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Inflation berechnen: Mit welcher Formel berechnet man die Teuerung?


Neue Gewichtung
So hat sich die Berechnung der Inflation verändert

Von dpa, cho

01.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Lebensmittel auf dem Band einer Supermarktkasse (Symbolbild): Im vergangenen Jahr sind die Verbraucherpreise im Schnitt um 6,9 Prozent gestiegen.Vergrößern des Bildes
Lebensmittel auf dem Band einer Supermarktkasse (Symbolbild): Im vergangenen Jahr sind die Verbraucherpreise im Schnitt um 6,9 Prozent gestiegen. (Quelle: Sven Hoppe/dpa)

Das Leben in Deutschland ist teurer geworden. Doch die Inflationsrate für 2022 wurde zu Jahresbeginn beachtlich korrigiert. Was steckt dahinter?

Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat sich das Leben in Deutschland enorm verteuert, angeschoben von hohen Energie- und Nahrungsmittelpreisen. Wie sich die Inflation im Februar entwickelt hat, gibt das Statistische Bundesamt am Mittwochnachmittag in einer ersten Schätzung bekannt.

Im vergangenen Jahr lag der Anstieg der Verbraucherpreise im Durchschnitt bei 6,9 Prozent. Zunächst hatten die Statistiker 7,9 Prozent errechnet – die höchste Rate in der Geschichte der Bundesrepublik. Was sind die Gründe für die Änderung und was sind die Folgen?

Wie wird die Inflationsrate berechnet?

Mitarbeiter der Statistischen Landesämter und des Wiesbadener Bundesamtes notieren Monat für Monat bundesweit in Geschäften, was Obst und Gemüse, Bücher und Zeitschriften, Schuhe und Möbel kosten. Wie hoch ist die Wohnungsmiete, was kostet der Sprit an der Tankstelle? Tausende Einzelpreise von Waren und Dienstleistungen werden repräsentativ nach einem stets gleichen Schema erfasst. Ein Teil der Preise wird auch im Internet erhoben.

Welche Funktion hat der sogenannte Warenkorb?

Die Einzelpreise werden in rund 700 Güterarten zusammengefasst, die den sogenannten Warenkorb bilden. Auf dieser Grundlage berechnen die Statistiker die Entwicklung der Teuerung. Das Ganze nennt sich auch Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI).

Konkret wird die Inflationsrate aus dem Preis des gesamten Warenkorbs in einem Monat im Vergleich zum Preis desselben Warenkorbes im Monat des Vorjahres errechnet. Die Teuerungsrate bezeichnet demnach die prozentuale Veränderung der Lebenshaltungskosten innerhalb eines Jahres.

Da Verbraucher nicht gleich viel beispielsweise für Kleidung wie für die Wohnungsmiete ausgeben, werden die einzelnen Posten unterschiedlich stark gewichtet. Der Posten Wohnen, zu dem vor allem die Miete, Ausgaben für selbst genutztes Wohneigentum und Haushaltsenergie zählen, hat das mit Abstand größte Gewicht.

Formel zur Berechnung der Inflation

P = (VPI2 / VPI1 -1) x 100

Nehmen wir an, im aktuellen Jahr würde der Verbraucherpreisindex 100,0 betragen (VPI1) und im Jahr davor 96,4 (VPI2). Dann ergebe sich eine prozentuale Preissteigerung P von 3,73 Prozent.

Warum wird der Warenkorb regelmäßig unter die Lupe genommen?

Das Statistische Bundesamt überprüft in der Regel alle fünf Jahre die Gewichtung und Zusammensetzung des Warenkorbes. Denn die Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten der Menschen ändern sich. Auch die zunehmende Digitalisierung und der demografische Wandel schlagen sich dabei nieder. "So wird nun beispielsweise auch die Preisentwicklung von Smartwatches, Fitnesstrackern und ähnlichen Produkten, aber auch von Geh- und Alltagshilfen veröffentlicht", erläutert die Behörde.

Warum fällt die Inflation 2022 niedriger aus als berechnet?

Das liegt vereinfacht gesagt vor allem an der geänderten Gewichtung. Zwar hat der Bereich Wohnen weiterhin das größte Gewicht, es wurde allerdings verringert. Andere Bereiche bekamen mehr Gewicht.

