Leistungsexplosion in Kontiolahti DSV-Star Lesser ist nach über 1000 Tagen zurück in der Weltspitze
Biathlon-Routinier Erik Lesser hat sich mit einem großen Knall aus seiner Krise zurückgemeldet. Nach Platz drei im Einzel überzeugte er auch im Sprint. Dabei hilft ihm seine neue Sicht auf den Sport.
Erik Lesser purzelten nach seinem grandiosen Ritt durch die finnischen Wälder unzählige Steine vom Herzen. Das Dauergrinsen konnte der wiedererstarkte Routinier selbst mit Maske nicht verbergen, lediglich für einen Moment verfinsterte sich die Miene des "Propheten" schlagartig. "Das bringt wieder ein paar Aufgaben mit sich", stöhnte der 32-Jährige nach seinem dritten Platz im Einzel von Kontiolahti im ZDF. Jetzt müsse er nach jedem schlechteren Rennen wieder die Frage beantworten, "wo das nächste Podium" bleibe.
Platz neun im Sprint
Tatsächlich liegt die Messlatte nach seiner tiefen Talsohle urplötzlich wieder deutlich höher, denn am Sonntag bestätigte er mit Platz neun im Sprint seine gute Form. Besser war dabei aus dem DSV-Team nur Arnd Peiffer als Siebter. Es gewann Seriensieger Johannes Thingnes Bö.
Lesser war nach dem Rennen rundum zufrieden. "Manchmal fallen einige Dinge eben leichter, und das genieße ich momentan", sagte Lesser, der nach 1077 Tagen wieder auf dem Podest stand. Er kann nach einem katastrophalen Weltcupwinter zweifelsohne wieder mit den besten Biathleten der Welt mithalten – als einziger deutscher Athlet glänzte er in beiden Rennen.
Lessers Ziel ist der Heim-Weltcup
Dabei hatte er selbst an seinem Start zum Auftakt gezweifelt. Im Trainingslager in Muonio musste er sich unter der Woche in internen Qualifikationsrennen für einen der letzten beiden deutschen Startplätze empfehlen. "Ich wusste, dass es sehr schwer werden würde, in Kontiolahti dabei zu sein, weil unser Team sehr stark ist", erklärte Lesser im Nachgang. Deshalb habe er sich schon einen Plan B zurechtgelegt. Motto: Hauptsache ich bin im Januar beim Heimspiel in Oberhof dabei.
Doch es kam anders – und wie: Bei den Ausscheidungsrennen wies Lesser die nationale Konkurrenz souverän in die Schranken. Zumindest für einen kam das nicht überraschend: für Ricco Groß.
Groß-Lob für Lesser
Vor dem Saisonstart hatte Deutschlands Biathlon-Idol Lessers Comeback in den Einzeldisziplinen quasi vorausgesagt und dafür vor allem dessen starke Performance bei der WM im Februar in Antholz als Maßstab genommen. Dort hatte Lesser mit den Staffeln Silber und Bronze geholt.
- Groß im Interview: "Das deutsche Team nimmt ja keine Luschen mit"
"Erik ist als Ersatzmann zur WM gereist und hat – aus dem IBU-Cup kommend – zwei Medaillen geholt. Er hat einfach diese extreme Klasse und Ruhe am Schießstand. Wenn der drei Tage vorher nur Fehler schießt, trifft er die Scheiben im Wettkampf dann trotzdem – weil er's draufhat", sagte Groß bei t-online.
Neue Gelassenheit als Stärke
Lesser selbst macht als Erfolgsgeheimnis seine neue Gelassenheit aus. Im Sommer ging der Olympiazweite von 2014 tief in sich und fixierte seine Pläne für die Zeit nach der Karriere. Seitdem sei der Sport nicht mehr "das Wichtigste im Leben", erklärte Lesser.
Dadurch könne er "besser mit Niederlagen umgehen. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit und gebe einfach 100 Prozent in jedem Rennen und will mein persönliches perfektes Rennen machen. Das gibt mir Stärke und beruhigt mich." Am Ort seines bislang größten Triumphes in Kontiolahti, dort wurde der Frankenhainer 2015 Weltmeister in der Verfolgung, ging diese Herangehensweise voll auf.
Es zeichne so einen Spitzenathleten eben aus, nach einer "Talsohle" mit einem Winter ohne Top-10-Platz und Verbannung in den IBU-Cup "so zurückzukommen", lobte ZDF-Experte Sven Fischer. An dieser Glanzleistung wird sich Lesser nun messen lassen müssen – auch wenn ihm das nicht so ganz gefällt.
- Nachrichtenagentur sid
- Eigene Beobachtung
- Athletenprofil von Erik Lesser bei "Biathlonword.com"