Wirtschaft spielt wichtige Rolle So soll Deutschland kriegstüchtig werden
Was bedeutet es für deutsche Unternehmen, wenn es in Deutschland Krieg gibt? Die Bundeswehr hat in einem geheimen Papier Vorschläge erarbeitet.
Deutschland bereitet sich auf den Ernstfall vor. Die Bundeswehr hat ein in seiner ersten Fassung 1.000 Seiten starkes Papier, den "Operationsplan Deutschland", erarbeitet. Es beschreibt laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ), wie das Land handeln soll, wenn es noch direkter von einem Krieg betroffen ist als vom Angriff auf die Ukraine.
Die Bundeswehr warnt: Russland könnte in vier bis fünf Jahren willig und in der Lage sein, weiter gen Westen vorzurücken. Das erklärte der Oberstleutnant Jörn Plischke bei einer Veranstaltung in der Hamburger Handelskammer, wovon die "FAZ" ebenfalls berichtet. Dabei berufe er sich auf deutsche Nachrichtendienste.
Russland rüste massiv auf: Während es derzeit monatlich 25 Kampfpanzer produziere, baue Deutschland gerade einmal drei pro Jahr. Schon jetzt beobachte das Heer verstärkte Drohnenüberflüge, Cyberangriffe und Sabotageakte.
Wenn im Osten Krieg herrscht, fehlt Deutschland Personal
Allgemein soll kritische Infrastruktur wie Brücken, Häfen und Stromnetze geschützt werden. Klar ist zudem: Wenn es zum Verteidigungsfall kommt oder man mit Abschreckung auf ein russisches Manöver an der Nato-Ostflanke reagiert, wird Deutschland zur Drehscheibe für Soldaten, Waffen, Kriegsmaterial und Medikamente.
Besonders die Wirtschaft soll sich wappnen. Oberstleutnant Plischke fordert Unternehmen dem Bericht zufolge auf, sich auf Krisenszenarien vorzubereiten. Sie sollen Notfallpläne entwickeln, eigene Generatoren oder Windräder für Stromausfälle bereithalten und ihre Mitarbeiter stärker für Sicherheitsfragen sensibilisieren.
Die Pläne der Bundeswehr gehen dabei tief ins Detail. So rät Plischke Firmen dazu, mehr Lkw-Fahrer auszubilden. Der Grund: Ein Großteil der Fahrer kommt aus Osteuropa. "Wenn dort Krieg ist, wo werden dann diese Leute sein?"
Staatlicher Durchgriff auf Firmen möglich
Der Staat hat in Krisenfällen weitreichende Rechte. Schon bei der Gasversorgungskrise hat sich gezeigt, wie schnell die Politik eingreifen kann: Damals hat die Bundesregierung unter anderem Gasspeicher gesetzlich auffüllen lassen, den Gasimporteur Uniper verstaatlicht und schwimmende LNG-Terminals beschafft.
Im Ernstfall wäre dem Bericht zufolge sogar eine Umstellung auf Planwirtschaft möglich, berichtet die "FAZ" mit Verweis auf Aussagen von Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Der Staat könnte außerdem Lebensmittelmarken ausgeben – und sogar Menschen zur Arbeit in bestimmten Bereichen zwingen, etwa in der Wasserversorgung oder in Verkehrsunternehmen.
Für Unternehmen gelte zudem: Wer heute Beschäftigte habe, die freiwillig im Katastrophenschutz, dem THW oder der Feuerwehr arbeiten, habe später Vorteile. "Das zu unterstützen, kostet Sie im Jahr wenige Tage", sagt Plischke. In der Krise habe man dann aber einen direkten Link zu den Leuten, die Menschen und Infrastruktur schützen.
Hamburg als zentraler Knotenpunkt im Fokus
Hamburg, wo die Veranstaltung mit Plischke stattfand, ist ein zentraler Knotenpunkt für den Waren- und Truppentransport. Der Bürgermeister der Hansestadt, Peter Tschentscher, warnt der "FAZ" zufolge: "Im Falle einer militärischen Nutzung unserer Infrastruktur steigt das Risiko für Cyberattacken und Sabotage noch einmal deutlich an."
Der Hamburger Senat habe deshalb zusätzliche Stellen geschaffen, um den Bevölkerungsschutz zu stärken. Eine dritte Heimatschutz-Kompanie aus Freiwilligen wurde in Dienst gestellt, die in der Truppe nicht kämpfen, sondern für Schutz und Sicherheit anpacken.
In der Hansestadt finden nun Übungen mit der Bundeswehr und zivilen Kräften statt. Bei einer solchen mit dem Namen "Red Storm Alpha" werde der Schutz von Hafeneinrichtungen trainiert, so der Bericht. Die nächste Übung, "Red Storm Bravo", soll bald folgen und größer werden.
Erfahrungen aus solchen Übungen fließen dann wieder in den "Organisationsplan Deutschland" ein. Ein "lebendes Dokument" soll er sein, das sich ständig weiterentwickelt und immer weiter an neue Informationen und Bedrohungen anpasst.
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bundeswehr bereitet Unternehmen auf den Kriegsfall vor"