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Annalena Baerbock ist im Fokus der Fake-News-Schreiber


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Neue Untersuchung
Annalena Baerbock ist im Fokus der Fake-News-Schreiber


06.09.2021Lesedauer: 5 Min.
Annalena Baerbock (Symbolbild): Die Grünen-Kandidatin ist besonders oft von Desinformation betroffen.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock (Symbolbild): Die Grünen-Kandidatin ist besonders oft von Desinformation betroffen. (Quelle: Jens Schicke via www.imago-images.de)

Experten warnen vor Fake News zur Bundestagswahl. Eine Untersuchung zeigt nun das Ausmaß von Desinformation auf sozialen Medien – und welche Partei besonders betroffen ist.

Vor der Bundestagswahl 2021 werden besonders auf sozialen Medien Falschnachrichten zu allen möglichen Themen verbreitet. Aber scheint sich die Mehrheit der Fake News vor allem gegen die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zu richten. Bereits kurz nach ihrer Ernennung zur Kanzlerkandidatin nahmen Falschinfos massiv zu.

Eine aktuelle Untersuchung der Bürgerbewegung Avaaz zeigt: Tatsächlich steht Baerbock im Fokus von Desinformationskampagnen. Avaaz hat für seine Auswertung Desinformation in sozialen Medien zur Bundestagswahl 2021 analysiert. Die Untersuchung behandelt zudem auch die Rolle der Medien und Facebook bei der Verbreitung von Desinformation und weist auf den Einfluss des russischen Staatsmediums RT Deutsch auf Facebook hin.

Avaaz hat für seine Untersuchung mehr als 800 Fakt-Checks der Facebook Fact-Checking-Partner "Correctiv", "dpa" und "AFP" analysiert, die im Zeitraum 1. Januar bis 31. August 2021 durchgeführt worden waren. Diese Fakt-Checks behandeln vor allem Desinformation bezüglich der Corona-Pandemie, beinhalten insgesamt aber auch 85 Desinformations-Narrative zu 30 deutschen Politikern.

Vor allem Fake News gegen Baerbock und Grüne

Das Ergebnis: Die meisten Fakt-Checks handeln über Fake News zu Annalena Baerbock (25 Prozent), gefolgt von Angela Merkel (13 Prozent) und Armin Laschet (10 Prozent). Mit Blick nur auf die Kanzlerkandidaten zeigt sich ein deutlich größerer Abstand zu den Mitbewerbern: Hier richten sich etwa 71 Prozent der Desinformations-Narrative gegen Annalena Baerbock und nur 29 Prozent gegen Armin Laschet. Gegen Olaf Scholz konnten die Fakt-Checker keine Fake News finden.

Mit Blick auf allen Parteien zeigt die Auswertung von Avast, dass auch insgesamt vor allem Politiker der der Grünen von Desinformation betroffen sind (46 Prozent), gefolgt vonPolitikern der Union (32 Prozent) und Politikern der SPD (19 Prozent).

Einige Beispiele für Falschnachrichten zu Grünen-Kandidatin Baerbock, warum und wie Sie auf Fake News reagieren sollten und wie Sie Falschnachrichten erkennen, lesen Sie hier.

Fake News gegen Olaf Scholz könnten kommen

Josef Holnburger ist von den Fake News gegen Baerbock nicht überrascht: "Es war im Grunde eine selbsterfüllende Prophezeiung, dass Annalena Baerbock Hauptziel solcher Attacken wurde", sagt Holnburger. "Wir wissen, dass Verschwörungserzählungen vor allem über Politikerinnen verbreitet werden. Und, dass rechte Kräfte – die sich der Methode der Falschinformationen bedienen – sich die Grünen als Hauptfeind ausgewählt haben."

Holnburger ist Experte für Rechtsextremismus und Verschwörungserzählungen bei der Denkfabrik CeMAS. Er rechnet damit, dass auch Olaf Scholz in den kommenden Wochen im Fokus von Desinformation geraten wird. Bisher fiel die wohl aus, weil "diejenigen, die die Kampagnen gegen die Grünen gestartet haben, wohl gar nicht so sehr mit dem Erfolg der SPD gerechnet hatten – und sie darum auch nicht auf dem Schirm gehabt hatten", sagt Holnburger.

Mit Blick auf den vergleichsweise wenigen Fake News gegen Laschet sagt der Verschwörungsexperte: "Laschet ist noch nicht als Person so hervorgetreten, dass man ihn wirklich als Kandidaten wahrnehmen würde.“ Holnburger verweist darauf, dass vergleichsweise viele Fake News gegen Angela Merkel kursieren, weil ihr viel Macht zugesprochen wird. "Die meisten Verschwörungserzählungen handeln auch über Personen und Gruppen, denen man besonders viel Macht zuspricht oder meint, dass sie viel Macht hätten", so Holnburger. "Das ist bei Laschet weniger der Fall, der strahl weniger Macht aus."

Desinformation wird vor allem in Massenmedien verbreitet

Eine Analyse des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Avaaz zeigte zudem, dass etwa 56 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mindestens eine Falschnachricht über Annalena Baerbock gesehen haben. YouGov hat für seine repräsentative Auswertung 2.077 Personen zwischen dem 9. und 12. Juli 2021 online befragt.

