelange Arbeit. Und das ist richtig. Aber wer verkauft genau dann, wenn er eine "Revolution" vermeldet und alles toll ist? Immerhin hat die Investorin Cathie Wood, die nach eigenen Aussagen "disruptive Anlagemöglichkeiten" verfolgt, in dieser Woche bekannt gegeben, 150.000 Palantir-Aktien gekauft zu haben.
Vergleich mit Nvidia? Weit hergeholt
Inzwischen ist die Aktie von Palantir wieder rund 80 US-Dollar teuer. Um das mal einzuordnen: Das entspricht einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 384: Die Börse preist also im aktuellen Kurs Gewinne der kommenden 384 Jahre ein – das ist extrem hoch bewertet.
Der Chiphersteller Nvidia hat auf der anderen Seite in den vergangenen fünf Jahren eine Rally von 2.000 Prozent hingelegt. In der Spitze noch mehr. Das Unternehmen macht pro Jahr 130 Milliarden US-Dollar Umsatz weltweit und erzielte einen Nettogewinn von 22 Milliarden US-Dollar. Der Börsenwert liegt bei knapp drei Billionen US-Dollar statt bei 220 Millionen. Man muss nicht besonders gut rechnen können, um zu sehen: Zwischen Nvidia und Palantir liegen Welten.
Fazit: Nach langer Durststrecke hat Palantir abgeliefert. Das Unternehmen ist stark von Regierungsaufträgen abhängig, hat aber inzwischen eine solide Basis mit seiner eigenen Software und unglaublich viele Kunden. Dennoch: Das Image hat gelitten. Und so sind gut 80 Prozent der Analysten derzeit skeptisch. Zwei Drittel davon stufen die Palantir-Aktie auf "halten" ein, der Rest auf "verkaufen".
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