Nord Stream 1 Laut Betreiber so viel Gas wie vor Wartung angemeldet
Russland will offenbar wieder Gas nach Europa schicken. Laut einer Ankündigung vom Mittwoch soll die Pipeline Nord Stream 1 am Donnerstag wieder in Betrieb gehen.
Vorläufigen Zahlen der Betreibergesellschaft zufolge sind für Donnerstag in etwa so große Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 angekündigt wie vor deren Wartung. Etwas weniger als 30 Millionen Kilowattstunden sind pro Stunde angekündigt und damit rund 700 Gigawattstunden pro Tag. Das geht aus vorläufigen Vorabinformationen hervor, die in der der Nacht zum Donnerstag auf der Website der Nord Stream AG veröffentlicht wurden (Stand 3.15 Uhr). Die angekündigte Menge entspricht damit ungefähr dem Niveau vor Beginn der planmäßig am Donnerstag beendeten Routinewartung, als die Pipeline zu etwa 40 Prozent ausgelastet wurde. Die Angaben können sich noch ändern.
Bei den bisher vorliegenden Daten handelt es sich um vorläufige Ankündigungen, sogenannte Nominierungen. Die sind zwar wichtig für Netzbetreiber, um den Gastransport zu gewährleisten, können aber bis kurz vor den eigentlichen Lieferungen noch geändert, also renominiert werden.
Das war laut dem Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, schon am Mittwoch der Fall, als andere Netzbetreiber Zahlen veröffentlicht hatten. Müller schrieb am Abend auf Twitter, das russische Staatsunternehmen Gazprom habe renominiert und die zuvor angemeldete Menge auf 530 Gigawattstunden am ersten Tag gesenkt, was einer etwa 30-prozentigen Auslastung entspreche. Zuvor waren nach seinen Worten 800 Gigawattstunden in Aussicht gestellt worden.
Putin hatte bereits Lieferungen angedeutet
Schon in der Nacht zum Mittwoch hatte Kremlchef Wladimir Putin Lieferungen auch nach der Wartung angedeutet. "Gazprom erfüllt seine Verpflichtungen, hat sie stets erfüllt und ist gewillt, weiterhin alle seine Verpflichtungen zu erfüllen", zitiert die russische Agentur Interfax Putin.
Während der vergangenen anderthalb Wochen war wegen einer jährlichen Routinewartung kein Gas durch die zuletzt wichtigste Verbindung für russische Erdgasimporte nach Deutschland geliefert worden. Die Bundesregierung hatte befürchtet, Putin könnte den Gashahn auch danach geschlossen lassen. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte der Westen Sanktionen gegen Russland verhängt. Russland wiederum hat Gaslieferungen an europäische Länder gedrosselt oder ganz gestoppt.
Schon vor Beginn der Wartung von Nord Stream 1 hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen durch die mehr als 1.200 Kilometer lange Pipeline auf 40 Prozent gedrosselt und dies mit dem Fehlen einer Turbine begründet. Putin warnte zuletzt vor einem weiteren Absenken der Liefermenge, sollte Russland die in Kanada reparierte Turbine nicht zurückerhalten.
Turbine ließ länger auf sich warten
Sie wurde wegen der westlichen Sanktionen lange zurückgehalten. Zuletzt hatte Kanada entschieden, die Turbine an Deutschland zu übergeben. Die Bundesregierung sieht in dem Verweis auf die Turbine einen Vorwand.
Putin brachte zudem die weitgehend parallel verlaufende, fertiggestellte, aber nicht betriebene Pipeline Nord Stream 2 erneut ins Spiel. Nach der russischen Invasion in die Ukraine setzte Deutschland das Genehmigungsverfahren für den Betrieb der Leitung aus. Putin hatte schon in der Vergangenheit erklärt, der Betrieb von Nord Stream 2 könnte die Gaspreise senken.
Denkbar wäre, dass Moskau die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 durch die Drosselung von Nord Stream 1 erzwingen will. Das Genehmigungsverfahren bleibe ausgesetzt, erklärte allerdings die Bundesnetzagentur am Mittwoch.
Speicherbetreiber erwartet Zuläufe
Derweil gibt sich der Betreiber des größten deutschen Erdgasspeichers im niedersächsischen Rehden zuversichtlich, dass das Auffüllen trotz der Unsicherheit um die Pipeline Nord Stream 1 bis zum Winter vorangeht. Bisher habe man "keine Auswirkungen des Nord-Stream-Stillstandes" feststellen können, hieß es am Mittwoch bei der Astora GmbH.
Das Unternehmen "geht davon aus, dass weiterhin eingespeichert wird". Es erklärte, jenseits des Speicherbetriebs und der Vermarktung der Kapazitäten aber keine Details etwa von Händlern oder zur Herkunft der Mengen nennen zu können. "Die Erdgasbeschaffung und der Erdgashandel sind nicht Teil des Geschäfts."
Schon vor Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine waren die Gas-Speicherstände vielerorts niedriger als in den Vorjahren. Nun gibt es Sorgen um die Abdeckung des Verbrauchs im nächsten Winter. Den letzten aktuellen Gesamtwert für Deutschland gab die Datenbank des Netzwerks Gas Infrastructure Europe zum Montag (18. Juli) mit 65 Prozent an. In Rehden bei Diepholz waren es hingegen nur knapp 34 Prozent – die Tendenz ging zuletzt langsam, aber stetig nach oben.
- Nachrichtenagentur dpa