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Murathan Muslu: "Viele Produzenten trauen es mir vielleicht nicht zu"


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Murathan Muslu
"Viele Produzenten trauen es mir vielleicht nicht zu"

InterviewVon Ricarda Heil

19.06.2022Lesedauer: 7 Min.
Murathan Muslu: Der Schauspieler ist im neuen Spotify-Podcast "Batman unter Toten" zu hören.Vergrößern des Bildes
Murathan Muslu: Der Schauspieler ist im neuen Spotify-Podcast "Batman unter Toten" zu hören. (Quelle: imago images)
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Er ist der neue Bruce Wayne, spricht im Podcast "Batman unter Toten" die Hauptrolle. Im Interview mit t-online verrät Murathan Muslu, wie viel Superheld in ihm steckt, was ihm Angst macht und warum ein gutes Drehbuch für ihn entscheidend ist.

"Grundsätzlich bin ich für alles offen, ich muss nur überzeugt sein", lautet seine Antwort auf die Frage, wo bei ihm in der Schauspielerei die Grenze liegt. Murathan Muslu ist seit mehr als zehn Jahren in der Branche tätig, zählt mittlerweile zu den gefragtesten Schauspielern Österreichs.

2015 wurde der gebürtige Wiener als bester Darsteller ("Risse im Beton") mit dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet, immer wieder ist Murathan Muslu auch für die Romy nominiert. Schon mehrmals drehte der 40-Jährige mit Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky, spielte mit Stars wie Iris Berben, Moritz Bleibtreu oder Armin Rohde und steht inzwischen für die unterschiedlichsten Rollen vor der Kamera – aktuell dreht er als ungarischer Rebellenführer Ödön Körtek für "Sisi", die Erfolgsserie von RTL+.

Nun hat sich Murathan Muslu auf neues Terrain begeben. Der Schauspieler ist erstmals in einem Podcast zu hören. In "Batman unter Toten", einem Hörspiel von Spotify, spricht er die Hauptrolle und leiht somit Bruce Wayne seine Stimme. Im Interview mit t-online verrät der Österreicher, was er und der Superheld aus Gotham City gemein haben, wovor er das letzte Mal wirklich Angst hatte, und erklärt außerdem, warum uns die internationale Filmbranche "eine Nasenlänge voraus" ist.

t-online: Herr Muslu, ist Batman der Held Ihrer Kindheit?

Murathan Muslu: Batman hat mich wirklich geprägt. Ich war mit elf Jahren zum ersten Mal im Kino. Mein Bruder hatte mich da irgendwie eingeschmuggelt. Wir haben uns "Batmans Rückkehr" von Tim Burton mit Michael Keaton angeschaut. Ich war einfach hin und weg. Nicht nur weil ich das erste Mal im Kino saß, sondern auch von Batman. Das ist mir immer im Kopf geblieben.

Somit ist für Sie vermutlich auch Michael Keaton der einzig wahre Batman?

Alle meinen, Christian Bale ist DER Batman. Die Filme mit ihm sind cool und modern gemacht, aber ich habe einfach ein Faible für Michael Keaton. ER ist für mich der echte Batman. Ich bin ein irrsinniger Fan seiner beiden Batman-Filme. Dann übernahm Joel Schumacher die Regie. Meiner Meinung nach hätte er das nicht tun dürfen.

Wie viel Batman steckt denn in Ihnen persönlich?

Ich stehe nicht gerne im Rampenlicht und ich arbeite eher bedeckt. Ich habe ein Faible für Kriminalgeschichten und bei Unfairness bin ich sehr streng. Wenn sich zum Beispiel zwei Parteien streiten und ich merke, dass einer von ihnen ungerecht behandelt oder gemobbt wird, dann werde ich echt rabiat, dann schalte ich mich ein.

Batman wird auch immer wieder mit seinen Ängsten konfrontiert. Wovor hatten Sie das letzte Mal Angst?

