Streit um Sicherheitsrisiken Telekom und Telefónica bereiten sich auf Huawei-Bann vor
Die Sicherheitsdebatte um den Netzwerkausrüster Huawei lässt auch die deutschen Netzbetreiber zunehmend nervös werden. Für sie wäre eine Produkt-Bann eine Katastrophe. Ein Plan B muss her.
In der Diskussion um mögliche Sicherheitsrisiken bereiten sich die Netzbetreiber Telekom und Telefónica laut einem Bericht des "Handelsblatt" bereits auf einen Verzicht auf Mobilfunk-Infrastruktur des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei "in ihren Kernnetzen" vor. Derzeit würden entsprechende Rückbaupläne von beiden Unternehmen ausgearbeitet, erfuhr die Zeitung aus Unternehmenskreisen.
Die Bundesregierung prüft unterdessen, ob konkrete Sicherheitsrisiken durch den Einsatz von Huawei-Infrastruktur entstehen könnten. Die Sicherheit der von Telekommunikationsausrüstern angebotenen Produkte und die Sicherheit des 5G-Netzes "ist für uns alle von hoher Relevanz", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin. Davon werde sich die Bundesregierung bei ihren Entscheidungen leiten lassen.
Die Willensbildung innerhalb der Regierung zum 5G-Netz sei aber noch nicht abgeschlossen, betonte ein Sprecher des Innenministeriums. Einen genauen Zeitpunkt für die Entscheidung wollte er nicht nennen.
Die beiden Telekommunikationsunternehmen wollen sich mit ihren Vorbereitungen für den Fall rüsten, dass die Bundesregierung den Einsatz von Huawei einschränken sollte, hieß es. Die Konzerne hofften jedoch, dass es nicht zu einem Bann der Huawei-Technik kommen werde.
"Sicherheits-TÜV" für 5G-Infrastruktur: So sieht der Vorschlag der Telekom aus
Die Deutsche Telekom hatte als Alternative zuvor bereits eine Art "Sicherheits-TÜV" vorgeschlagen, der auch von den Konkurrenten Vodafone und Telefónica begrüßt wurde. Ein Rückbau von Huawei-Technik sei dagegen sehr aufwendig sagte ein Telefónica-Sprecher dem Handelsblatt. "Hier sprechen wir nicht von wenigen Monaten, sondern von längeren Zeiträumen."
Der Vorstoß der Deutschen Telekom sieht eine herstellerunabhängige Zertifizierung für alle kritischen Infrastrukturelemente vor. Dies sei eine wichtige und wegweisende Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit. "Basis der Zertifizierung sollten Tests durch unabhängige Prüflabore unter staatlicher Aufsicht (z.B. BSI) unter Berücksichtigung anerkannter Standards sein."
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) steht allerdings selbst in der Kritik, weil es im vergangenen Jahr an der Eröffnung eines "Security Innovation Lab" von Huawei in Bonn beteiligt war. BSI-Präsident Arne Schönbohm hatte damals erklärt, das BSI begrüße die Eröffnung dieses Labors, "das einen weiteren und tieferen technischen Austausch zwischen Huawei und dem BSI ermöglicht, um die zukünftigen Herausforderungen der Cybersicherheit anzugehen".
Im Streit um die Sicherheitsrisiken bei Mobilfunkausrüstung aus China hatte sich das BSI zuvor gegen einen Huawei-Boykott ausgesprochen. Es gebe bislang keinerlei Hinweise, dass die Geräte zu Spionagezwecke ausgerüstet worden seien.
Hersteller sollen den Quellcode offen legen
Allerdings besteht die Sorge, dass Geräte durch spätere Updates zum Sicherheitsrisiko werden könnten. Der Telekom-Vorschlag sieht daher vor, den Quellcode von Software bei einer vertrauenswürdigen dritten Stelle zu hinterlegen. "Nach definierten Regeln könnte dann ein Zugang für einen Betreiber gewährt werden, der ihn dann in die Lage versetzen würde, Schwachstellen eigenverantwortlich zu beseitigen." Das Unternehmen sprach sich zudem für eine Erweiterung der Haftung aus: Die Neuregelung müsse auch die Hersteller und Lieferanten für kritische Infrastruktur einbeziehen.
Gleichzeitig stellte der Konzern am Donnerstag in Berlin klar, dass die Vorschläge nicht als Votum gegen oder für einen bestimmten Anbieter zu verstehen seien. Ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte, sein Unternehmen setze bei der Beschaffung der Netzwerkelemente auf verschiedene Lieferanten. Hersteller seien vor allem Ericsson, Nokia, Cisco, aber auch Huawei. "Dennoch bewerten wir derzeit unsere Beschaffungsstrategie neu."
Die USA erhöhen den Druck auf China
Zuletzt hatten die USA den Druck auch auf Deutschland verstärkt, sich einem Boykott anzuschließen. Die Trump-Regierung wirft dem chinesischen Konzern unter anderem Spionage vor.
Der Botschafter der USA in Deutschland, Richard Grenell, hatte zuletzt im "Tagesspiegel" gesagt, die amerikanische und die deutsche Wirtschaft seien einig, "dass die Sicherheit von Telekommunikationsnetzen und Lieferketten gefährdet ist, wenn Lieferanten der Kontrolle oder dem Einfluss ausländischer Regierungen unterliegen". Darin liege "das Risiko eines unbefugten Zugangs und bösartiger Cyberaktivitäten". Deutschland verstehe die Bedrohung, sagte Grenell.
- Nachrichtenagentur dpa
- Pressemitteilung von Huawei