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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Popstar Sasha "Das hat mich mürbe gemacht"
Sasha hat das geschafft, wovon viele träumen: seit fast 25 Jahren Popstar zu sein. Über Erfolg, Familie und das Tom-Cruise-Poster der Ex spricht er im Interview.
"If you believe in love tonight" – mit Sicherheit haben Sie jetzt einen Ohrwurm im Kopf. Gesungen hat den Song 1998 der Sänger Sasha. Seitdem zählt er zu den bekanntesten Sängern des Landes.
Rund um die Jahrtausendwende war Sasha aus der Medienlandschaft kaum wegzudenken. Er war pausenlos in den Charts, galt als Teenie- und Frauenschwarm. Im Verlauf der letzten weit mehr als 20 Jahre erlebte der heute 50-Jährige viele Höhen – aber auch ein paar Tiefen. Mit t-online spricht der Familienvater über sein Leben von früher und heute, sowohl auf der Bühne als auch abseits davon.
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t-online: Wie wichtig war Ihre Familie bei Ihrer Karriereplanung?
Sasha: Der Rückhalt der Familie war für mich schon immer sehr wichtig. Familie ist für mich nicht nur die Kernfamilie, sondern auch der Freundeskreis. Durch meine Frau habe ich eine sehr große Familie dazubekommen. Sich in seiner Familie mal Auszeiten vom Leben als Sänger gönnen zu können, das hilft mir immer sehr.
Wer von Ihnen ist der coolere Elternteil?
Ich würde sagen, dass in vielerlei Hinsicht meine Frau cooler ist. Ich bin nämlich ein Rasenmähervater (lacht).
Was ist denn ein "Rasenmähervater"?
Es gibt die Helikoptermütter, die von oben alles beobachten und einschreiten, wenn es wichtig wird. Rasenmäherväter gehen vorher in die Situation rein und versuchen, alle Gefahren zu beseitigen. Ich musste lernen, da lockerer zu werden.
Klappt's?
Nicht immer, aber ich gebe mir Mühe (lacht).
Sie werden jetzt auf eine lange Tour gehen. Wie setzen Sie die Prioritäten zwischen Job und Familie?
Das ist jetzt aktuell schwierig. Ich muss meinen Sohn daran gewöhnen, dass Papa auch mal längere Zeit nicht zu Hause ist. Ich werde meine Frau und das Kind auf der kommenden Tour sicherlich oft dabeihaben. Aber generell ist dieser Spagat keine leichte Aufgabe. Ich habe es auch oft so gemacht, dass wenn ich es noch geschafft habe, nach einem Auftritt nach Hause zu fahren, dann habe ich das gemacht, um am nächsten Morgen bei den beiden sitzen zu können.
"Ich liebe es, auf Tour zu sein. Und gleichzeitig hasse ich es." Das haben Sie in Ihrer Biografie geschrieben. Können Sie das nach der Corona-Pause noch immer so sagen?
Ich bin in den letzten Jahren zum Heimscheißer geworden (lacht). Ich bin einfach gerne zu Hause bei meiner Frau und meinem Sohn. Wenn ich lange unterwegs bin, freue ich mich auf zu Hause. Gleichzeitig freue ich mich auf eine Tour, wenn ich lange nicht on the road war. Jetzt wieder unterwegs sein zu können, ist super.
Sie sind ein etablierter Musiker mit einer langjährigen Karriere. Kamen währenddessen dennoch Existenzängste auf?
Teilweise. Wir mussten so viel verschieben, so viel absagen. Als Musiker bekommt man da den Fans gegenüber ein schlechtes Gewissen. Dabei ist das alles nicht die eigene Schuld. Das hat mich mürbe gemacht. Ich bin jemand, der immer denkt "Das wird schon wieder". Aber diese Pause ging einfach zu lange.
Was hat das mit Ihnen gemacht?
Ich kam an den Punkt, wo ich die nahe Zukunft nicht mehr planen konnte. Außerdem machte ich mir Gedanken um die Existenzen meiner Band und Crew. Denen ging das viel mehr an den Kragen als mir.
Jetzt steht Ihre "This is My Time – the Show"-Tour an. Was kann man sich darunter vorstellen?
