Atalay, Zervakis und Co. ARD-Chef spricht nach prominenten Abgängen über Geld
Die ARD steht unter Druck, doch Chefredakteur Oliver Köhr will davon nichts wissen. Obwohl reihenweise wichtige Gesichter der Sendeanstalt den Rücken kehren, gibt er sich in einem Interview nun gelassen.
Pinar Atalay, Linda Zervakis, Jan Hofer oder auch Mai Thi Nguyen-Kim: In kürzester Zeit haben diese Moderatorinnen und Moderatoren entschieden, nicht mehr für die ARD vor der Kamera stehen zu wollen. Von einer "gescheiterten ARD-Talentförderung" (DWDL) war die Rede und der "Spiegel" urteilte: "RTL greift an, die ARD blutet aus". Drei der vier Personalien wechseln tatsächlich zum Privatsender nach Köln, Nguyen-Kim hingegen geht zur ZDF-Konkurrenz nach Mainz.
Doch bei der ARD gibt man sich gelassen – trotz aller Unkenrufe aus der Presse. In einem Interview mit der Münchner "TZ" hat der ARD-Chefredakteur Oliver Köhr Stellung bezogen. "Einen Imageschaden kann ich wirklich nicht erkennen. Dass Journalisten den Arbeitgeber wechseln, ist durchaus üblich und auch im Printbereich verbreitet", so Köhr, der "einen Imageschaden nicht erkennen" könne und daraufhin eher auf die eigene Stärke verweist, als eigene Fehler einzugestehen: "Offenbar gelingt es uns, Talente zu finden und zu fördern."
Bei der Bezahlung kann die ARD nicht mithalten
Die Abwerbung seitens RTL sieht er als "Ergebnis dieser guten Ausbildung und Weiterentwicklung". Die ARD leiste damit nach Ansicht des Chefredakteurs "einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag für den Erhalt des Qualitätsjournalismus – über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinaus."
Während Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie zuletzt auch SWR-Moderator Florian Weber im Gespräch mit t-online, durchaus kritisch die eigenen Sender und ihre Personalentscheidungen beurteilen, sieht der Chef kein Problem. Im Gegenteil: Er lobt die eigene Arbeit in den Himmel, während seine Angestellten bei anderen Sendern ihre Erfüllung finden. Was Köhr zugute kommt, ist die Tatsache, dass weder Hofer noch Atalay oder Zervakis explizit begründet haben, woran es gemangelt hat in der Zusammenarbeit mit der ARD – oder ob es überhaupt am alten Arbeitgeber lag, dass sie sich für einen Wechsel entschieden.
Auf die Bezahlung bei den Öffentlich-Rechtlichen angesprochen, gibt der ARD-Chef zu: "Wenn es ausschließlich um Honorare und Gehälter ginge, könnte der öffentlich-rechtliche Rundfunk den kommerziellen Sendern nicht Paroli bieten." Allerdings wisse er nicht, ob es "allein eine Frage des Geldes" sei, dass die Moderatoren zu neuen Ufern aufbrechen.
Oliver Köhr versucht die Angelegenheit so darzustellen: "Es geht ja auch um Inhalte, um Formate mit Qualität und Anspruch. In dieser Hinsicht ist die ARD besonders attraktiv." Dass der Chefredakteur mit diesem Eigenlob erst recht die Frage aufwirft, woran es liegen könnte, dass in kürzester Zeit mehrere prominente Gesichter gekündigt haben, scheint ihn nicht zu stören.