Steigende Preise Deutscher Strom geht offenbar gratis an Nachbarländer
Zum neuen Jahr gab es viel Bewegung an der Strombörse. Produzierter Strom musste sogar ins Ausland verschenkt werden. Dafür gibt es einen Grund.
Fast ein Viertel des Stroms ging zum neuen Jahr ins Ausland. Belgien, Dänemark und Österreich sind einige der Abnehmer von deutschem Strom, berichtete die "Bild". Grund dafür ist die hohe Leistung der 30.000 Windräder, die an Silvester im Dauerbetrieb liefen. Dank des stürmischen Wetters hat Deutschland viel mehr Strom produziert als verbraucht.
Das hatte einen Preissturz an der Börse zur Folge, jedoch nur für Industriekundinnen und -kunden sowie für Versorger im In- und Ausland. Stromerzeuger mussten Geld dafür zahlen, dass ihnen jemand die Energie abnahm.
Preise stiegen durchschnittlich um 60 Prozent
Zum neuen Jahr erhöhten laut "Bild"-Information mehr als 600 Versorger die Preise – um durchschnittlich 60 Prozent. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox verlangen Anbieter nun 44 Cent je Kilowattstunde (kWh) von ihren Neukundinnen und -kunden. "Das Angebot trifft auf sehr wenig Nachfrage", sagte Strompreis-Experte Henrik Sommer von der Technischen Universität Ilmenau der Zeitung. "Die Industrie steht still an den Feiertagen."
Für die Windanlagenbetreiber stellt der Preisabsturz kein Problem dar, denn sie werden von den Stromkunden entsprechend entschädigt, um die Netzstabilität aufrechtzuerhalten, beispielsweise wenn zu viel Strom produziert wird. Im Jahr 2021 erhielten sie so mehr als 800 Millionen Euro.
Strommärkte könnten sich 2023 beruhigen
"Wir erwarten, dass die Strompreise in diesem Jahr tendenziell fallen und sich gegen Ende 2023 stabilisieren, wenn auch nicht auf dem Niveau von 2021", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage der "Bild". "Das Bundeskartellamt prüft im Rahmen der Strompreisbremse, ob Preisanstiege tatsächlich durch höhere Beschaffungskosten oder Netzentgelte zu erklären sind."
Vom Bund der Energieverbraucher hagelt es Kritik an den Strom-Anbietern. "Sinkende Beschaffungskosten werden nicht an die Verbraucher weitergegeben", sagte Verbandschefin Leonora Holling zu "Bild". Hohe Preise sollten weiterhin kritisch hinterfragt werden. "Wir raten Verbrauchern, Widerspruch einzulegen", betonte Holling.
Der aktuelle Strompreis hat mit der Gegenwart jedoch gar nicht so viel zu tun. "Wir rechnen da Monate und Jahre im Voraus", sagte Martin Schreiber, Sprecher von TEAG, Thüringens größtem Energieunternehmen, zum MDR. "Der Strompreis, den unsere Kundschaft am 31. Dezember oder 1. Januar gezahlt hat, der wurde schon vor zwei bis drei Jahren eingekauft."
Somit soll dafür gesorgt werden, dass die Preise konstant sind und Ausreißer nach oben oder unten die Kunden nicht sofort treffen. Zur Folge hat es laut dem Experten aber auch, dass "bei negativen Preisen kein Geld aus dem Zähler kommt", erklärte Schreiber.