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VW gegen China: Volkswagen setzt alles auf E-Autos – gut für die Aktie?


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Drohende Zölle und Absatzschwäche
Volkswagen: "Der Dachstuhl brennt lichterloh"


13.06.2024Lesedauer: 12 Min.
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Qualitätskontrolle: VW ID3 werden in einer Montagehalle von Volkswagen in Zwickau montiert. (Quelle: IMAGO/Uwe Meinhold)
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Zwölf Jahre ohne Kursgewinn: Ernüchternde Realitäten für Aktionäre treffen auf ambitionierte Zukunftspläne. So will der VW-Konzern wieder an die Weltspitze zurück.

Der aktuelle Aktienkurs der VW Vorzugsaktie steht bei 105 Euro. Zu diesem Kurs hätten Anleger schon im November 2010 einsteigen können. Wer die Strategie eines langfristigen Investments verfolgt, dürfte angesichts dieser Nullperformance enttäuscht sein. Einziger Trost: VW zahlt jedes Jahr eine üppige Dividende. Dennoch ist das Ergebnis ernüchternd.

Dabei hat sich der Umsatz in diesem Zeitraum von knapp 14 Jahren nahezu verdreifacht von 126 auf 322 Milliarden Euro im Jahr 2023. 2010 lag die Dividende noch bei 1,94 Euro pro Aktie, dieses Jahr will VW 9,18 Euro an seine Aktionäre ausschütten. Und schließlich hat sich der Gewinn von etwa 14 Euro je Aktie im Jahr 2010 auf 31,94 Euro 2023 mehr als verdoppelt.

Woran liegt es also, dass die Anleger VW an der Börse zu meiden scheinen, während BMW, Mercedes und vor allem Konzerne wie Tesla aus den USA und BYD aus China zu den Lieblingen der Investoren avancieren?

Ist VW im globalen Wettbewerb zum Scheitern verurteilt?

Die besten Jahre sind vorbei

Im Jahr 2015 keimte kurz Hoffnung auf, als der Aktienkurs des weltweit nach Toyota und General Motors drittgrößten Automobilherstellers auf 250 Euro kletterte. In jenem Jahr lieferte der Konzern zwar nur 5,82 Millionen Fahrzeuge an seine Kunden aus – aber schon ein Jahr später erzielte VW mit 10,2 Millionen einen neuen Verkaufsrekord.

Doch der Dieselskandal schien das Ende von VW einzuläuten. Im September 2015 räumte Volkswagen gegenüber der US-Umweltbehörde EPA ein, bei Diesel-Abgastests manipuliert zu haben. Der Konzern sah sich mit Sammelklagen verärgerter Autofahrer, Fahrverboten und beispiellosen Strafzahlungen in den USA konfrontiert.

Die Bußgelder erreichten ebenso wie die Umsätze einen Rekordwert. Die Wiedergutmachung des Abgasskandals in Form von Bußgeldern, Schadenersatz und Kosten für Rechtsanwälte hat die Wolfsburger mehr als 32 Milliarden Euro gekostet – ein finanzieller Schaden, der ein riesiges Finanzloch in die Konzernkasse gerissen hat. Wichtige Investitionen in die Zukunft der Mobilität waren dadurch schlichtweg nicht möglich.

Tesla und BYD mit großem Vorsprung

Andere Unternehmen wie Tesla aus den USA (gegründet 2003) oder BYD aus China (gegründet 1995) haben die Chancen der Elektromobilität bereits erkannt, als die deutschen Autobauer noch auf Verbrennungsmotoren und immer größere SUVs setzten.

In dieser Zeit entstanden Teslas Gigafactorys für Elektromobilität in Kalifornien und Texas, später auch in Mexiko und China. BYD hat sich von einer kleinen Akkufabrik mit 20 Mitarbeitern in Shenzhen zu einem der weltweit größten Elektroautohersteller entwickelt.

