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Lützerath-Video: Das wird für Greta Thunberg zum Problem


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Entlarvendes Video
Das wird für Thunberg noch zum Problem

  • Nicole Diekmann
MeinungEine Kolumne von Nicole Diekmann

Aktualisiert am 19.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Fake-Vorwürfe: Entlarvt dieses Video Greta Thunberg? (Quelle: t-online)
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Polizisten tragen Klimaaktivistin Greta Thunberg in Lützerath weg. Die medienwirksamen Bilder wirkten inszeniert – und werden jetzt zum Problem für die Bewegung.

Wer im nordrhein-westfälischen Lützerath blockiert und demonstriert, weiß um die Kraft von Symbolik: Darum, die wenigen zuletzt verbliebenen Reste des ohnehin längst geräumten Fleckchens vor den Abrissbirnen zu verteidigen, geht es nicht.

Eigentlich geht es den Protestierenden dort um das Aus von Kohlestrom. Um das Ende der fossilen Energie. Darum, der Politik Feuer unterm Hintern zu machen, endlich die Klimaziele auch nur annähernd überhaupt erreichen zu wollen. Es geht darum, die Welt zu retten vor dem drohenden Kollaps – es geht ums große Ganze.

Die Fernsehjournalistin Nicole Diekmann kennt man als seriöse Politikberichterstatterin. Ganz anders, nämlich schlagfertig und lustig, erlebt man sie auf Twitter – wo sie über 120.000 Fans hat. Dort filetiert sie politische und gesellschaftliche Aufreger rund ums Internet. Ihr Buch "Die Shitstorm-Republik" ist überall erhältlich, ihr Blog findet man hier.

Für diesen Kampf um alles steht Greta Thunberg wie keine andere. Die junge Schwedin, auf der ganzen Welt berühmt geworden durch ihr Engagement für Fridays for Future, ist die Stimme ihrer Generation. Einer Generation, die eine Welt ohne Smartphones und soziale Netzwerke gar nicht mehr kennt. Die diese bewundernswert intuitiv einsetzt in ihrem kompromisslosen Kampf fürs Klima.

Peinliches Video für die Klima-Ikone Thunberg

Nur: So kompromisslos scheint dieser Kampf gar nicht zu sein. Und: So versiert scheint wenigstens Greta Thunberg auch im Umgang mit den sozialen Medien nicht zu sein. Thunberg ist eigens nach Lützerath gereist. Das adelt den dortigen Protest und sichert ihm riesige mediale Beachtung.

So stellt man die immens wichtige Öffentlichkeit her für die große, gute Sache. Nun haben alle Beteiligten aber mit einem Video zu tun, das der Öffentlichkeit nicht gefällt. Und zwar aus nachvollziehbaren Gründen.

Denn das Video zeigt eine wartende Greta Thunberg, die entspannt zwischen zwei Polizisten steht, dabei lächelt und plaudert. Worauf sie wartet? Darauf, dass die im nächsten Schwenk zu sehenden Pressevertreter sich im günstigsten Abstand und Winkel positioniert haben, um erst die geduldig und freundlich zusammenstehende Personengruppe, Polizisten samt Aktivistin, abzulichten und anschließend zu filmen und zu fotografieren, wie Thunberg weggetragen wird?

"Inszenierung" lautet denn auch das Stichwort, unter dem diese Sequenz sich in den sozialen Medien verbreitet. Je nach politischem Standpunkt ist die Enttäuschung riesig.

Die eigenen Anhänger sind enttäuscht von Thunberg

Diejenigen, die sich im Kampf gegen die Klimakatastrophe solidarisch zeigen mit Thunberg und den Ihren, fühlen sich verraten. Klar. Revolution sieht anders aus. Wer sich auflehnt gegen ein System, der scherzt nich mit dessen Repräsentanten – und schon gar nicht mit der Polizei.

Diejenigen, die mit der Streitfigur Greta Thunberg nichts anfangen können, die den Protest in Lützerath verurteilen, sind wütend auf die Polizei. Aus denselben Gründen wie die Thunberg-Anhänger. Wenigstens darin ist man sich einig.

Nun muss man wissen: Auch bei Castor-Transporten gab es solche Situationen schon. Sie nutzen beiden Seiten – und sind einer der Gründe, warum verhältnismäßig wenige Menschen bei diesen Protesten verletzt werden.

Bei den Demos gegen die Castor-Transporte war das nie ein Problem. Der Unterschied: Diese eine leuchtende Figur, die Thunberg für die Klimabewegung darstellt, hatten die Proteste gegen die Castor-Transporte nie. Und, noch viel wichtiger: Niemand hatte das Pech, dass jemand das geduldige Warten auf die Presse filmte und anschließend ins Netz stellte.

Das zeigt das Paradox dieser jungen Klimabewegung: Einerseits weiß man sehr, sehr gut um die Wirkung der Bilder, um die Macht der sozialen Netzwerke – doch diese Macht lässt sich von keiner Seite kontrollieren. Einen viel größeren Bärendienst für die Sache der Protestierenden lieferte in Lützerath denn auch eine Sanitäterin aus den Reihen der Klimaschützer.

Sanitäterin der Protestierenden wird zum Problem

Sie behauptete vor laufenden Kameras, es habe teils lebensgefährlich Verletzte unter den Demonstranten gegeben, die Polizei habe "systematisch auf Köpfe geschlagen", es habe ein "hemmungsloses Einprügeln" gegeben. Weiter schrieb sie auf Twitter, sie habe "jeden Knochen des menschlichen Körpers [...] heute gebrochen gesehen".

Eindrückliche Schilderungen, bestürzende Beobachtungen, eine fassungslos machende Zusammenfassung der Polizeiarbeit – allein: eine komplett falsche. Die angeblich bis hin zur Lebensgefahr Verletzten gab es nicht. Die junge Frau musste zurückrudern. Ein peinlicher Vorgang, der der Klimabewegung schadet. Denn natürlich verbreiteten sich sowohl die ersten Aussagen der Sanitäterin wie ein Lauffeuer – und selbstverständlich passiert dasselbe mit den dringend notwendigen Korrekturen dieser Falschbehauptungen.

Es ist kein Geheimnis – die Reaktionen auf das nun aufgetauchte Thunberg-Video beweisen es ja: Das Feindbild Polizei existiert natürlich auch in der Klimaprotestbewegung. Und sicherlich setzen einige auch darauf, den Protest am Laufen zu halten und womöglich noch mehr Demonstrierende zu mobilisieren, indem sie dieses Feindbild pflegen.

Auf den ersten Blick liegen die Sanitäterin und Thunberg denkbar weit auseinander: Die eine versucht, die Polizei der Öffentlichkeit zum Fraß vorzuwerfen. Die andere ist freundlich mit den Beamten. Beide aber wissen um die Macht der sozialen Medien. Die eine stolpert über sie, weil sie die Unwahrheit erzählt hat. Die andere, weil sie sie anscheinend nicht im Blick hatte. Für beide gilt: Die technische Revolution frisst ihre Kinder.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels wurde behauptet, dass das Auftreten von Polizei und Thunberg inszeniert gewesen sei. Laut einer Recherche der "Bild" sei dies nicht der Fall gewesen. Auch die Polizei wies diese Behauptungen inzwischen zurück. Wir haben den Artikel entsprechend korrigiert und bitten um Entschuldigung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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