Entertainment, viel erzählen und geile Songs – das ist das, was ich bei der Show machen will. Wir werden eine kleine Review um mein Leben herum machen. Das ist natürlich auch ein bisschen vermessen (lacht).
Wie lange arbeitet man daran, sein Leben auf die Bühne zu bringen?
Ich habe die Show mit Thomas Hermanns geschrieben. Wir sind schon lange befreundet. Die Idee zu dieser Sasha-Show hatte ich schon vor gut zehn Jahren. Vor vier Jahren wurde es dann erstmals konkret. Die Idee hatte ich übrigens, bevor Robbie Williams mit seinem Album "Swing When You're Winning" etwas Ähnliches gemacht hat.
Zu Zeiten von Viva waren Sie so etwas wie der deutsche Robbie Williams. Heute sind Ihre Konzerte noch immer ausverkauft oder es werden Zusatzdaten angeboten. Nach über 20 Jahren in dieser Branche – gibt es eine größere Anerkennung?
Da ist man natürlich sehr stolz. Gerade weil es als Musiker mal so, mal so läuft. Ich bin aber happy, wenn mein Konzertveranstalter mich anruft und fragt, ob es okay ist, wenn wir noch eine dritte Show rausgeben, weil die anderen beiden voll sind. Vor allem nach so langer Zeit, dass man immer wieder sagen kann, dass ich noch da bin.
Hatten Sie da mal Bedenken, dass das nicht der Fall sein könnte?
Ich hatte mal einen unschönen Moment mit der Band Fettes Brot. Wir standen zusammen auf dem roten Teppich des Echos. Wir standen nebeneinander und haben in verschiedene Kameras Interviews gegeben. Auf einmal kam ein Auto an und beide Kameras haben mitten im Gespräch, mitten im Antwortsatz, weggeschwenkt.
Frech.
Ja (lacht)! Wir drehen uns um und sehen Tokio Hotel. Da haben wir nur miteinander kurz gesprochen, sind dann reingegangen und haben gesagt, dass wir aber immer noch da sind, das müssen die erst mal hinkriegen.
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Das muss zu der Zeit der ersten Erfolge von Tokio Hotel gewesen sein. Wenn Sie zurückblicken, wie haben Sie den Hype um Ihren ersten Erfolg "If You Believe" erlebt?
Ich habe immer nur gedacht, dass ich schon zu alt für ein "Bravo"-Gesicht bin (lacht).
Ich erinnere mich aber, dass Sie dennoch in der "Bravo" waren.
Ja, und ich war da ziemlich stolz drauf. Wer wollte denn nicht in die "Bravo" damals? Als ich jung war, lag ich mal im Krankenhaus. Jemand brachte mir eine "Bravo" mit. Da war George Michael drauf, er war super gestylt, und da wusste ich, so will ich auch mal sein. Als ich das dann mit Mitte 20 schaffte, hat mich das sehr berührt. Auch wenn das viele für uncool hielten.
Wieso uncool?
Musiker damals wollten, dass die "Spex" über sie schreibt. Ich wollte lieber, dass die "Bravo" mein Bild auf dem Cover hat. Für mich ging damit ein Kindheitswunsch in Erfüllung. Gleichzeitig hoffte ich schon bei "If You Believe", dass das nicht mein einziger Hit sein würde.
Sie hatten also Angst, als One-Hit-Wonder zu enden.
Das Gute war damals, dass der Song nie auf Platz 1 kam.
Andere würden das schade finden.
Ich war immer auf Platz zwei oder drei. Also von einer typischen One-Hit-Wonder-Karriere hätte ich damit gar nicht sprechen können.
Und Ihre Karriere ging mit mehr Hits weiter. Wie darf man sich das Leben als Popstar der späten Neunzigerjahre vorstellen?
Geil! Und gleichzeitig völlig absurd. Ich habe sehr lange dafür gearbeitet, dass das irgendwann passiert, und dann ging es auf einmal Knall auf Knall. Ich hatte gar keine Zeit das zu realisieren, geschweige denn mal Luft zu holen. Wenn mir das mit 17 passiert wäre, dann würde ich heute nicht hier sitzen. Ich wäre durchgedreht. "If You Believe" war weltweit erfolgreich. In den USA hat es sogar fast für die Top 100 gereicht. Ich musste überall hin. Amerika, Portugal, Skandinavien, Thailand.