Das erste von VW vollumfänglich konzipierte Elektroauto ID.3 kam erst 2020 auf den Markt – mit zahlreichen Schwächen wie für VW ungewöhnlich einfacher Verarbeitung und unfertiger Software. Bis heute hat VW mit derartigen Problemen zu kämpfen, konstatiert VW-Markenchef Thomas Schäfer. Er sehe erheblichen Nachholbedarf bei neuen Autos und moderner Software von VW, berichtet "businessinsider.de".

Schäfer forderte einen "Strategiewechsel" und sagte: "Der Dachstuhl brennt lichterloh". Bis heute verdiene der Autohersteller mit Elektrofahrzeugen kaum Geld, was auf Dauer nicht akzeptabel sei.

CO2-Grenzen durch Klimagesetz

Den Vorsprung der Konkurrenz im Bereich der Elektromobilität aufzuholen, ist für VW nicht nur eine finanzielle, sondern vor allem eine technologische Herausforderung. Die Klimaziele des Europäischen Klimagesetzes sehen vor, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.

Ab 2035 dürfen laut Verordnung nur noch emissionsfreie PKW und leichte Nutzfahrzeuge neu zugelassen werden. Bis dahin gelten vorgeschriebene CO2-Grenzen für die Fahrzeugflotte eines Herstellers. Allein mit Benzin- und Dieselmotoren sind diese Grenzen nicht erreichbar. Überschreitet ein Hersteller diese Grenze, drohen hohe Bußgelder.

Bußgelder im Milliardenbereich

Für den Volkswagen-Konzern könne das nur gelingen, wenn der Verkaufsanteil emissionsarmer Elektroautos steige, schreibt das "Handelsblatt" unter Verweis auf einen Insider: "Wenn wir die Stückzahlen nicht schnell genug hochkriegen, dann laufen wir 2025 auf ein Riesen-CO2-Problem zu."

Eine genauere Analyse hat die Schweizer Großbank UBS veröffentlicht. Darin heißt es, dass der Elektroanteil von Volkswagen im kommenden Jahr von 15 auf 24 Prozent steigen müsste. In Elektroautos umgerechnet, wären das mindestens 300.000 mehr als heute, berichtet das "Handelsblatt". Im gesamten Jahr 2023 hat der VW-Konzern in Europa 473.000 E-Autos an seine Kunden ausgeliefert.

Wie das gelingen soll, ist fraglich. UBS bezifferte das mögliche Bußgeld auf 4,3 Milliarden Euro, sollte VW keinerlei Verbesserungen in Sachen E-Quote in Europa schaffen – ein "theoretisches Szenario", schreibt Patrick Hummel, UBS-Analyst und Autor der Studie. Die Vorgaben nicht zu erreichen, sei für VW keine Option, doch Geld verliere der Konzern so oder so.

Die Zukunft ist elektrisch

Oberstes Ziel der Automobilindustrie müsse die Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge sein, sagt Zifei Yang. Er ist Studienautor des Global Automaker Rating des International Council in Clean Transportation (ICCT) mit Sitz in der US-Hauptstadt Washington. Für eine aktuelle Studie haben die Forscher anhand von zehn Kriterien bewertet, wie erfolgreich 21 der weltweit größten Automobilhersteller beim Übergang zu abgasfreien Fahrzeugen sind.

Im Global Automaker Rating 2023 steht Tesla als Spitzenreiter auf dem ersten Platz, gefolgt vom chinesischen Autobauer BYD. VW erreicht in der Studie nur Platz 7 – hinter BMW (Platz 3), Mercedes-Benz (Platz 4), dem chinesischen Hersteller SAIC (Platz 5) und der Opel-Mutter Stellantis (Platz 6).

Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, müssten die Autohersteller ihre Modellpalette erweitern und den Anteil emissionsfreier Fahrzeuge erhöhen, so Yang. Zudem müssten sie unter anderem in das Recycling von Batterien investieren. Auch der Aufbau einer Ladeinfrastruktur sei alternativlos, um die Mobilitätswende zu schaffen.

Der gute Wille war da

Für die Bundesregierung ist die Energiewende im Verkehrssektor ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, bis 2030 15 Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen. Sie förderte den Kauf von Elektroautos mit Prämien von bis zu 4.500 Euro – aber der Durchbruch zur Elektromobilität in Deutschland ist vorerst gescheitert.

Mit dem vorzeitigen Aus der E-Auto-Prämie im Dezember 2023 aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zum Klima- und Transformationsfonds endete die staatlich subventionierte Elektroautooffensive. Laut Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) sind diejenigen, die sich für ein E-Auto entschieden haben, in der Minderheit. Nur 1,4 Millionen von 49,1 Millionen Pkw im Bestand (zum 1.1.2024) sind reine Elektrofahrzeuge.

Keine Verkehrswende ohne Massenakzeptanz

Dass sich laut KBA nur etwa jeder Zehnte (12,8 Prozent) für ein E-Auto entscheidet, hat auch etwas mit den hohen Einstiegspreisen zu tun. Ein VW ID.3 startet bei knapp 37.000, der ID.4 ab 40.000, ein ID.5 ab 49.000 Euro, und der Elektrobulli ID.Buzz ist erst ab rund 63.000 Euro zu haben. Zielgruppe: gehobene Mittelschicht am besten mit eigenem Haus und eigener Wallbox.

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Allerdings tun auch die Hersteller wenig, um die teuren Stromer an die Kunden zu bringen. Laut einer Studie des CAR-Instituts aus Bochum betrug im Mai 2024 der durchschnittliche Rabatt 12,6 Prozent auf Elektroautos, während Verbrenner mit einem Nachlass von 16,7 Prozent auf den Listenpreis angeboten wurden. Im ersten Quartal des Jahres hatten viele Hersteller den gestrichenen Umweltbonus noch an ihre Kunden weitergegeben.

Das "Volks"-E-Auto fehlt

Das Auto fürs "Volk", mit dem der Massenmarkt erschlossen werden soll, fehlt bisher. Nun will VW aufs Tempo drücken. Bis 2027 soll der ID.1 als Einsteiger-Elektromodell kommen und 20.000 Euro kosten. Wo der Wagen produziert werden soll, wurde nicht genannt – aber Deutschland komme nicht in Betracht, so das Unternehmen. Vorher soll noch der ID.2 im Format des Polo den Startpreis für einen neuen VW-Stromer unter die 30.000-Euro-Marke drücken.

Für den Autoexperten und Leiter des privaten CAR-Instituts, Ferdinand Dudenhöffer, habe der geplante Elektro-Kleinwagen von VW nur Sinn, wenn er auch in China gebaut und verkauft werde. Aber die Konkurrenz aus China hat eine eigene Flotte an Elektrofahrzeugen entwickelt – vom großen SUV bis hin zum kleinen Stadtflitzer – und braucht dringend Käufer.

Chinesen locken mit günstigen Preisen

China ist der weltweit größte Automarkt auch für E-Autos mit jährlich 6,3 Millionen Neuzulassungen. BYD hat nach eigenen Angaben 2023 2,7 Millionen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, also E-Autos und Hybride, auf dem heimischen Markt verkauft – und ist mit Abstand der erfolgreichste Autobauer in China.

Zum Vergleich: VW verkaufte im vergangenen Jahr in China 190.000 E-Autos, hatte sich jedoch mehr erhofft. Selbst massive Preissenkungen im letzten Quartal konnten die Verkaufszahlen nicht verbessern.

Nun drängt der chinesische Autobauer auch auf den europäischen Markt. Einen BYD Dolphin bekommen Käufer in Deutschland beispielsweise ab 32.000 Euro und auch die Chinesen versuchen, ihre Autos noch günstiger zu machen.

Der chinesische Elektroautobauer Xpeng hat angekündigt, bereits in diesem Jahr ein E-Auto für unter 20.000 Euro anzubieten. BYD will spätestens im Jahr 2025 ein preiswertes Elektroauto nach Europa bringen – zwei Jahre früher als VW. Grundlage ist das chinesische Modell Seagull. Die europäische Version des Stromers soll weniger als 20.000 Euro kosten.

