Neuer Fall aus Dortmund Lohnt sich der erste "Tatort" ohne Martina Bönisch?
Nach dem tragischen Tod von Martina Bönisch müssen Faber, Herzog und Pawlak im neuen "Tatort" erstmals ohne die Kommissarin auskommen. Lohnt sich der Krimi?
Im Februar 2022 sorgte ein Dortmunder "Tatort" für Aufsehen: Schauspielerin Anna Schudt hatte sich nach zehn Jahren aus dem Sonntagskrimi verabschiedet. Ihre Figur Martina Bönisch wurde am Ende des Falls "Liebe mich!" erschossen. Wie das übrige Team, bestehend aus Peter Faber (gespielt von Jörg Hartmann), Jan Pawlak (Rick Okon) und Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger), mit dem Verlust zurechtkommt?
Genau das steht im neuesten "Tatort" mit dem Titel "Du bleibst hier" am 15. Januar im Mittelpunkt. Es ist der erste Fall ohne Bönisch, in dem vor allem Faber eine breite Bühne bekommt. Denn zwischen all der Verzweiflung wird der Ermittler mit seiner Vergangenheit konfrontiert.
Darum geht's im "Tatort: Du bleibst hier"
Im Dortmunder Westpark stehen Pawlak und Herzog vor einer großen Blutlache, aber es gibt keine Leiche. Andreas Richter, der Chef einer Dortmunder Immobilienfirma, wird allerdings vermisst. Mit seinem Geschäftsmodell hat er sich in den letzten Jahren in Dortmund etliche Gegner gemacht: Er kauft Immobilien im Kreuzviertel auf und verwandelt Mietwohnungen in Luxusobjekte. Privat lässt Richter sich gerade von seiner Frau Natalia (Valery Tscheplanowa) scheiden. Sie lässt ebenfalls kein gutes Haar an ihm.
Kommissar Faber hat den Tod von Kollegin Martina Bönisch noch nicht verkraftet. Er ist krankgeschrieben und wohnt mehr oder weniger in seinem alten Manta. Pawlak und Herzog lernen derweil Fabers Vater Josef Faber (Wolfgang Rüter) kennen. Doch die beiden hatten offenbar seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr. Was ist zwischen Vater und Sohn passiert und was hat Josef Faber mit dem Fall zu tun?
Lohnt sich das Einschalten?
Ja, auch wenn der neueste Fall nicht mit großer Spannung aufwartet. Aber das muss er auch nicht. Das Verbrechen an sich erscheint fast nebensächlich, vielmehr begleitet man das Team bei der Trauerbewältigung. Verlust ist eines der zentralen Themen in "Du bleibst hier". Alle drei Ermittler gehen mit dem Schmerz anders um, jeder sucht einen Weg, um mit der neuen Situation klarzukommen. Wie zu erwarten, hat vor allem Faber damit zu kämpfen. Im neuen "Tatort" ermittelt er eher beiläufig, wankt unrasiert und verwahrlost durchs Bild.
"Das Team teilt zunächst nur die Einsamkeit, jeder trauert auf seine Art, für Faber geht es ums nackte Überleben", erklärt Regisseur Richard Huber dem Sender. Einfach zur Tagesordnung übergehen und so tun, als wäre nichts gewesen? Das hätte sich in diesem Team auch falsch und unrealistisch angefühlt. "Ich glaube, auch die Zuschauerinnen und Zuschauer hätten uns das nie verziehen", so Faber-Darsteller Jörg Hartmann. Die Figuren haben deshalb im Krimi genug Raum bekommen, um zu trauern.
Was diesen "Tatort" so besonders macht
Eine Besonderheit an diesem Fall ist zudem, dass Hartmann nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Drehbuchautor mitgewirkt hat. "Die Idee, die Figuren, das Setting, der ganze Plot, das alles kam von Jörg Hartmann. Es ist sein Film. Seine Kreativität, sein Herz und seine Seele stecken in jeder Szene und jedem Dialog", erklärt Jürgen Werner, mit dem der Darsteller das Drehbuch verfasst hat. Selbst im Titel des Falls steckt eine größere Bedeutung. "Du bleibst hier" – diese drei Worte sagte Bönisch kurz vor ihrem Tod zu Faber. Nur deshalb versucht er überhaupt am Leben zu bleiben.
Zwischen all dem Schmerz muss sich der Kommissar auch noch mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Sein Vater taucht auf der Bildfläche auf und reißt alte Wunden auf - traumatische Erlebnisse werden aufgedeckt. Dadurch kommt man der Figur Faber wieder ein Stückchen näher. In dem eher düsteren Fall, denn auch Herzog und Pawlak haben ihr Päckchen zu tragen, gibt es allerdings immer wieder Lichtblicke. Vor allem das Ende sorgt bei dem ein oder anderen vielleicht für feuchte Augen.
- ARD: "Tatort" vom 15. Januar 2023
- daserste.de: "Fragen an die Autoren Jürgen Werner und Jörg Hartmann"
- daserste.de: "Fragen an Regisseur Richard Huber"