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Musikmanager Thomas Stein gesteht nach Till-Lindemann-Aussagen Fehler ein


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"Würde es nicht wieder verwenden"
Musikmanager rudert nach Lindemann-Aussagen zurück


Aktualisiert am 24.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Konsequenzen für Till Lindemann? Gegen den Rammstein-Sänger wird jetzt ermittelt – doch das reicht nicht. (Quelle: t-online)

Die Empörung nach der "Hart aber fair"-Sendung über Till Lindemann war groß. Produzent Thomas Stein verteidigte den Musiker, gibt nun aber Fehler zu.

Es war vor allem ein Satz, der im Nachgang der ARD-Talkshow "Hart aber fair" Wellen schlug. Der langjährige Musikmanager Thomas M. Stein hatte Till Lindemann am Montagabend verteidigt – und dabei eine Wortwahl genutzt, die Zuschauer irritiert bis fassungslos zurückließ.

Über den mutmaßlichen Missbrauchsskandal und das Sexsystem um Konzerte des Rammstein-Sängers sagte Stein: "Wie der sich auf der Bühne ausarbeitet, wie der mit 60 Jahren über die Bühne rennt, da soll der plötzlich runtergehen und noch jemanden beglücken?" Vor allem das Verb am Satzende löste Empörung aus, schließlich dreht sich die aktuelle Berichterstattung, aber auch die Ermittlung der Berliner Staatsanwaltschaft um die Frage, ob Till Lindemann seine Macht als Rockstar missbraucht hat, Frauen mittels Drogen gefügig machte und sexuell übergriffig wurde.

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t-online hat den Musikmanager am Dienstag mit seinen Aussagen und der Kritik daran konfrontiert. Thomas M. Stein nahm Stellung – und rudert in einem entscheidenden Punkt zurück. "Ich stimme den Kritikern gerne zu, dass das Wort 'beglückt' falsch verstanden werden kann", sagt Stein t-online und fügt an: "Ich würde es nicht wieder verwenden." Damit räumt der heute 74-Jährige einen Fehler ein. Er verweist dabei auf den "Rahmen der Livesendung", in dem "so etwas vorkommen" könne.

"Dies habe ich in der Sendung deutlich zum Ausdruck gebracht"

In der Causa Lindemann haben sich inzwischen mehrere Frauen an die Öffentlichkeit gewandt, auch unter eidesstattlichen Versicherungen. Unter anderem beschrieben sie Szenen, in denen der Sänger sexuelle Handlungen an ihnen vornahm, die sie als nicht einvernehmlich bewerteten. Außerdem ist von K.-o.-Tropfen die Rede, Frauen sprechen von Erinnerungslücken und Benommenheit. Belegen lassen sich diese Vorwürfe bislang nicht – hier lesen Sie, wie schwer es ist, den Einsatz von Betäubungsmitteln dieser Art überhaupt nachzuweisen.

Till Lindemann lässt Anschuldigungen des Sex- und Drogenmissbrauchs über seine Anwälte als "ausnahmslos unwahr" zurückweisen. Das System um seine Konzerte, darunter Soloauftritte, aber auch Rammstein-Tourneen, wird hingegen nicht bestritten. Auch t-online-Recherchen konnten aufzeigen, wie das gezielte Rekrutieren von jungen Frauen funktioniert. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Russin und selbsternannte "Casting-Direktorin" Alena Makeeva, die in dem Berliner Ermittlungsverfahren ebenfalls als Beschuldigte geführt wird.

Thomas Stein sagt nun zu t-online, nachdem auch andere Teile seiner "Hart aber fair"-Aussagen in die Kritik geraten waren: "Es geht um Vorwürfe und sollten diese bestätigt werden, werde ich mich gleichermaßen, wie viele es jetzt schon tun, für eine gerechte und vollumfängliche Bestrafung aussprechen. Dies habe ich in der Sendung auch deutlich zum Ausdruck gebracht."

Der Musikmanager hatte in der Talkshow darauf verwiesen, dass es bisher nur ein Dutzend Frauen gebe, die Vorwürfe gegen Till Lindemann erhoben hätten. Als er in der Sendung korrigiert wurde, dass es deutlich mehr seien, argumentierte Stein: "Lassen Sie es hundert sein, da sind 300.000 Zuschauer. Das muss man dann auch mal in Relation setzen." Später machte er deutlich, dass er in dem Fall eine "Vorverurteilung" sehe und für Lindemann die Unschuldsvermutung gelte, was auch in der Berichterstattung immer betont wird.

