Nach der Wahl Steht der Dax vor einer Trendwende?
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Die Bundestagswahl ist gelaufen, doch was bedeutet das Ergebnis für den deutschen Aktienmarkt? Die Unsicherheit ist groß, und einige Experten warnen vor unruhigen Zeiten auf dem Börsenparkett.
Die internationalen Börsen schwanken, geopolitische Spannungen nehmen zu, und die deutsche Wirtschaft kämpft mit anhaltenden Herausforderungen. Nun rückt die Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl in den Fokus der Anleger. Wie wird sich die neue Regierung auf den Dax auswirken? Droht eine Korrektur, oder setzt sich der Aufwärtstrend fort?
Politische Börsen und ihre Auswirkungen auf den Dax
Haben politische Ereignisse langfristige Auswirkungen auf die Börse, oder bleibt der Markt davon unbeeindruckt? Die alte Börsenweisheit "Politische Börsen haben kurze Beine" suggeriert, dass Wahlergebnisse oft nur kurzfristige Turbulenzen auslösen. Doch im Fall der Bundestagswahl 2025 könnte das anders sein.
Die Zusammensetzung der neuen Regierung wird maßgeblich die zukünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik bestimmen, was direkte Auswirkungen auf die im Dax gelisteten Unternehmen haben kann. "Die politische Ausrichtung der Regierung beeinflusst Rahmenbedingungen wie Steuern, Investitionen und Regulierungen, die für Unternehmen von zentraler Bedeutung sind", erklärt Simon Keller, Analyst bei Hauck Aufhäuser Lampe.
Die Regierungsbildung dürfte sich jedoch schwierig gestalten, und die politische Unsicherheit könnte die Märkte zumindest so lange belasten, bis die neue Koalition feststeht. Besonders die Diskussion um eine Reform der Schuldenbremse wird kritisch beäugt – eine Lockerung könnte neue Impulse bringen, während eine strikte Einhaltung staatliche Investitionen hemmen könnte.
Begrenzte Handlungsspielräume nach der Wahl
Deutschland könnte nach Einschätzung der Berenberg Bank nach dem Wahlsieg der Union eine Phase politischer Unsicherheit beenden. Allerdings dürfte der fiskalische Spielraum der neuen Regierung begrenzt bleiben, schrieb Chefvolkswirt Holger Schmieding in einer am Montag veröffentlichten Analyse. Denn: Ein Ende der Schuldenbremse werde angesichts der Sitzverteilung im neuen Bundestag schwierig.
Nach Einschätzung von Schmieding wird eine Regierung unter Führung von Friedrich Merz mit einer möglichen Zweiparteienkoalition aus CDU/CSU und SPD wachstumsfördernde Reformen durchführen. Demnach dürfte sich die Regulierungs- und Steuerlast für Unternehmen etwas verringern. Zudem seien Änderungen in der Einwanderungspolitik zu erwarten sowie eine Energiepolitik, die auf niedrigere Kosten abzielen werde.
Die absehbare Neuauflage der Großen Koalition spreche laut Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhäuser Lampe, nicht für eine beherzte Wirtschaftswende. Auch komme das Vertrauen in die Politik nicht deshalb zurück, weil ein "Teil der Pferde gewechselt" werde. "Mehr Marktkräfte, weniger staatliche Interventionen und eine wachstumsfreundliche Klimapolitik sind jetzt angezeigt". Krüger befürchtet, dass die künftige Koalition wegen des maroden Kapitalstocks und fehlender Arbeitskräfte vieles aber nur soft durchsetzen könne.
Belastungsfaktoren: Konjunktur, Bewertungen und Inflation
Neben der Wahl gibt es weitere Risiken für den deutschen Leitindex. Die Konjunkturentwicklung in Deutschland bleibt fragil. Das Ifo-Geschäftsklima zeigt eine leichte Verbesserung, bleibt aber auf niedrigem Niveau. Die Teuerungsrate verharrt bei 2,3 Prozent, was die EZB vor ein Dilemma stellt: Weiter lockern oder den Zinssenkungskurs pausieren?
Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte laut dem französischen Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau ihren Einlagensatz bis zum Sommer unter das aktuelle Niveau von 2,75 Prozent senken. "Vom heutigen Standpunkt aus gesehen könnten wir im kommenden Sommer bei zwei Prozent liegen", sagte das EZB-Ratsmitglied dem Magazin "Alternatives Economiques" in einem am Samstag veröffentlichten Interview. Villeroy bekräftigte darin auch die Position, dass eine Konsolidierung im europäischen Bankensektor die Institute auf globaler Ebene wettbewerbsfähiger machen könnte. Ob es dazu kommt, wird sich zeigen müssen.
Ob die Kurse deutscher und europäischer Unternehmen bis dahin weiter steigen werden wie bisher, erscheint fraglich. Die Bewertungen vieler Dax-Unternehmen sind bereits ambitioniert. Mit einem Plus des deutschen Leitindex von rund 12 Prozent seit Jahresbeginn könnte der Markt überhitzt sein. "Der Aufwärtstrend des Dax dürfte nach der Wahl an Schwung verlieren", prognostiziert Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Hinzu kommen Sorgen um die Weltwirtschaft: Eine schwächere Nachfrage aus China und zunehmende Unsicherheiten in den USA könnten die deutschen Exporte belasten.
USA beeinflussen Aktienmärkte
Die Rolle der USA ist ein Faktor, den Anleger nicht unterschätzen sollten. Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeichnen ein gemischtes Bild der weltweit größten Volkswirtschaft und könnten sowohl die US-Börsen als auch den deutschen Aktienmarkt beeinflussen.
Die Verbraucherstimmung in den USA sank im Februar zum zweiten Mal in Folge und erreichte den niedrigsten Stand seit November 2023. "Die Unternehmen berichten von einer weit verbreiteten Besorgnis über die Auswirkungen der US-Regierungspolitik", sagt Chris Williamson von S&P Global Market Intelligence. Hauptgründe dafür sind Sorgen über weitere Zölle gegen Handelspartner und damit verbundene steigende Inflationserwartungen.
Auch der amerikanische Immobilienmarkt zeigt erste Anzeichen von Schwäche. Die Verkäufe bestehender Eigenheime gingen im Januar unerwartet stark zurück. Hohe Finanzierungskosten und gestiegene Immobilienpreise erschweren vielen Käufern den Zugang zum Markt. Die Entwicklungen auf dem US-Immobilienmarkt sind nicht nur für die US-Wirtschaft, sondern für die gesamte Weltwirtschaft von großer Bedeutung.
Hinzu kommt die Unsicherheit um den Ukraine-Krieg. Sollte Trump tatsächlich eine schnelle Einigung mit Russland anstreben, könnte das die geopolitischen Risiken reduzieren – oder aber neue Spannungen innerhalb der Nato auslösen.
All diese Probleme schlugen sich am vergangenen Freitag in heftigen Kursverlusten nieder. Der Dow Jones verlor 1,69 Prozent und schloss bei 43.428 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 ging mit einem Minus von 1,71 Prozent aus dem Handel. Den größten Verlust verzeichnete der Technologieindex Nasdaq 100 mit minus 2,06 Prozent auf 21.614 Punkte.
Diversifikation in Krisenzeiten
Inmitten dieser Unsicherheiten stellt sich die Frage: Wie sollten Anleger handeln? Experten raten zu einer breiten Diversifikation und einem kühlen Kopf. "In Zeiten politischer Unsicherheit ist eine breite Streuung des Investments essenziell", empfiehlt Emmanuel Cau, Chefstratege bei Barclays.
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Geldpolitik der EZB und der US-Notenbank. Zinssenkungen könnten die Märkte stützen, während ein unerwarteter Kurswechsel Unruhe auslösen könnte. Zudem sollten Anleger auf Unternehmensberichte und Konjunkturdaten achten: Das Ifo-Geschäftsklima und die deutschen Inflationszahlen liefern wichtige Hinweise auf die wirtschaftliche Entwicklung.
Fazit: Die Bundestagswahl ist zwar nur ein Puzzleteil im großen Börsengeschehen. Während kurzfristige Schwankungen wahrscheinlich sind, bleiben langfristig fundamentale Faktoren wie Zinspolitik, Unternehmensgewinne und globale Handelsströme entscheidend. Ein kühler Kopf und eine durchdachte Diversifikation sind für Anleger jetzt wichtiger denn je.
- businessinsider.com: "A trio of economic doomed stocks to their worst day of 2025" (englisch)
- capital.com: "Was die Bundestagswahl für die Märkte bedeutet"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa