Trigema-Chef Wolfgang Grupp "Wenn einer zu Hause arbeiten kann, ist er unwichtig"
Viele Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten zumindest teilweise im Homeoffice. Trigema-Chef Grupp spricht sich klar gegen dieses Modell aus – dabei gibt es nicht nur Nachteile.
Spätestens seit der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen eine feste Homeoffice-Regelung etabliert. Beim Bekleidungskonzern Trigema kommt Arbeiten von Zuhause jedoch nicht infrage. "Homeoffice gibt's bei mir nicht", sagte Trigema-Chef Wolfgang Grupp dem "Tagesspiegel". "Wenn einer zu Hause arbeiten kann, ist er unwichtig."
Der 81-Jährige geht davon aus, dass die Menschen, die viel studiert haben, lieber im Homeoffice arbeiteten – "aber bei mir können sie sich dann auch gleich arbeitslos melden", so Grupp. Es merke sowieso keiner, ob sie arbeiten oder nicht.
Er selbst sei jeden Tag in der Firma und brauche seine leitenden Mitarbeiter auch jeden Tag vor Ort. "Das beschleunigt Entscheidungen", begründete er seine strikte Regelung. "Ich entscheide schnell, bei mir bekommt jeder sofort eine Antwort."
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Homeoffice ist umstritten
Homeoffice ist in der Wirtschaft umstritten. Einige Chefs gehen davon aus, dass ihre Mitarbeitenden Zuhause unproduktiver sind, andere hingegen glauben an mehr Effizienz und Produktivität, wenn Arbeitnehmer die Möglichkeit des Homeoffice haben. Mathias Dolls, stellvertretender Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass einer der Knackpunkte sei, dass Beschäftigte daheim bei Problemen nicht so schnell wie im Büro Rücksprache halten könnten.
Weitere Studien belegen dem Bericht zufolge, dass die Kreativität unter dem Mangel an Austausch mit Kollegen leide oder dass etwa die elektronische Kommunikation nachweislich mehr Aufwand mit sich bringe als ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
"Andere Untersuchungen zeigen hingegen, dass Beschäftigte zu Hause zufriedener und deshalb auch produktiver sind", sagte Hannes Zacher, Organisationspsychologe an der Universität Leipzig, dem RND. Er kenne viele der Homeofficestudien, die seit den ersten Lockdowns auf den Weg gebracht wurden. "Der Forschungsstand ist heterogen, teils auch widersprüchlich", sagte Zacher.
Homeoffice-Tage unterscheiden sich je nach Branche
Nach einer im August veröffentlichten Studie des Ifo-Instituts können deutsche Arbeitnehmer im europäischen Vergleich besonders viel von zuhause arbeiten. Deutschland kommt demnach mit durchschnittlich gut einem Tag Homeoffice pro Woche auf den zweiten Platz unter 17 europäischen Ländern. Insgesamt sei "nur knapp die Hälfte aller Stellen überhaupt mit Homeoffice vereinbar", sagte Ifo-Experte Jean-Victor Alipour. "Wo Homeoffice möglich ist, arbeiten die Beschäftigten im Durchschnitt 1,5 Tage pro Woche von zuhause."
Je nach Branche unterscheiden sich Anteile der im Homeoffice erbrachten Arbeitsstunden stark. In der IT-Branche und Werbung sind es fast zwei Drittel, bei Unternehmensberatern ein Viertel. Am anderen Ende der Skala finden sich Gastronomie und Beherbergungsbranche mit einem Prozent, Getränkehersteller mit zwei und der Bau mit drei Prozent.
Der Anteil der Beschäftigten, die zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten, lag im August bei 25 Prozent. "Diese Quote ist seit Aufhebung der Homeofficepflicht im März 2022 nahezu unverändert", sagte Alipour. "Homeoffice ist mittlerweile ein integraler Teil der Arbeitskultur in Deutschland und wird es künftig auch bleiben. Hybride Modelle setzen sich durch."
- tagesspiegel.de: "'Wenn einer im Homeoffice arbeiten kann, ist er unwichtig'" (kostenpflichtig)
- rnd.de: "Unproduktiv im Homeoffice: 'Eine gewisse Ernüchterung ist eingekehrt'"
- Nachrichtenagentur dpa