Ich hatte vor knapp einem Jahr einen sehr schweren Mopedunfall. Ich kam ins Krankenhaus und hatte echt Angst, dass etwas mit meiner Wirbelsäule nicht stimmt. Da habe ich realisiert, wie wichtig es ist, dass der Körper gesund ist. Das muss man wertschätzen. Da hatte ich wirklich Angst. Es ging zum Glück alles gut.

Da wird einem bewusst, wie schnell das Leben vorbei sein kann …

Ja, wo wir auch wieder beim Thema Superhelden sind: Christopher Reeve, der in den Siebziger- und Achtziger-Jahren Superman spielte, landete nach einem Reitunfall im Rollstuhl. Danach war es mit der Schauspielerei vorbei, dabei hatte er eine wahnsinnige Karriere vor sich.

Sind Sie denn dann jetzt vorsichtiger geworden oder fahren Sie noch mit dem Moped?

Nein, das Moped habe ich meinem Kumpel verkauft – für 100 Euro. Der hat das mit nach Serbien genommen. Jetzt fahren seine Kinder auf dem Land damit. Ich glaube, in den Händen seiner Kids ist es sicherer als bei mir.

Im Podcast "Batman unter Toten" wird Batman gefragt, ob er manchmal Angst hat, nicht genug zu sein. Geht es Ihnen genauso?

Eigentlich zweifle ich nicht an mir selbst. Ich bin aber ein selbstkritischer Mensch, vor allem wenn ich mir Filme anschaue, die ich gedreht habe, dann sehe ich im Nachhinein eine Menge Fehler. Ich versuche, daran zu arbeiten. Ich habe ja keine Schauspielausbildung, ich bin eher ein Autodidakt und lerne aus meinen Fehlern – ob es die Gestik ist, die Sprache, das Tempo. Ich verfluche mich aber nicht dafür. Ich weiß, dass ich es das nächste Mal besser machen werde. Aber ich habe eher Angst davor, dass mir die Zeit davonrennt. Manchmal kriege ich nicht alle Dinge unter einen Hut. Ich will doch noch so vieles machen, so viele Filme drehen.

Da hat ein Tag nicht genug Stunden. Jetzt heißt die erste Folge des Podcasts auch noch "Eher ein Nachtmensch". Trifft das auch auf Sie persönlich zu?

Ich bin definitiv ein Nachtmensch, weiterempfehlen würde ich das jetzt aber keinem. Es ist immer schöner, wenn man sehr früh morgens aufstehen kann und noch den ganzen Tag vor sich hat. Das ist eigentlich auch eher mein Ding, aber irgendwie tu' ich mir manchmal schwer, nachts einzuschlafen. Hinzu kommt, dass ich nachts auch kreativer bin. Früher habe ich zum Beispiel nachts ganz viele Texte geschrieben. Aber man kann auch morgens kreativ sein – wenn man gut geschlafen hat. Schlaf ist wichtig.

Bekommen Sie denn noch genug Schlaf? Neben der Schauspielerei haben Sie ja auch gerade erst das Musiklabel Sua Kaan gegründet.

Fragen Sie mich etwas Leichteres! Ich merke oft, dass es manchmal zu viel wird. Bei der Musik bin ich eigentlich nur im Hintergrund, aber da gibt es so viel zu tun. Das ist für mich alles auch ganz neu. Zum Glück habe ich ein cooles Team hinter mir, das Feuer und Flamme für das Projekt ist. Ich kann jedem nur raten: Wenn man keine guten Freunde an der Seite hat, dann wird das wirklich schwierig.

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Wie schaffen Sie es, die Balance zu halten, um sich nicht zu viel zuzumuten?

Ich achte darauf, dass ich einfach nur Dinge mache, die ich auch machen will. Sobald es mir keinen Spaß macht, verliere ich viel Energie. Dann ist Stress vorprogrammiert. Es ist wichtig, im Vorfeld abzuklären, nur Projekte anzunehmen, die man auch machen möchte.

