Spionageverdacht US-Regierung streicht Kaspersky von der Liste sicherer Anbieter
Die US-Regierung geht wegen Spionageverdachts gegen die russische Softwarefirma Kaspersky vor: US-Bundesbehörden sollen künftig keine Programme von Kaspersky mehr kaufen dürfen. Die US-Beschaffungsbehörde GSA erklärte am Mittwoch, Kaspersky Labs sei von der Liste zugelassener Anbieter für Internetsicherheit gestrichen worden.
Vor wenigen Wochen hatten US-Geheimdienstmitarbeiter dem Unternehmen Verbindungen zur russischen Armee und zu russischen Geheimdiensten vorgeworfen. Die Firma wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück und erklärte: "Das Unternehmen hat niemals und wird niemals irgendeiner Regierung auf der Welt dabei helfen, Cyberspionage zu betreiben." Es gebe keine Beweise für die Behauptungen.
Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg von dieser Woche beweisen unternehmensinterne E-Mails, dass Kaspersky enge Beziehungen zu dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB hat. Daraufhin erklärte die Firma, der zitierte E-Mail-Verkehr sei "missinterpretiert oder manipuliert" worden. Sie fügte aber hinzu, dass sie regelmäßig mit Behörden, anderen IT-Firmen und Opfern von Cyberkriminalität kooperiere.
Eugene Kaspersky (in Russisch "Jewgeni Kaspersky") ist weltweit als Sicherheitsexperte bekannt und macht regelmäßig mit Statements zu aktuellen Themen von sich reden. Mit seiner Firma stellt er seit Jahren erfolgreich Sicherheitsprogramme für Computer her, die auch in Deutschland viele Käufer finden. In Vergleichstests schneiden die Softwarepakete meist gut ab.
Nach Einreiseverbot nun neue Beschränkungen wegen Nationalität?
Eigentlich alles positive Fakten, die Kaspersky freuen sollten. Doch der Mann ist Russe. Die Entwickler in seiner Firma größtenteils auch. Zumindest in Amerika ist das nun zum Problem geworden, denn nach mehreren Cyberattacken, hinter denen russische Hacker und indirekt auch die russische Regierung vermutet wird, stellten sich einigen US-Vertretern die Frage, ob es wirklich so eine gute Idee ist, die Sicherheitssoftware von einer russischen Firma zu beziehen.
Amerikanische Verteidigungspolitiker beantworten die Frage nun mit einem eindeutigen "Nein" und setzen den Softwarehersteller auf eine "Schwarze Liste". Senatorin Jeanne Shaheen kommentierte: "Kaspersky Labs kann nicht vertraut werden, wenn es darum geht, kritische Infrastruktur – speziell Computersysteme für unsere nationale Sicherheit – zu schützen" und spricht weiter von Verbindungen zwischen Kaspersky Labs und der russischen Regierung, die "sehr alarmierend" seien.
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Die Konsequenz findet sich in der vorläufigen Finanzplanung des Verteidigungsetats (National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2018). Auf der vorletzten Seite findet sich der Satz, dass "dem Verteidigungsministerium die Verwendung von Software des Herstellers Kaspersky Lab verboten ist, da die in Moskau ansässige Firma möglicher Weise anfällig für Einflüsse durch die russische Regierung ist".
Kaspersky will Unschuld mit Quellcode beweisen
Laut der US-Webseite engadget.com hat Kaspersky mit einer ganzen Reihe amerikanischer Ministerien und Behörden laufende Verträge. Aktuell betrifft das Verbot nur das Verteidigungsministerium, doch andere Behörden könnten national und auch international dem Beispiel folgen. Die Geschäftsinteressen und vor allem das Image des Unternehmens wären dann nachhaltig beschädigt.
Dementsprechend stark wehrt sich Eugene Kaspersky gegen die Vorwürfe. "Meine Firma hat und wird niemals einer Regierung bei ihren Spionageambitionen helfen" erklärte er mehrmals. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP ging er nun sogar noch einen Schritt weiter und macht einen für Softwarehersteller ungewöhnlichen Vorschlag: "Wenn es für die Vereinigten Staaten wichtig ist, können wir den Quellcode (unserer Sicherheitssoftware) veröffentlichen" sagte er und ergänzte, dass er alles tun werde, um die Bedenken auszuräumen.
Haltlose Anschuldigungen oder begründeter Verdacht?
Ob die Vorwürfe begründet sind oder nicht, lässt sich nicht so leicht sagen. Für einige Leute mag es nach dem heftig umstrittenen Einreiseverbot gegen Menschen aus muslimischen Ländern ein neuer Versuch der Trump-Regierung sein, die Welt in gute und böse Länder aufzuteilen. Allerdings sind die Vorwürfe über Eugene Kasperskys Nähe zum Kreml und dem Geheimdienst auch nicht gerade neu.
Der russische Journalist Andrei Soldatov erläuterte die Involvierung der russischen Regierung bei einem Besuch in Berlin im Juni und meinte: "Wenn die IT-Industrie in Russland von einem Ministerium gebeten wird, etwas zu tun, dann gibt es da keine Möglichkeit nein zu sagen". Und Schachlegende Garri Kasparov formulierte es im Gespräch mit t-online.de noch konkreter: "Die Kaspersky-Organisation würde in Putins Russland nicht funktionieren, wenn sie nicht Teil des großen KGB-Netzwerkes wäre."