Laut Avaaz hat jedoch ein Großteil solcher Falschnachrichten ihren Ursprung auf Facebook und wird dann auf anderen Medien verbreitet. So zeigt die Auswertung von YouGov, dass etwa 22 Prozent der Befragten über die Fake News im Fernsehen erfahren haben. Danach folgten die Mainstream-Medien (18 Prozent) und Facebook (17 Prozent). Über Messenger wie WhatsApp gaben 10 Prozent der Befragten an, auf Fake News über Annalena Baerbock gestoßen zu sein, über Messenger Telegram sogar nur fünf Prozent.

Hier sieht Holnburger das Ganze etwas anders: "Es ist glaube ich ein wenig ein unterschätztes Problem, wie stark Telegram bei solchen Fake-News-Kampagnen mitmischt", so der Verschwörungsexperte. Er verweist darauf, dass er so manche Fake-News-Kampagne zuerst auf Telegram gesehen habe, ehe sie woanders auftauchte. "Es gibt einige Leute, die sich so stark vom Diskurs abgewandt haben, dass sie mit Forscherinnen und Forscher nicht mehr reden wollen, weil sie sie als Teil des Systems bezeichnen“, so Holnburger. „Solche Umfragen können darum auch etwas verzerrt sein."

Unklare Überschriften können verwirren

Was die Rolle der Medien angeht, sieht Holnburger das Ganze ähnlich wie die Untersuchung von Avaaz. Die weißt darauf hin, dass Medien mit unklaren Überschriften dafür sorgen können, dass Nutzer die falschen Infos erreichen. Ein Beispiel: Im Internet verbreitete sich die Desinformation, dass Baerbock Haustiere abschaffen will. Faktenchecker ordneten das als Falschinfo ein. Manchen Medien betitelten das Thema aber mit geschlossenen Fragen wie "Fordert die Kanzlerkandidatin wirklich ein Haustierverbot?"

Zwar laute die Antwort auf die Frage: "Nein". Aber aus solchen Überschriften werde aber nicht klar, dass es sich um Falschnachrichten handele, schreibt Avaaz in ihrer Auswertung.

Holnburger verweist in dem Zusammenhang auch darauf, dass Falschinformationen besonders hoch gewertet werden, wenn sie von vertrauenswürdigen Organisationen und Personen verbreitet werden – wie Medien. "Es gibt zudem den psychologischen Effekt, das durch Wiederholungen Menschen die Nachricht irgendwie falsch zuordnen", so Holnburger.

Er rät darum zur Methode des sogenannten Faktensandwiches: Wenn jemand Falschinformationen verbreitet, sollte man zuerst das richtige Faktum nennen. Danach sollte man über die Desinformation sprechen, das Gespräch aber wieder mit der Richtigstellung beenden.

Facebook erkennt nicht immer Falschnachrichten

Auch Facebook spielt bei der Verbreitung von Falschnachrichten eine große Rolle. Für gewöhnlich zeigt das Unternehmen bei Falschmeldungen einen entsprechenden Hinweis. Die Untersuchung von Avaaz zeigt aber, dass 50 Prozent der Desinformations-Beiträge über Annalena Baerbock aus der Stichprobe von Avaaz ohne diesen Warnhinweis erschienen.

Dabei handele es sich meist um Kopien von Beiträgen, die bereits einen Warnhinweis erhalten hatten. Nutzer können aber wohl das System austricksen, wenn sie ein Bild etwas anders zuschneiden oder ein anderes Hintergrundbild verwenden. "Offenbar gelingt es Facebooks künstlicher Intelligenz – oder Facebooks Mitarbeitenden – derzeit nicht gut genug, solche fast identischen Posts besser zu erkennen und mit Warnhinweisen zu versehen", so Avaaz in seiner Untersuchung.

Alle Information rund um die Bundestagswahl 2021 finden Sie auf dieser Sonderseite von t-online.

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RT generiert auf Facebook hohe Reichweite

Avaaz weist in seiner Analyse auch auf die große Reichweite und den Einfluss des russischen Staatsmediums RT Deutsch hin. So habe RT DE mit seinem Facebook-Auftritt im ersten Halbjahr 2021 mehr Reichweite generierte als "Bild", "Spiegel" oder "Tagesschau". Und das, obwohl der Sender weniger Follower als die anderen Medien hat.

Die hohe Reichweite stamme vor allem aus Berichten über die Corona-Demos in Deutschland. Dazu verbreitete RT Deutsch auf Facebook viele Artikel, die das Thema Impfung behandelten – meist aber in einem negativen Zusammenhang. Faktenprüfer entlarvten mehrmals die falschen Meldungen. Laut Avaaz verbreiteten zudem auch in velen Fällen Seiten mit Bezug zur AfD die Nachrichten von RT Deutschland – seien es Afd-Politiker, oder AfD-Fan-Seiten.

Bereits eine EU-Untersuchung vom März 2021 hat gezeigt, dass Deutschland das Hauptziel russischer Desinformation ist. Auch Verfassungsschutz und und das Innenministerium warnten 2020 vor Desinformation mit Hinblick auf die Corona-Pandemie durch den Sender RT Deutsch.

Auch Verschwörungsexperte Holnburger nennt RT Deutsch als eine der "problematischeren Medien", wenn es um die Verbreitung von Falschinformationen geht. "Sie sind nicht unbedingt der Erfinder Falschinformation, aber der Verstärker davon", so Holnburger. "Sie sind so eine Art Königsmacher für Falschinformationen".

Verwendete Quellen
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