Dafür wolle BYD sogar ein zweites Produktionswerk in Europa bauen, sagte BYD-Europa-Geschäftsführer Michael Shu. Eine klare Ansage an die Konkurrenz: "Wir sind zuversichtlich, dass wir bis 2030 eine führende Position einnehmen können", so Shu.

Autoexperte Dudenhöffer rechnet in naher Zukunft mit einem europäischen Marktanteil von rund 25 Prozent für in China montierte Autos. Die Preisvorteile spiegelten bereits jetzt die Größen- und Kostenvorteile der chinesischen Produktion, so der Experte.

Qualität und Preis entscheidend

Die Chinesen scheinen bisher auf wenig Gegenwehr seitens der deutschen Autobauer zu stoßen. Preislich gesehen, bewegen sich die deutschen Marken im Premiumsegment – wohl auch, weil hier mehr Geld zu verdienen ist.

  • Für den von der VW-Tochter Porsche gebauten Taycan werden Preise zwischen 100.000 und 200.000 Euro aufgerufen.
  • Das Basismodell des Audi Q6 e-tron 55 kostet ab 75.000 Euro.
  • Konkurrent BMW verlangt für seinen iX xDrive40 ab 77.000 Euro.
  • Und der Grundpreis eines Mercedes-Benz EQS 450 Electric Art 4Matic liegt bei rund 115.000 Euro.

Neben der Elektrifizierung machen auch die chinesischen Fahrzeuge in puncto Qualität keinen Unterschied mehr zu deutschen Modellen. Das bescheinigt eine Studie des ADAC. Fazit der Tester: Elektroautos chinesischer Herkunft können bei Antrieb, Konnektivität und Qualität problemlos mit den Angeboten der etablierten Anbieter mithalten. Zudem besetzen die Autos von BYD den massentauglichen Markt der Kleinwagen und kompakten Mittelklasse.

Hohe Investitionen geplant

Volkswagen hat die Elektromobilität zur Chefsache erklärt und auch bereits riesige Summen investiert – beispielsweise in die sogenannte MEB-Plattform, auf der die Modelle ID.3 bis ID.7 gebaut werden. Mit dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) will VW so effizient wie möglich Automobile mit den gleichen Antriebssträngen, aber mit unterschiedlichen Karosserien herstellen. Kostenpunkt: 30 Milliarden. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen mit dem Baukasten 20 Millionen Elektroautos produziert werden.

  • Das VW-Werk in Zwickau, in dem nach der Wende vor allem der Golf und der Passat vom Band liefen, wurde komplett auf die Produktion von E-Autos umgestellt. Der Standort wurde für rund 1,2 Milliarden Euro vom Verbrenner auf die Elektromobilität umgebaut. Produziert werden unter anderem die Modelle ID.3 und Cupra Born.
  • Zudem soll das Stammwerk in Wolfsburg in den kommenden Jahren zu einem Werk für Elektromobilität umgebaut werden. Dafür investiert VW in einem ersten Schritt rund 460 Millionen Euro. Pläne für ein neues Werk speziell für E-Autos in Wolfsburg hat der Konzern gestoppt.
  • Außerdem investiert der Konzern in ein Batteriewerk in Kanada. Auf 150 Hektar sollen ab 2024 bis zu 3.000 Menschen arbeiten und genügend Stromspeicher für bis zu eine Million Elektrofahrzeuge pro Jahr produzieren. Die geplanten Investitionskosten liegen bei knapp fünf Milliarden Euro.
  • VWs neuestes Projekt ist ein Stromspeicher, in dem auch ausgediente Autobatterien zum Einsatz kommen sollen. Deutschlands erstes "Power Center" im Norden Deutschlands soll Ökostrom zwischenspeichern und bereits 2025 ans Netz gehen, kündigte VW an. Der Autokonzern glaube daran, dass sich der Bedarf in Deutschland in den kommenden Jahren verzehnfachen werde.

