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Infrastruktur-Investition: ELTIFs locken Privatanleger


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Milliarden-Monopoly
Infrastruktur: Eine neue heiße Wette am Anleger-Himmel?

InterviewVon Leon Bensch

01.08.2024Lesedauer: 7 Min.
Highway in Los Angeles aus der LuftperspektiveVergrößern des Bildes
Highway in den USA: Lebenswichtige Infrastruktur aufrechtzuerhalten, kostet Milliarden. (Quelle: franckreporter)

Ohne Infrastruktur stünde die Welt still. Mithilfe spezieller Fonds können nun auch Privatanleger in Millardenprojekte investieren. Über Chancen und Risiken.

Die Welt ist vernetzt – mehr denn je. Stromleitungen, Datenkabel, Serverfarmen, nichts geht mehr ohne. Der Strom dafür soll mehr und mehr aus erneuerbaren Energien kommen. Photovoltaikparks und Windkraftanlagen müssen dafür ausgebaut werden. Auch der Verkehr auf Straße und Schiene muss rollen. Staus auf den Autobahnen können sich moderne Gesellschaften nicht leisten.

Das Ökosystem dahinter heißt Infrastruktur. Sie muss gebaut, unterhalten und ausgebaut werden. Solche Anlagen kosten Milliarden, und irgendwo muss das Geld herkommen. Bis Anfang des Jahres war es Großinvestoren vorbehalten, in solche Projekte zu investieren. Ab Januar 2024 dürfen auch Privatanleger einsteigen – und zwar in sogenannte Eltifs: European Long Term Investment Funds.

Im Interview mit t-online erklärt Robin Binder, Finanzexperte, Gründer und Geschäftsführer der Investment-Plattform NAO, was Eltifs sind und wie sich Anleger an großen Infrastrukturprojekten beteiligen können. Ganz risikolos ist ein solches Investment nicht – aber es gibt auch Chancen.

t-online: Eltif klingt nach einer komplizierten Abkürzung. Was bedeutet sie?

Robin Binder: Eltif steht für European Long Term Investment Funds – sogenannte europäische Langzeitinvestmentfonds. Diese gibt es bereits seit 2015 und sind dank der EU-Verordnung vom 10. Januar 2024 auch eine große Investmentchance für Privatanleger. Der auf institutionelle Investoren beschränkte Markt bei Infrastrukturprojekten, Sachwertanlagen und Risikokapital wurde dadurch in der Breite auch für Privatanleger geöffnet.

Robin Binder, Gründer und CEO von NAO
Robin Binder, Gründer und CEO der Investment-Plattform NAO (Quelle: NAO)

Zur Person

Robin Binder, CEO und Gründer von NAO, war zuvor mehrere Jahre bei der Unicredit Bank tätig und baute später das Family-Office Zeitgeist Group sowie Zeitgeist X Ventures auf. Mit seiner Multi-Asset-Plattform NAO ermöglicht er Investments ab 1.000 Euro in Bereiche wie Private Equity und Hedgefonds, zugänglich über eine App. NAO bietet so auch Privatanlegern Zugang zu bisher unzugänglichen Kapitalanlagen.

Eltifs selbst sind keine Fonds, sondern ein Rahmenwerk, eine Art Stempel, den man für seine Fonds bekommen kann. Die Motivation dahinter ist es, die Wirtschaft in Europa zu stärken, indem der Zugang zu illiquiden Investments für privates Kapital vereinfacht wird.

Klingt kompliziert. Was kann man sich darunter vorstellen?

Man kann drei Hauptbereiche unterscheiden: Infrastruktur, Private Equity und Private Debt. Nehmen Sie als Beispiel eine Aktie. Private Equity, also eine Kapitalbeteiligung, ist gar nicht so weit davon entfernt. Wären Nvidia, SAP oder die Allianz nicht an der Börse notiert, dann fielen sie auch unter den Begriff Private Equity, also eine private Kapitalbeteiligung durch institutioneller und privater Anleger.

Private Debt, also Fremdfinanzierung, ist das Pendant zu einer Anleihe. Auch hier steht die Finanzierung von Unternehmen – oder Staaten bei Staatsanleihen – durch privates Kapital im Fokus.

Während Anleger Aktien und Anleihen an der Börse kaufen können, sind Investitionen von privatem Beteiligungskapital über Private-Equity-Fonds, Dachfonds oder börsennotierte Private-Equity-Gesellschaften möglich. Diese Fonds bündeln das Kapital von mehreren Anlegern und investieren es dann in verschiedene Projekte und Unternehmen.
Nur die Investitionen in Infrastruktur sind etwas Neues.

Können Sie Beispiele für Infrastrukturprojekte nennen?

