Künstliche Intelligenz War Googles Duplex-Vorführung getürkt?
Google will eine Künstliche Intelligenz entwickelt haben, die selbständig Telefonate führen kann. Ein Journalist äußert Zweifel, dass bei der Präsentation von "Duplex" alles so ablief, wie von Google behauptet. Der Konzern schweigt zu den Vorwürfen.
Vergangene Woche verblüffte Google die Welt mit einer Neuheit: Auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz I/O führte Google-Chef Sundar Pichai die Kommunikationstalente einer Künstlichen Intelligenz (KI) namens "Duplex" vor. Der Sprachassistent soll im Auftrag seines Nutzers Telefonate durchführen, zum Beispiel, um eine Reservierung in einem Restaurant zu machen. Dabei nutzt die Software zwar eine computergenerierte Stimme. Diese klingt aber so realistisch, dass es schon fast unheimlich ist.
Allerdings hat bisher niemand diese Technologie unabhängig testen können. Für die Präsentation ließ Pichai die KI zwei Beispielanrufe tätigen. Die Angerufenen – eine Mitarbeiterin in einem Friseursalon und eine Restaurant-Angestellte – wussten angeblich nichts davon, dass sie Teil eines Experiments waren. Und es sah so aus, als hätten sie auch keinen Verdacht geschöpft.
Verdächtig sei hingegen der Verlauf des Gesprächs, meint der Tech-Journalist Dan Primack von "Axios" und unterstellt Google ein Täuschungsmanöver. So würden sich die Mitarbeiter in einem echten Restaurant oder Friseursalon normalerweise mit dem Namen des Geschäfts melden. Außerdem seien für gewöhnlich die typischen Hintergrundgeräusche zu hören, zum Beispiel Gespräche oder Tellerklappern. Beides blieb in der Google-Vorführung aber aus. Auch die Tatsache, dass die angerufenen Mitarbeiter keinerlei Anstalten machten, die Kontaktdaten des vermeintlichen Anrufers entgegen zu nehmen, mache stutzig.
Könnte es sein, dass Google die Anrufe inszeniert hat? Eine andere Erklärung scheint mindestens ebenso wahrscheinlich: So könnte Google Teile der Unterhaltung nachträglich aus der Audio-Datei herausgeschnitten haben, um die Identität der angerufenen Betriebe zu schützen, gibt Primack zu. Das würde aber bedeuten, dass das Publikum zumindest über den Live-Charakter der Vorführung getäuscht wurde.
Bisher jedenfalls blieb Google weitere Belege für die behaupteten Fähigkeiten seines neuen Sprachassistenten schuldig. Auch die Fragen des Journalisten ließ der Konzern bisher unbeantwortet.