Und dazu zählt vermutlich auch der neue Podcast.

Es hat Riesenspaß gemacht. Für mich war das etwas Neues. Jeder Schauspieler musste seine Rolle allein im Studio einsprechen. Der Regisseur Nils Bokelberg hat dann darauf geachtet, dass alle zueinander passen. Das war eine tolle Hilfe, vor allem, weil ich das noch nie gemacht habe. Ich bin kein super Sprecher, es gibt so viele gute Kollegen. Aber ich hoffe, sie nehmen mich auch für die zweite Staffel – sollte es eine geben.

Nun sind Sie mittlerweile seit mehr als zehn Jahren als Schauspieler tätig. Wenn Sie jetzt zurückblicken: Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich in der Showbranche sagen?

Ich würde ihm sagen: "Du hast alles richtig gemacht. Alles wird gut. Mach' dir keine Sorgen! Mach' einfach so weiter!" Ich bin in diese Branche nur zufällig reingeschlittert. Und ich weiß das alles sehr zu schätzen. Jeder Tag am Set ist ein wunderschöner Tag für mich, weil ich etwas machen kann, was nicht viele machen können. Ich bin einfach nur glücklich, dass ich noch dabei bin.

Und wenn Sie nun nach vorne blicken: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Die Schauspielbranche muss mutiger sein. Ich würde gerne in Filmen in der Zeit des Nationalsozialismus mitspielen. Ich würde auch gerne mal einen Hooligan spielen – wie Edward Norton in "American History X". Das würde mich echt reizen. Wenn ich mir den Kopf kahl rasieren würde – was ich aktuell leider nicht darf –, würden die Produzenten vielleicht erkennen, dass ich der Richtige für so eine Rolle wäre, aber viele Leute trauen sich nicht und trauen es mir vielleicht nicht zu.

Sie hätten also keine Probleme damit, sich Ihre Haare abzurasieren? Gibt es für Sie in der Schauspielerei denn eine Grenze?

Auf die Frage kann ich erst dann antworten, wenn ich das Skript gelesen habe, und erst dann würde ich mich entscheiden, ob ich mich das traue oder nicht. Grundsätzlich bin ich für alles offen. Ich muss nur überzeugt sein.

Was müsste sich in der Schauspielbranche ändern?

Die Kollegen in der internationalen Branche zeigen, wie es funktioniert. In den letzten sieben Jahren haben wir so viele Frauen als Hauptrollen bekommen. Vor 15 Jahren sah das noch ganz anders aus, vor allem in den Neunzigern. Immer mehr Hauptrollen werden mittlerweile mit People of Colour besetzt. Aber hier in Europa hinken wir irgendwie noch hinterher, wir könnten sehr viel mutiger sein. Die internationale Filmbranche ist uns da eine Nasenlänge voraus.

Woran liegt es, dass die Rollen nicht so divers besetzt werden?

Es liegt am Skript. Es muss sich mehr auf die Drehbücher und die Grundbasis konzentriert werden. Die Figuren im Skript dürfen nicht sofort definiert werden, sollten keine Herkunft haben. Denn dann ist man beim Casting direkt zu eingeengt und nicht offen genug. Das Drehbuch ist wirklich das A und O. Nach dem perfekten Drehbuch suche ich aber noch.

Vielleicht müssen Sie selbst eins schreiben …

Ich arbeite dran. Mein Drehbuch geht in die Richtung der alten Filme von Jean-Pierre Melville. Ich will unbedingt von Anfang an dabei sein. Alles abklären, mitschreiben, nachdenken. Das macht mir Spaß. Mal schauen, ob mir das liegt und ob ich das Talent dafür habe. Vielleicht sprechen wir uns in drei, vier Jahren ja noch einmal ….

Verwendete Quellen
  • Interview mit Murathan Muslu
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