Beispiele für Infrastrukturprojekte sind etwa Photovoltaikparks oder Windkraftanlagen. Auch Stromtrassen, Schienenwege, Glasfaserkabel, Autobahnen oder Rechenzentren können dazugezählt werden.

Sie sprechen von illiquiden Investments. Was müssen Anleger darüber wissen, wenn sie sich auf Infrastrukturprojekte einlassen?

Illiquide Investments sind Anlagen etwa in Infrastrukturprojekte, bei denen das Kapital über einen längeren Zeitraum gebunden ist. Es dauert also eine Weile, bis Investoren aus dem Kapital potenzielle Gewinne realisieren können. Illiquide Investments sind typischerweise mit langfristigen Projekten wie Immobilienentwicklung, Private Equity oder Risikokapital verbunden.

Und worin liegt dann die große Chance, wenn ich als Anleger so lange Zeit auf mein Geld verzichten soll?

Der große Charme von Eltifs ist, dass sie Stabilität ins Portfolio bringen können. Man kann sein Investment damit ein Stück weit vom Kapitalmarkt entkoppeln. Wenn der Kapitalmarkt fällt, kann man sich, egal, wie breit man aufgestellt ist, nicht von einem Wertverlust in der Anlageklasse schützen. Aber man kann in alternative Investments gehen, die eine sehr geringe oder sogar negative Korrelation zum Kapitalmarkt haben.

Einfaches Beispiel: Die Corona-Krise im Frühjahr 2020 hat die Märkte ganz schön durcheinander gebracht. Kaum jemand wusste, wie es weitergehen soll und ob alles wieder so funktionieren wird, wie es einmal funktioniert hat. Ganz im Gegensatz zu Infrastrukturprojekten, die erklärtermaßen notwendige Dienstleistungen für das tägliche Leben sind.

Sie meinen, eine Investition in Eltifs kann jeder Krise trotzen?

Es mag angesichts der Krisen seltsam klingen, aber die Sonne scheint und der Wind weht weiter. Konkret heißt das: Photovoltaikparks und Windkraftanlagen werden trotz geopolitischer Krisen Strom produzieren und damit stabile Cashflows generieren. Gleiches gilt für Glasfaserkabel, die große Datenmengen von A nach B transportieren. Auch sie wurden weiter genutzt, während sich das Coronavirus ausbreitete. Nach der Pandemie haben wir sogar einen Boom beim Bau neuer Datenautobahnen erlebt.

Hinzu kommt: Infrastruktur hat eine monopolartige Stellung. Das Schienennetz von Hamburg nach Berlin gibt es nur einmal. Wo ein Offshore-Windpark steht, kann kein zweiter gebaut werden. Die Lkw-Maut auf Autobahnen kann jederzeit angepasst und auf Pkw ausgeweitet werden. Monopole bieten viel Spielraum für Preiserhöhungen. Davon profitieren wiederum die Investoren.

Die Nvidia-Aktie hat seit 2022 ihren Wert um über 500 Prozent gesteigert. Aber auch andere Tech-Aktien haben eine beeindruckende Rallye gezeigt. Mit welcher Rendite können Anleger bei Eltifs kalkulieren?

Es ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll, die Wertentwicklung von Eltifs mit der von einzelnen Aktien zu vergleichen. Die Zielrenditen von Eltifs sind je nach Anlageklasse unterschiedlich, ebenso wie das Chance-Risiko-Profil. Einzelne ausgewählte Projekte können sicher mit der Rendite von Nvidia mithalten, aber ein Eltif-Investment ist stets diversifiziert und sollte daher eher mit einem ETF oder Aktienfonds verglichen werden.

Am dynamischsten ist erfahrungsgemäß Private Equity. Hier rechnen fast alle Asset Manager und Banken mit zweistelligen Nettorenditen von teils bis zu 15 Prozent pro Jahr. Bei Private Debt liegen sie zwischen 8 und 10 Prozent. Bei Infrastrukturprojekten sind es rund 9 Prozent. Hinzukommen können weitere Ausschüttungen.

Woher kommen solche ausgeschütteten Kapitalerträge?

Wenn Sie über einen Eltif in einen Photovoltaikpark investiert haben, der Strom erzeugt, wird dieser in das Netz eingespeist und erwirtschaftet somit Erträge aus Einspeiseverträgen. Ein Teil davon geht an die Betreiber des Photovoltaikparks und ein Teil an die Investoren, die sich über den Eltif an dem Unternehmen beteiligt haben.

"Investieren wie die Reichen" ist ein Werbeslogan, der von der Verbraucherzentrale kritisiert wird. Wenn die bislang hohen Hürden vor der neuen EU-Verordnung dazu da waren, um potenzielle Anlegergruppen zu filtern, warum sollten jetzt ausgerechnet die finanziell schwächeren Privatanleger in eine Investition in Eltifs gelockt werden?