"VW ist in einer prekären Lage"

Insgesamt will Volkswagen in den kommenden fünf Jahren zwei Drittel seiner Investitionen in die Elektrifizierung und digitale Vernetzung stecken. VW rechnet mit einer Gesamtinvestition von rund 180 Milliarden Euro – 68 Prozent davon, also 122 Milliarden, sind für die Elektromobilität vorgesehen. Bis zu 15 Milliarden Euro davon sollen in den Aufbau von Batteriezellfabriken und die Rohstoffsicherung fließen.

Gigantische Investitionen, starke Konkurrenz aus den USA und China, schwächelnde Verkäufe in Europa – VW stehe vor der mit Abstand schwierigsten Phase der jüngeren Unternehmensgeschichte, soll der amtierende VW-Markenchef Thomas Schäfer laut "businessinsider.com" in einem vertraulichen Briefing an die Führungskräfte beklagt haben. Der Autobauer dürfe bei der E-Mobilität keine Zeit verlieren. "VW ist in einer prekären Lage", fasste Schäfer den aktuellen Zustand der Marke zusammen.

Preiskampf in Europa tobt

Schäfer, der sich selbst als großen "Elektrofan" bezeichnet, malte ein düsteres Bild der weltwirtschaftlichen Lage. Die Bereitschaft der Menschen, Geld auszugeben, sinke. Vor allem die neuen Konkurrenten aus China, die nach Europa exportieren, entfachten einen Wettbewerb, den der Konzern aushalten müsse. Nach seiner Einschätzung würden firmeneigene Werke zu lange brauchen und die Autos zu teuer produzieren.

Sorgen bereitet ihm auch der Preisverfall bei Elektroautos, angeheizt vor allem durch Tesla. Tesla hatte in der Vergangenheit mehrfach die Preise für seine Modelle kurzfristig gesenkt. BYD zog nach und senkte die Preise für seine Modelle in Europa um bis zu 15 Prozent.

"Wenn wir nichts machen, wird es immer schwieriger, unsere Erfolge darzustellen", so Schäfer weiter. VW müsse schneller werden, kürzere Produktionszyklen haben und Fahrzeuge günstiger auf den Markt bringen.

Immerhin konnte VW im Jahr 2023 insgesamt rund 9,2 Millionen Fahrzeuge ausliefern. Damit stieg die Zahl der Auslieferungen im Vergleich zu 2022 um etwa 12 Prozent und der kontinuierliche Abwärtstrend seit 2019 konnte gestoppt werden. Der Anteil beim Verkauf von E-Autos liegt allerdings nur bei 8,3 Prozent.

Um den Absatz anzukurbeln, gewährt Volkswagens Kernmarke zurzeit mehr als 7.000 Euro Rabatt auf das Mittelklasse-SUV ID.4. Autoexperte Dudenhöffer prognostiziert weitere Preissenkungen, denn den meisten Kunden seien die Stromer noch immer zu teuer.

Personalabbau soll Kosten reduzieren

Die Autoindustrie ist eine der wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland. Hierzulande sind laut Angaben des Branchenverbandes VDA rund 780.000 Menschen in der Autoproduktion beschäftigt – 300.000 allein bei VW. Deutschlands Automobilindustrie trägt rund 4,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und erbringt jährliche Steuereinnahmen von rund 100 Milliarden Euro.

Laut Ifo-Institut hat sich das Geschäftsklima in der deutschen Automobilindustrie jedoch im Mai deutlich verschlechtert und fiel von minus 2,4 auf minus 8,6 Punkte. Auch der Blick aufs zweite Halbjahr bleibt bei den befragten Unternehmen pessimistisch. Der Druck auf den Volkswagen-Konzern, Kosten einzusparen, wächst.