"Hatten Haushaltsenergie und Kraftstoffe bisher ein Gewicht von mehr als 10 Prozent, beträgt dieses nun nur noch knapp 7,5 Prozent", erläutert Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. "Zwar ist gleichzeitig das Gewicht der Nahrungsmittel um zwei Prozentpunkte gestiegen. Aber deren Preise haben nicht so massiv zugelegt wie die Energiepreise."

Mit welchen Gewichten die verschiedenen Güterarten in den Gesamtindex einfließen, zeigt das sogenannte Wägungsschema des Statistischen Bundesamts.

Auf welcher Grundlage wurde die Gewichtung verändert?

Außer den Ergebnissen von amtlichen Haushaltsbefragungen verwendete die Behörde bei der aktuellen Überarbeitung erstmals auch Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, die weitere Datenquellen enthalten. Damit würden die Vorteile verschiedener Quellen genutzt, argumentierte die Behörde.

Welche Folgen haben steigende Verbraucherpreise?

Klettern die Preise auf breiter Front über einen längeren Zeitraum stark, können sich die Menschen immer weniger für ihr Geld leisten und büßen einen Teil der Ersparnisse ein. Besonders betroffen sind Geringverdiener, die einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel und Energie wie Strom, Heizöl oder Sprit aufwenden müssen.

Aber auch Rentner, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger zählen zu den Verlierern der Inflation, da der Staat ihre Leistungen oft nicht schnell genug erhöhen kann, um die gestiegenen Preise auszugleichen. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zeigt, wie viel ärmer die Teuerung Deutschlands Rentner macht.

Manche Preise sind direkt an die Inflation gekoppelt, zum Beispiel Indexmieten. Welche Folgen die neu berechnete Inflationsrate in diesem Fall hat, dürfte vom Einzelfall abhängen. Nach Angaben des Hausbesitzerverbandes Haus & Grund wird häufig im Mietvertrag vereinbart, dass die Anpassung nicht jedes Jahr erfolgen muss. So werde zum Beispiel eine Erhöhung vereinbart, "wenn der Verbraucherpreisindex auf ein bestimmtes, vorab definiertes Niveau gestiegen ist". Mehr zu Indexmieten lesen Sie hier.

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Hat die Inflationsrate Folgen für Tarifverhandlungen?

"Wir sehen kurzfristig gar keinen Anpassungsbedarf", sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi. Bei den Tarifforderungen würden auch Prognosen berücksichtigt. Diese sagten eine deutlich hohe Inflation über die Laufzeit eines Tarifvertrages voraus. "Wir legen bei den Verhandlungen im öffentlichen Dienst zudem einen Fokus auf niedrigere und mittlere Einkommensgruppen, die besonders von der hohen Inflation betroffen sind."

Studien zufolge machen notwendige Ausgaben, zum Beispiel für Nahrung, Mieten und Energie, bei weniger Einkommensstarken tendenziell einen größeren Anteil ihres Budgets aus als bei finanzkräftigeren Privathaushalten. Verdi und der DBB Beamtenbund fordern aktuell für die Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen eine Steigerung der Einkommen von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Was bedeutet die Änderung für die Zinspolitik der EZB?

In der Theorie hat die Inflation vor allem mit der Geldmenge zu tun. Die Idee: Je mehr Geld im Umlauf ist, desto weniger ist es wert – und desto höher sind die Preise. Steigt die Geldmenge also, steigt auch das Preisniveau.

Die Kontrolle über die Geldmenge haben Noten- und Zentralbanken. Im Falle der Eurozone ist das die Europäische Zentralbank (EZB). Über verschiedene Mechanismen kann sie dafür sorgen, dass die Geldmenge steigt oder sinkt.

Die Inflationsrate liegt allerdings seit Monaten deutlich über der mittelfristigen Zielmarke der EZB von zwei Prozent. Im Januar stiegen die Verbraucherpreise im gemeinsamen Währungsraum im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,6 Prozent.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte unlängst die Notwendigkeit weiter steigender Leitzinsen. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Dies kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Lesen Sie hier mehr dazu, was eine Zinserhöhung der EZB für Sparer bedeutet.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statistisches Bundesamt
  • Nachrichtenagentur dpa
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