Da gab es doch bestimmt auch viele weibliche Fans, die Ihnen viel Aufmerksamkeit schenken wollten …
Ja natürlich, aber ich hatte immer Angst, weil ich eher ein Kumpel- oder Fußballvereintyp bin. Ich hatte immer das Bestreben, dass die Typen das Gefühl kriegen, mit mir könnten sie ein Bier trinken gehen. Das war am Anfang ein bisschen krampfhaft, weil ich wusste, ich habe den Look, und die Mädels könnten das nice finden. Aber ich dachte immer an deren Freunde.
Wie bitte?!
Meine erste Freundin hatte eine Dachschräge in ihrem Zimmer. Darunter stand das Bett und genau über dem hing ein riesiges Tom-Cruise-Poster aus "Top Gun". Super unangenehm. Genau dieses Bild von schwärmenden jungen Frauen ist so fest in meinem Kopf verankert gewesen. Wenn ich merkte, die Frauen fangen an mich anzuhimmeln, dann habe ich immer nur an die armen Typen gedacht, die vielleicht unter einem Sasha-Poster schlafen mussten (lacht).
Dennoch verlief Ihre Karriere nicht nur steil nach oben. Spätere Singles und Alben waren dann nicht mehr dermaßen erfolgreich. Wie würden Sie Ihren Werdegang beschreiben?
Es geht in kleinen Wellen auf und ab. Ich hatte zum Glück nie ein krasses Tief. Ich würde meinen, dass es in den letzten Jahren auch wieder eher nach oben geht. Durch "The Voice Kids" oder andere schöne Sachen im Fernsehen bin ich irgendwie immer wieder präsent. Ich kann so auch mal Auszeiten von der Musik nehmen, arbeite aber dennoch. Mal war ein Album erfolgreicher als ein anderes, aber dann war das darauffolgende wieder besser. Damit kann ich leben. Ich hatte nie das Gefühl, dass es richtig schlecht läuft.
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Sie waren in der Tat viel im TV. War es Ihnen wichtig, nicht vergessen zu werden?
Ich verstehe mich als Gesamtkonzept. Da gibt es die Musik, aber eben auch andere Projekte wie eben das Fernsehen. Eine Zeit lang war das sogar eine schwierige Sache.
Wieso?
Ende der Neunziger war das nicht so schick, wenn man als Musiker oft im TV auftrat. Dann wurde man als Musiker nicht mehr so ernst genommen. Dabei hätte ich das gerne gemacht, nur gab es eben noch nicht so viele Formate wie heute. "Sing meinen Song" hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich wäre auch gerne in der ersten Staffel von "The Voice of Germany" als Juror dabei gewesen.
… aber?
Da hatte ich eine ausverkaufte Tour. Die konnte ich nicht wegen einer TV-Show absagen. Schade eigentlich. Ich wäre gerne Pionier bei dem Format gewesen (lacht).
Aber egal ob Musiker oder Star in einer TV-Show: Das sind Jobs, die sehr von der Gunst der Fans abhängt. Bereitet Ihnen das manchmal Sorgen?
Nicht ständig, nein. Ich bin der Meinung, dass bei jedem ein Übergangstadium stattfindet, in dem man sich Gedanken macht. Bei mir war das irgendwo zwischen 40 und 50. Zum Glück hatte ich den Job bei "The Voice Kids", weil mir das ganz guttat, dass ich auch bei den jungen Leuten noch ankomme. Aber ich habe mich immer wieder mal gefragt, wo ich hingehöre, und mich demnach wieder neu ausgerichtet.
Also doch mal Angst, vergessen zu werden?
Nein, diese Angst hatte ich zum Glück nie. Ein guter Indikator der eigenen Relevanz ist es, in den Supermarkt zu gehen. Je präsenter man in den Medien ist, desto häufiger wird man angesprochen.
- Eigenes Interview mit Sasha