YouTube "Weißes Rauschen" ist urheberrechtlich geschützt
Ein Musiker erstellt ein zehnstündiges Video, das nichts als weißes Rauschen zeigt. Doch YouTube spricht die Nutzungsrechte für das Geräusch fünf anderen Nutzern zu. Und die wollen jetzt Geld sehen.
"Low level white noise" steht da in schwarzer Schrift auf weißem Grund. Es ertönt ein leises Rauschen, wie man es von Störsignalen aus dem Radio oder Fernsehen kennt. Sonst passiert in dem Video nichts - für geschlagene zehn Stunden.
Ausgerechnet dieses Video ist in Australien jetzt zum Zankapfel in einem kuriosen Urheberrechtsstreit geworden.
YouTube stuft den Inhalt nämlich als urheberrechtlich geschütztes Material ein. Und die angeblichen Rechteinhaber fordern von dem Kanalbetreiber eine Beteiligung an den möglichen Werbeeinnahmen.
Das passiert offenbar nicht zum ersten Mal, berichtet der Beschuldigte, ein Soundtechniker aus Australien namens Sebastian Tomczak auf Twitter. Insgesamt fünf Kläger erheben bereits Ansprüche auf die Werbeeinahmen.
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Für Tomczak ist es kaum mehr als ein Ärgernis. Gegenüber der BBC bezeichnete er die Vorwürfe als "fadenscheinig" und nicht haltbar. Doch sie verweisen auch auf ein schon länger bekanntes Problem mit dem automatischen Inhalte-Erkennungssystem von YouTube.
Wenn der Künstler eine Katze ist
Der so genannte "Content ID"-Filter soll Urheberrechtsverletzungen auf der Plattform vollautomatisch entdecken. Raubkopien von Filmen und andere widerrechtlich hochgeladene Videos können dadurch frühzeitig erkannt und entfernt werden.
Dabei kommt es aber immer wieder zu Fehleinschätzungen. So wurde etwa 2015 ein Video mit Katzenschnurren überraschend gelöscht: YouTubes Algorithmus hatte das Geräusch für einen Teil eines Pop-Songs gehalten, der durch das Plattenlabel EMI lizensiert ist.
Sobald der Mechanismus eine Urheberrechtsverletzung festgestellt hat, können die tatsächlichen oder angeblichen Rechteinhaber den Kanalbetreiber auffordern, sie an den Einnahmen zu beteiligen. Für die Medienindustrie ist das laut YouTube bereits zu einer nicht unerheblichen zusätzlichen Einnnahmequelle geworden.
Der beschuldigte Musiker wehrt sich
Auch im Fall des "White noise"-Videos stimmten alle Kläger dafür, dass Tomczaks Video monetarisiert, also mit Werbung versehen werden sollte. Tomczak will die Forderungen auf jeden Fall anfechten. Es sei nicht hinnehmbar, dass andere Leute dank eines "kaputten Systems" falsche Forderungen stellen und mit seiner Arbeit Geld verdienen könnten.
Der Australier ist guter Dinge, als Sieger aus dem Streit hervorzugehen: Er könne nachweisen, dass er die Aufnahme selbst erstellt habe und dass es sich um ein eigenständiges Werk handle.
Tomczak hatte das Rauschen mit Hilfe einer Audio-Software erstellt und 2015 als zehnstündiges Video auf YouTube hochgeladen. Laut "Futurezone" habe er damit erforschen wollen, wie sich das permanente Rauschen auf die Psyche auswirkt.
Es gibt einen Markt für beruhigende YouTube-Videos
Videos, die stundenlang das gleiche Geräusch abspielen, erfreuen sich auf YouTube großer Beliebtheit. Sie zeigen zum Beispiel Frauen beim Haare föhnen, ein knisterndes Kaminfeuer, eine Autofahrt oder beinhalten einfach nur einfarbige Hintergründe, zu denen sphärische Klänge abgespielt werden. Die Nutzer verwenden solche Videos als Einschlaf- oder Konzentrationshilfe. Das ist offenbar auch der Markt, den Tomczaks Kläger mit ihren Inhalten bedienen.
Quellen