"Anfänglich wertvolle Recherchearbeit"

Darauf angesprochen, sagt Thomas Stein: "Vorverurteilung scheint im Moment häufig ein Mittel der Medien zu sein. Hier haben Journalisten anfänglich wertvolle Recherchearbeit betrieben und möglicherweise heftige Missstände aufgedeckt, aber anschließend schreiben leider zu viele Medien zu viel Müll." Welche Berichte er damit genau meint, konkretisiert er nicht. Er merkt nur an: "Es wird leichtfertig Geschriebenes abgeschrieben, ohne kritische Prüfung." Dagegen wehre er sich, "auch im Namen Dritter".

Ein Aspekt, der in der "Hart aber fair"-Diskussion wenig Beachtung fand, ist die juristische Aufarbeitung solcher Fälle. Oft steht Aussage gegen Aussage, die Beweislage ist dünn, weil es um Sex hinter verschlossenen Türen geht, #MeToo-Fälle sind daher naturgemäß schwer aufzuklären. Urteile in der Sache oder gar eine Anklage gestalten sich dementsprechend mühsam. "Üblicherweise nehmen die Ermittlungen in Sexualstrafsachen mehrere Monate bis Jahre in Anspruch, weshalb eine Anklage in nächster Zeit nicht zu erwarten ist", bewertet die auf Sexualstrafrecht spezialisierte Rechtsanwältin Galina Rolnik den weiteren Verlauf im Fall Lindemann für t-online.

Bis dahin spielt Rammstein weiter seine Tour durch die Stadien Europas. Noch 18 Konzerttermine stehen für die Rockgruppe bis zum 5. August an. Till Lindemann will außerdem Ende des Jahres auf Solotour gehen. Ob sich der Sänger zwischendurch in dem Ermittlungsverfahren gegen ihn äußern muss? Galina Rolnik erklärt: "Gerade in Sexualstrafsachen ist es eine beliebte Verteidigungstaktik, seinen Mandanten schweigen zu lassen. Der Beschuldigte hat letztlich keine Pflicht, an seiner eigenen Verfolgung mitzuwirken, indem er sich äußert."

Anders sehe das hingegen bei seinen Rammstein-Kollegen aus. "Dass die übrigen Bandmitglieder zu einer Aussage aufgefordert werden, erscheint sehr wahrscheinlich", so Rolnik. Bislang hat sich nur einer der insgesamt fünf weiteren Musiker zu den öffentlichen Diskussionen geäußert: der Schlagzeuger Christoph Schneider. Er sprach davon, wie sich der Frontsänger in "den letzten Jahren von uns entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen" habe. Dennoch glaube Schneider nicht, dass etwas "Verbotenes vor sich ging".

"Sowohl emotional als auch körperlich ein Kraftakt"

Thomas Stein, langjähriger Geschäftsführer der Bertelsmann Music Group und ehemaliger DSDS-Juror, sagte bei "Hart aber fair" noch, dass Systeme wie die "Row Zero" in der Branche bestens bekannt gewesen seien. In seiner Argumentation hob er außerdem immer den Aspekt hervor, man müsse Rammstein live gesehen haben, um die Band verstehen zu können. Was genau er vor dem Hintergrund der aktuellen Vorwürfe damit meinte, wollte t-online noch von ihm wissen.

"Viele der jetzt aufgetauchten Kritiker können nicht nachvollziehen, dass eine Tour dieses Ausmaßes Schwerstarbeit ist", antwortet Stein und führt aus. "Was bei den Fans als Vergnügen und Energie ankommt, ist für den ausführenden Künstler sowohl emotional als auch körperlich ein Kraftakt. Die Kunst ist es, dem Zuschauer Leichtigkeit zu vermitteln." Eine Leichtigkeit, die beim Thema Lindemann angesichts der Vorwürfe in den vergangenen Wochen mehr und mehr in den Hintergrund geriet – und manche Beobachter offenbar auch zu leichtfertigen Äußerungen hinreißen ließ.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Thomas M. Stein
  • Anfrage an Rechtsanwältin Galina Rolnik
  • ARD: "Hart aber fair" vom 19. Juni 2023
  • twitter: #hartaberfair
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