Darum geht es Im Jubiläums-"Tatort" treffen Bayern und Ruhrpott aufeinander
Der "Tatort" wird 50 Jahre alt! Zum Jubiläum gibt es eine Doppelfolge. Und bereits der erste Teil der Crossover-Produktion beginnt mehr als dramatisch.
"In der Familie 1" von Regisseur Dominik Graf ist schonungslos in seinen Bildern und temporeich von der ersten Minute an und dabei doch alles andere als ein typischer Mafia-Film. Für die Crossover-Produktion von Westdeutschem und Bayerischem Rundfunk (WDR und BR) ermitteln zwei durchaus gegensätzliche Teams gemeinsam. Oder sollte besser sagen: gegeneinander?
Darum geht es im ersten Teil
Der Eröffnungs-Mord jedenfalls wird die Münchner Urgesteine der "Tatort"-Reihe, Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), nach Dortmund führen, wo die Kollegen rund um den eigenwilligen Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) eine eher mäßig laufende Vorort-Pizzeria ins Visier genommen haben.
Die Vermutung: Die italienische Mafia könnte das verkehrsgünstig gelegene Lokal als Drogenumschlagplatz nutzen. Doch ohne eindeutige Beweise für diesen auf ein Amtshilfegesuch aus Rom zurückgehenden Verdacht, verweigert der störrische Staatsanwalt ein Eingreifen. Doch Faber wäre nicht Faber, wenn er sich so einfach zum Zaungast des Dramas machen ließe, das sich hier anbahnt.
Im Gepäck der letzten Lieferung aus Kalabrien ist der Italiener Pippo. Nach dem eingangs gezeigten Messermord in München soll er in Dortmund untertauchen. Luca Modica, Restaurantbesitzer, Ehemann und Vater, muss ihn aufnehmen. Die 'Ndrangheta will es so.
Da ist einerseits die unbescholten wirkende deutsch-italienische Familie, in deren Mitte sich der Mafioso Pippo festsetzt und dessen Brutalität und verkorksten Werte alles vergiften. Da sind andererseits Faber und seine Kollegen, die ausfechten müssen, wie weit sie mit eigenmächtigen Ermittlungsstrategien gehen wollen.
Während Hauptkommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt) auf der Bremse steht, glauben Faber und Nora Dalay (Aylin Tezel) einen Weg gefunden zu haben, das seit Jahren keine Fehler machende Drogenkartell auffliegen zu lassen: Als verdeckte Ermittlerin heftet sich Nora, die in dieser Folge letztmalig auftritt, an die Fersen von Restaurantbesitzerin und Ehefrau Juliane Modica und versucht ihr Vertrauen zu gewinnen.
Die Münchner Kollegen machen schließlich die Gemengelage noch komplizierter: Ihnen liegt ein Haftbefehl für Pippo vor. Sie wollen ihn festnehmen, am liebsten sofort. Doch ein Zugriff würde die gesamte Mission der Dortmunder gefährden.
"Ein großes Drama, klein erzählt. So wollte ich es verfilmen", sagt Dominik Graf in einem Interview. Es ist gelungen: Was hier in Gestalt des vor wenig zurückschreckenden Kalabriers Pippo über eine Familie, die glaubte, sie sei normal, hereinbricht, ist Sinnbild für das weltweit funktionierende kriminelle Mafia-System aus Erpressung, Kontrolle und Gewalt. Faber und Co stehen mit ihren Abhörsendern und Handy-Kameras für eine Polizei auf verlorenem Posten im Kampf gegen dieses System. Können sie das Richtige tun, ohne Schaden anzurichten?
So düster und trist die Bilder sind, mit denen Graf diese Geschichte von Ausweglosigkeit und Ausgeliefertsein erzählt, so fesselnd ist die Handlung, so glaubwürdig und klischeefrei sind die Figuren. Gut, dass das großartige Drehbuch von Bernd Lange zur Feier des 50. "Tatort"-Jubiläums nach dem Ende von Teil 1 nochmal über 90 Minuten tragen wird - unter der Regie von Pia Strietmann folgt am 6. Dezember das nicht minder fesselnde Rückspiel in München.
- Mit Material der Deutschen Presse-Agentur