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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ex-Arbeitgeber ZDF äußert sich Was wird jetzt aus Merkel-Sprecher Steffen Seibert?
Insgesamt elf Jahre lang war er Regierungssprecher: Steffen Seibert. Doch mit dem Abgang von Bundeskanzlerin Angela Merkel endet auch seine Zeit an der Schaltzentrale der Macht.
"Das Dumme bei mir ist, dass, wenn ich sehr konzentriert bin, ich auch sehr grimmig gucke", erzählt Steffen Seibert am Montag bei seiner letzten Bundespressekonferenz als Regierungssprecher. Laut eigener Aussage ist es sein 1.065. Termin vor der bekannten hellblauen Wand. Er habe, so versichert der 61-Jährige, seinen Job immer "sehr gerne" gemacht – und guckt dabei ein bisschen grimmig.
Doch jetzt ist Schluss. Seine Amtszeit endet mit jener der Kanzlerin und Angela Merkel übergibt nach 16 Jahren an der Macht nun die Regierungsgeschicke in die Hände des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz. Über Merkels Ruhestand wurde schon viel berichtet, als Altkanzlerin wird sie ein Büro mit neun Mitarbeitern beschäftigen – und sie wird, so hat sie es stets mit einem Augenzwinkern berichtet, vor allem erst mal ausschlafen.
Merkel wolle eine Pause machen und überlegen, was sie "eigentlich interessiert", sagte sie im Juli dieses Jahres. "Und dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal", so die Kanzlerin.
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Über die Zukunft ihres Regierungssprechers ist hingegen wenig bekannt. Auf Anfrage von t-online, wie seine Pläne aussehen, lässt er lediglich wissen: "Sollte es eines Tages etwas zu meiner beruflichen Zukunft zu sagen geben, werde ich das zum gegebenen Zeitpunkt auch sagen – aber sicher erst nach dem Ende meiner Amtszeit."
"Seibert wurde ein allgemeines Rückkehrrecht eingeräumt"
Die Schmallippigkeit des Herrn Seibert, sie ist seit elf Jahren legendär. Warum sollte sich das also mit seinem Ausscheiden aus der Verantwortung ändern? In dieser Woche packt der Merkel-Sprecher seine Sachen – und geht. Wohin, das weiß keiner so genau. Nur eines ist klar: Wohin er nicht gehen wird.
Denn im Gegensatz zu seiner Zukunft ist über seine Vergangenheit recht viel bekannt. Zum Beispiel das: Steffen Seibert hat noch einen Vertrag beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Beim ZDF, um genau zu sein. Dieser Vertrag wurde bei seinem Ausscheiden beim Sender im Jahr 2010 nicht aufgelöst. Er ruht seitdem lediglich. Zuerst hatte der "Spiegel" im Jahr 2016 darüber berichtet.
Doch nicht nur das: Steffen Seibert hat auch ein "Rückkehrrecht" mit dem ZDF vereinbart. Dies bestätigt uns der Sender auf Nachfrage: "Steffen Seibert wurde ein allgemeines Rückkehrrecht eingeräumt", erklärt ein ZDF-Sprecher. Doch wie t-online erfuhr, gab es zwischen den Verantwortlichen in Mainz und Seibert bisher keine Gespräche bezüglich einer Reaktivierung seines ruhenden Vertrags.
Journalismus wird es für Seibert nicht mehr geben
Es gebe "keine Planungen für eine Rückkehr", so das ZDF. Für die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt ist dies eine durchaus prekäre Frage. Schließlich soll die Unabhängigkeit bei ARD und ZDF gegenüber der politischen Macht gewahrt bleiben. Wenn ein ehemaliger Sprecher des "heute-journal" auf die Sprecherbank von Angela Merkel wechselt, ist das noch okay. Dass sein Vertrag beim ZDF für diese Zeit nur pausiert, hat womöglich schon ein Geschmäckle. Doch wenn er im Anschluss an seine Zeit für die Regierung wieder als Sendergesicht vor die Kameras tritt, ist der Vorwurf des Interessenkonflikts nicht weit weg.
Das weiß auch das ZDF. Auf eine entsprechende Frage von t-online verweist man in Mainz darauf, dass eine Rückkehr Seiberts nicht in Planung sei und betont: "Darüber hinaus wäre eine Rückkehr in eine journalistische Funktion nicht möglich."
Dass Zuschauerinnen und Zuschauer Steffen Seibert in Zukunft noch einmal im TV als Moderator sehen werden, ist damit so gut wie ausgeschlossen. Vermutlich für alle Beteiligten das Beste, schließlich schwärmte Seibert bei seinem Abschied vom ZDF, er gehe "mit heißem Herzen" zu Angela Merkel. Professionelle Distanz sähe anders aus, zumal Seibert unter Merkel in die CDU eingetreten ist.
Finanziell gibt es für Seibert ebenfalls keinen Grund, zum ZDF zurückzukehren. Er wird nach dem Regierungswechsel in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und nach dem Beamtenversorgungsgesetz gut bezahlt: In den ersten drei Monaten erhält er als politischer Beamter das volle Gehalt weiter, danach bezieht er ein ansehnliches "Ruhegehalt". Für ein auskömmliches Leben mit seiner Frau Sophia, einer Malerin, und seinen inzwischen erwachsenen drei Kindern dürfte es allemal reichen.
Am Montag bei seiner letzten Pressekonferenz sagte Seibert zum Schluss: "Ich werde in Zukunft kein Insiderwissen mehr haben. Ich werde also wie die allermeisten Bürger ganz von der Qualität Ihrer Berichterstattung abhängen." Es klang wie ein Abschied. Sechs Jahre vor dem Eintritt ins offizielle Rentenalter schloss er die Akte Seibert, selbstbestimmt und mit einem vielsagenden Gruß: "Leben Sie wohl!"
- Eigene Recherchen
- Anfrage an ZDF und Steffen Seibert