Die Frage sollte sein, ob es zum eigenen Investmentstil passt oder nicht. Bei einer Investition in Eltifs geht es nicht darum, möglichst sein gesamtes Geld anzulegen, sondern nur einen Teil. Auch Eltifs bieten sich an, um für das Alter vorzusorgen. Institutionelle Anleger haben es nachweislich vorgemacht, dass alternative Investmentfonds als Beimischung im Depot sehr spannend sein können.

An der Börse heißt es: Wer hohe Renditen möchte, muss hohe Risiken eingehen. Was sollten Privatanleger beachten, oder anders gefragt: Wer sollte lieber die Finger von Eltifs lassen?

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Investoren sollten nicht zu viel Geld investieren. Gerade die Illiquidität sollte jedem Anleger bewusst sein. Auch sollte die Investitionshöhe im Verhältnis zum Depot zwischen 5 und maximal 20 Prozent liegen. Zwar gibt es auch bei Eltif 2.0 die Möglichkeit von Rückgaben – bei einigen Anbietern gibt es quartalsweise sogenannte Rückgabefenster – dennoch hat die Geldanlage in Langzeitfonds, wie der Name schon sagt, einen langfristigen Charakter.

Infrastrukturprojekte sind bei Weitem nicht so volatil wie Aktien. Es gibt viel mehr Stabilität und Planbarkeit. Panikverkäufe gibt es in der Regel nicht. In manchen Fällen ist Illiquidität auch ein gewisser Selbstschutz. Einfach gesagt, kann sie helfen, ein besserer Investor zu sein, weil man nicht durch die Nachrichtenlage zum Handeln gezwungen wird, im positiven wie im negativen Sinne.

Wie lange sollten Privatanleger bei einem Eltif dabeibleiben?

Durchschnittlich sollten Eltif-Investments mindestens fünf, im optimalen Fall sieben bis zehn Jahre gehalten werden. Für den langfristigen Vermögensaufbau gilt zudem: Je länger, desto besser, um vom Zinseszinseffekt zu profitieren.

Welche Kriterien machen einen guten Eltif aus?

Schauen Sie sich den Trackrekord des Fondsmanagers an. Hat der Fonds seit über 20 Jahren solide Renditen erwirtschaftet oder wird versucht, mit dem Eltif irgendetwas an Kleinanleger zu verscherbeln? Fonds müssen ihre Anlagekriterien und Richtlinien veröffentlichen. Wichtig sind Informationen zu den Projekten, in die der Eltif investiert.

Beim Stichwort Transparenz ist es wichtig zu wissen, dass Fonds neben der Branche, in die das Geld fließt, teilweise nur die Projektnamen kommunizieren. Das ist nicht zwingend intransparent, sondern liegt an den Auflagen der Zielinvestments. Wichtig zu wissen ist auch, dass das investierte Kapital nicht immer direkt in eine Private-Equity-Beteiligung, einen Windpark oder eine Stromtrasse fließt, sondern in einen Fonds, der unter anderem in Unternehmen, Kreditportfolios, einen Windpark und eine Stromtrasse investiert.

Achten Sie auch auf die Kapitalisierung des Fonds. Je mehr Geld eingesammelt wird, desto besser ist er mit Kapital ausgestattet und kann in Infrastruktur, Private Equity oder Private Debt investieren. Schauen Sie sich auch die Kostenstruktur an. Dazu gehören der Ausgabeaufschlag, Transaktionskosten und laufende Kosten wie Depotführungskosten und performanceabhängige Vergütungen.

Private Equity steht mächtig in der Kritik. Bestes Beispiel: Der Elbtower in Hamburg, der aufgrund der Benko-Pleite vor einer ungewissen Zukunft steht. Geht ein Generalunternehmer pleite, droht das Projekt zu scheitern. Wie können sich Anleger vor Hochstaplern in der Branche schützen?

Ähnlich, wie nicht jeder aktive gemanagte Aktienfonds gut ist, ist auch nicht jeder Eltif gut. Anleger sollten sich bestmöglich informieren, ob der Fondsmanager geeignet ist oder ob eine solide Bank hinter der Fondsgesellschaft steht.

Am wichtigsten ist jedoch Diversifikation. Je breiter Anleger aufgestellt sind, desto besser. Auch hier ein Vergleich mit ETFs: Geht ein Unternehmen, das im ETF enthalten ist, pleite, bricht der ETF nicht zusammen. Wer aber nur in Aktien eines Unternehmens investiert, geht ein höheres Risiko ein. Zwar ist jede Anlage mit Risiken verbunden, aber man kann sie durch Streuung reduzieren.

Verwendete Quellen
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