Um international konkurrenzfähig zu bleiben, will VW mit dem Ende 2023 vorgestellten "Performance Programm" bis 2026 durch Einsparungen bei Material, Entwicklungs- und Fertigungskosten, aber auch beim Personal die Kosten um zehn Milliarden Euro senken. Dabei sollen Mitarbeitern gezielt Abfindungen angeboten und die Altersteilzeit ausgeweitet werden. Wie viele Stellen am Ende wegfallen, ließ VW offen.

Schwelender Handelskonflikt mit China

Die Schwierigkeiten für VW kommen derzeit von allen Seiten. In den USA hat Präsident Joe Biden kürzlich die Einfuhrzölle für chinesische Halbleiterprodukte von 25 auf 50 Prozent und für Batterien für Elektroautos von 7,5 auf 25 Prozent erhöht.

Derzeit prüft die EU-Kommission, ob auch in Europa höhere Einfuhrzölle erhoben werden sollen. Die Kommission droht mit Zöllen von bis zu 38,1 Prozent auf E-Autos. Ob diese tatsächlich gezahlt werden müssen, hängt davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden kann.

Strafzölle für chinesische Autos stoßen bei den europäischen Automobilherstellern auf heftige Kritik. Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller sieht die Abgaben als Hindernis für die globale Zusammenarbeit. So wachse das Risiko von globalen Handelskonflikten, betonte sie.

Zölle treffen vor allem Verbraucher

Zölle würden stets zu Vergeltungsmaßnahmen führen und vor allem deutschen Verbrauchern schaden. Einen Handelskonflikt bei Elektroautos zwischen China und Europa sowie den USA könnte auch die deutschen Autobauer empfindlich treffen, sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomie und neue Technologien, Oliver Falck.

Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW sind stark auf die Einnahmen aus dem Chinageschäft angewiesen. Fast die Hälfte aller von VW gebauten Fahrzeuge werden in China ausgeliefert. Im Jahr 2023 waren es 3,24 Millionen Autos – wobei VW den chinesischen Markt fast ausschließlich aus lokaler Fertigung bedient.

Zudem könnten VW und andere Firmen das erste Ziel möglicher chinesischer Gegenmaßnahmen sein. Der von VW produzierte Elektro-SUV Cupra Tavascan, der im Herbst auf den Markt kommen soll, wird in China gebaut und nach Europa exportiert – und würde damit unter die Strafzollmaßnahmen der EU fallen.

Für den Autoexperten Dudenhöffer sind Strafzölle gegen umweltfreundliche Produkte ein großer Fehler, mit dem das Klima vergiftet und der wichtige industrielle Austausch mit China behindert würden. Für unfaire Wettbewerbsvorteile bei den chinesischen Autoherstellern durch staatliche Subventionen gebe es seiner Ansicht nach keine Belege.

Sollte es zu keiner Einigung zwischen der EU und China kommen, dann würden die Zölle rückwirkend vom 4. Juli an einbehalten werden.

Bekenntnis zur E-Mobilität

Für VW-Chef Oliver Blume ist die Elektromobilität die Zukunft der Automobilindustrie. "Der Schwerpunkt unserer Investitionen ist darauf ausgerichtet", sagte Blume und forderte gleichzeitig von der Bundesregierung mehr Unterstützung für den Elektro-Kurs. "Wichtig ist, dass der Hochlauf der E-Mobilität von allen Seiten unterstützt wird. Auch seitens der Politik bedarf es einer klaren Haltung: ein eindeutiges Bekenntnis zur E-Mobilität."

Übrigens: Um die Erderwärmung gemäß den Pariser Klimazielen auf unter zwei Grad zu begrenzen, müsste der Verkaufsanteil emissionsfreier Autos und Vans laut Schätzungen des International Council in Clean Transportation (ICCT) bis 2030 bei 77 Prozent liegen und 2035 nahezu bei 100 Prozent. Das Ziel zu erreichen, könnte sich lohnen – sowohl für die künftigen Gewinne des Automobilherstellers VW als auch für die Zukunft der Menschheit.

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