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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Der "Tatort"-Faktencheck Gibt es Kloß mit Soß und Milbenkäse wirklich?
Im Weimarer "Tatort" erweist sich die Namensgeberin der Kartoffel "Robuste Roswita" tatsächlich als recht widerstandsfähig. Aber was hat es mit dem Kloß mit Soß auf sich und worin unterscheiden sich Klöße von Kartoffeln? t-online.de macht den Faktencheck.
Weimar ist das Münster des Ostens, jedenfalls auf der "Tatort"-Landkarte. Hier wie dort fliegen die Kalauer tief, und für einen flachen Scherz lassen die Kommissare alles stehen und liegen. Den Weimarer Kriminalhauptkommissaren gelingt das meist recht lustig (Drehbuch: Andreas Pflüger und Murmel Clausen).
Diesmal wühlen die Ermittler Dorn und Lessing tief im Kloßteig. Christoph Hassenzahl, Geschäftsführer einer Kloßmanufaktur, wurde ermordet. Fesch sehen die Hauptkommissare aus, wenn sie in roten Schutz-Duschhauben zur Recherche durch den Betrieb stromern; tatsächlich musste das ganze Team beim Dreh in der echten Kloßfabrik stets weiße Schutzanzüge und rote Hauben tragen. Die Überreste des Kloß-Oligarchen werden kleinteilig gefunden – "granuliert, das hatten wir noch nicht", resümiert Kira Dorn (dauergefurchte Stirn: Nora Tschirner).
Just am selben Tag taucht die jahrelang vermisste und totgeglaubte Ehefrau Hassenzahls wieder auf; Rowita Hassenzahl (Milena Dreissig) hat die ganzen Jahre als Klofrau gearbeitet, ohne zu wissen, wer sie in Wirklichkeit ist. Sagt sie.
Zu den Verdächtigen zählt auch Thomas Halupczok (Jörn Hentschel), ein Kartoffelbauer, dessen Existenz durch Hassenzahl vernichtet wurde. Die Ermittler kalauern sich auf dem Traktor durch den Nebel (Regie: Richard Huber), bis dem Kartoffelbauern der Kragen platzt. "Sie sind ein zynisches Arschloch", sagt er zu Lessing. Da hat er Recht. Was ihn aber auch nicht zu einem besseren Menschen macht.
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Am Ende liegen noch mehr Tote herum, gegenseitig vergiftet, was diesen "Tatort" in eine Miss-Marple-Stimmung dreht. Nur Kollege Lessing (Christian Ulmen) durchschaut die Tragweite des Falles nicht von Anfang an, vermutlich, weil er Klöße von Knödeln nicht unterscheiden kann. Er muss sich von der Kollegin – und Partnerin – Dorn belehren lassen, es gebe zwei große Dinge in Thüringen: Wurst und Klöße. Was aber unterscheidet Klöße von Knödeln – und kann es Genkartoffeln in Deutschland geben? t-online.de macht den Faktencheck.
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Der Faktencheck
Fragen an Fritjof Hahn, Geschäftsführer der Thüringer Kloßmanufaktur in Heichelheim
t-online.de: Für Nicht-Thüringer: Was genau sind Klöße im Unterschied zu Knödeln?
Fritjof Hahn: Es gibt keinen fest definierten Unterschied zwischen Klößen und Knödeln. Im Wesentlichen sind damit vom historischen Ursprung Kartoffelklöße gemeint, üblicherweise versteht man häufiger unter Klößen nur Kartoffelklöße, unter dem Begriff Knödel sind oft auch andere Produkte wie zum Beispiel Semmelknödel gemeint.
Und wo trennt sich die Unterscheidung zwischen Knödeln und Klößen?
Während der Begriff Knödel in Österreich und Bayern Richtung Norden gebräuchlich ist, gibt es einen, ich nenne ihn Knödelhorizont, der in Franken endet, wo sich die Klöße sprachlich durchsetzen. Vor einigen Jahren hatte ich einen Sprachwissenschaftler bei mir im Kloßmuseum zu Gast und er hat mich auf folgende mögliche Variante der sprachlichen Entstehung hingewiesen: Vermutlich stammt der Begriff Kloß vom Wortstamm des italienischen Gnocchi ab (Gnocchi sind historisch reine Kartoffelklöße, mittlerweile aber auch aus Teig), beim "Siegeszug" über die Alpen wurden dann aus "Gn...occhi" "Kn...ödel", in Tschechien "Knedleky" und Richtung Norden dann der Kloß...
Und was sind nun die Thüringer Klöße?
Während normale Kartoffelklöße außer Kartoffeln alle möglichen weiteren Zutaten haben können und aus gekochten Kartoffeln zubereitet werden, bestehen Thüringer Klöße aus überwiegend rohen Kartoffeln und sind oft in der Mitte mit gerösteten Semmelwürfeln gefüllt. Der Thüringer Kloß ist, wissenschaftlich bewiesen, ein "Soßenaufnahmewunder" (siehe Thüringer Kloßmuseum Max-Plank-Institut).
Im "Tatort" ist die Rede von einer Erfindung: Kloß mit Soß – also ein Kloß, in dem die Soße bereits drinnen ist. Gibt es so etwas?
Kloß mit Soße hat es bereits gegeben, in der Gastronomie und industriell hergestellt.
Außerdem wird im "Tatort" Kloß mit Altenburger Milbenkäse erwähnt – ist das eine bekannte Kombination?
Also die Kombination mit Altenburger Milbekäse ist mir nicht bekannt.
Und isst man die Milben mit?
Ja, bei Milbenkäse isst man üblicherweise die Milben mit
Im "Tatort" werden die Kartoffeln – und nicht nur diese – bei -196 Grad granuliert. Ist das ein gängiges Verfahren?
Nein, das Verfahren ist erfunden.
Zu Problemen kommt es im Verlauf der Handlung, da einer der Zulieferer genmanipulierte Kartoffeln anbaut. Wie würde sich so etwas ausschließen lassen?
In Europa sind bis heute "genmanipulierte" Kartoffeln für die menschliche Ernährung nicht zugelassen. Wir würden dies auch zukünftig bei unseren vier Thüringer Landwirten ausschließen, die für uns Kartoffeln anbauen. Dafür haben wir vertragliche Regelungen.
- "Tatort"-Folge vom 26. August