Börsen News Riskante Anlagegeschäfte kosten Kirche 20 Millionen Euro
Ein Finanzskandal in den eigenen Reihen kommt die Evangelische Kirche im Rheinland jetzt teuer zu stehen: Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern ermittelt derzeit gegen das Beihilfe- und Bezüge-Zentrum (bbz) in Bad Dürkheim, das sich auf Abrechnungen für Kirchenpersonal und Beihilfeberechnung spezialisiert hat. Ihm wird Kapitalanlagebetrug in Millionenhöhe vorgeworfen.
Riskante Geldanlage
Zinsausfälle bei zweifelhaften Anlagegeschäften haben das bbz in eine schwere Schieflage gebracht, jetzt muss die Landeskirche dafür geradestehen. Dazu nimmt die Evangelische Kirche im Rheinland nach eigenen Angaben 20 Millionen Euro in die Hand. Sie ist Alleingesellschafterin des Abrechnungsunternehmens mit knapp 90 Beschäftigten.
Die Firma arbeitet für rund 1200 Kunden, die überwiegend aus der kirchlichen und öffentlich-rechtlichen Verwaltung kommen. Für die Rheinische Kirche übernahm das bbz nach Angaben des leitenden Kirchenjuristen, Christian Drägert, zwischen denJahren 2009 und 2010 pro Monat 120.000 Beihilfefälle und 25.000 Personalabrechnungen.
Abrechnungsfirma arbeitete mit Kundengeldern
Um die Kosten für das bbz zu decken, sei es nicht unüblich, dass die Kunden der Abrechnungsfirma die Gelder, die zum Beispiel an die Sozialkassen gezahlt werden, frühzeitig zur Verfügung zu stellen, erklärte Drägert in einem Pressegespräch in Düsseldorf. Mit diesem Geld könne die Firma dann Zinserträge auf dem Kapitalmarkt erwirtschaften.
Kirchenleitung stellte Strafanzeige
Das ist im Fall des bbz gründlich schiefgelaufen. Das Anlagemodell des Unternehmens hatte laut Drägert deutlich höhere Erträge versprochen als derzeit am Markt üblich. Die Folge: ein Millionen-Euro-Minus in der Unternehmenskasse. Die Kirchenleitung habe Strafanzeige gegen mehrere Personen wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs gestellt und damit die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgelöst, so Drägert.
Demnach wurde den Geschäftsführern und Prokuristen des bbz gekündigt, ein neuer Geschäftsführer eingesetzt. Drägert selbst übernahm den Vorsitz der Gesellschafterversammlung. Außerdem will die Kirchenleitung zivilrechtlich gegen mehrere "Personen aus dem Bereich der Gesellschafterversammlung" vorgehen.
Bilanzen nicht korrekt aufgestellt
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Offensichtlich unterlag die bbz seit Jahren keiner wirklichen Kontrolle mehr. Die Jahresabschlüsse des Unternehmens sind nach Angaben von Drägert "entweder nur eingeschränkt testiert, gar nicht testiert, nicht korrekt aufgestellt und nicht rechtskonform veröffentlicht worden". Trotzdem habe die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung teilweise entlastet.
Die fehlenden Einnahmen aus dem Anlagegeschäft hätten zur Folge gehabt, dass über Jahre Verluste aufgelaufen seien, die zu einer Überschuldung und zu Liquiditätsproblemen geführt hätten. Durch eigenes Kapital und eine Patronatserklärung will die Kirche das Finanzdilemma nun lösen. Die Mittel zur Rettung der Firma kämen aus Rücklagen der Landeskirche, betonte Drägert. Die Kirchengemeinden würden daher nicht belastet.