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Olympia-Sperren aufgehoben: Sechs Fragen zum CAS-Urteil


Schnell erklärt
Das bedeutet der russische Sieg im Doping-Prozess

Von t-online, dpa, sid, ps

01.02.2018Lesedauer: 4 Min.
Das russische Olympia-Team bei der Eröffnungszeremonie 2014 in Sotschi: Der Sportgerichtshof CAS hob 28 Sperren für russische Athleten auf.Vergrößern des Bildes
Das russische Olympia-Team bei der Eröffnungszeremonie 2014 in Sotschi: Der Sportgerichtshof CAS hob 28 Sperren für russische Athleten auf. (Quelle: Mark Humphrey/dpa)

Acht Tage vor Olympia sorgt ein Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs CAS für Aufsehen. Die Sperren gegen 28 russische Athleten wurden aufgehoben. t-online.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

In den vergangenen Monaten verhängte das Internationale Olympische Komitee (IOC) gegen insgesamt 43 russische Wintersportler lebenslange Olympia-Sperren. Die Athleten sollen bei den Heimspielen in Sotschi 2014 von organisierten Manipulationen profitiert haben. 42 der betroffenen Sportler legten daraufhin vor dem CAS Einspruch ein. Am Donnerstag folgte nun das Urteil des Gerichts: Ein Großteil der Sperren wurde aufgehoben. Die sechs wichtigsten Fragen zur CAS-Entscheidung:

  • Warum wurden die lebenslangen Sperren aufgehoben?

Nach Angaben des CAS war die Beweislast "nicht ausreichend". Darum hob das Gericht alle Doping-Sanktionen gegen 28 russische Wintersportler am Donnerstag auf. In elf weiteren Fällen wurden Verstöße festgestellt und die Einsprüche nur teilweise bestätigt. Die betroffenen Sportler bleiben aus den Ergebnislisten der Winterspiele von Sotschi gestrichen, der CAS hob allerdings die lebenslangen Sperren auf. Der CAS betonte, dass die Athleten nicht für "unschuldig" erklärt worden seien. Zudem habe es nicht über die Feststellung des IOC geurteilt, in Russland habe es ein staatlich gelenktes Dopingsystem gegeben. Es habe lediglich die individuelle Schuld der einzelnen Athleten untersucht.

  • Wie reagieren das IOC und die russische Regierung?

Das IOC hat mit "großem Bedauern" reagiert. Wegen der möglicherweise "großen Auswirkungen" der Entscheidung auf "den zukünftigen Kampf gegen Doping" kündigte das IOC eine "sehr sorgfältige Analyse" des Urteils an und stellte Konsequenzen in Aussicht – "inklusive eines Einspruchs beim Schweizer Bundesgericht".

Die russische Regierung hat die Aufhebung der lebenslangen Sperren hingegen mit großer Erleichterung aufgenommen. "Wir sind froh, dass die Gerechtigkeit endlich triumphiert hat", sagte Sportminister Pawel Kolobkow am Donnerstag in Moskau. Die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs CAS bestätige, dass die Athleten "sauber" seien.

  • Wie reagiert Doping-Kronzeuge Rodschenkow?

Der Anwalt des Dopingkronzeugen Grigori Rodschenkow hat den Freispruch des CAS für 28 russische Sportler scharf verurteilt. "Diese Entscheidung des CAS bestärkt allein die Betrüger, macht sauberen Athleten das Siegen schwerer und bedeutet einen weiteren unrechtmäßigen Erfolg für das korrupte russische Dopingsystem im Allgemeinen und Putin im Besonderen", wurde der New Yorker Jurist Jim Walden am Donnerstag in einer Mitteilung zitiert.

Whistleblower Rodschenkow war früher Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors und hatte nach seiner Flucht in die USA umfassend über den angeblich systematischen Sportbetrug während der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 ausgesagt. Auch im CAS-Verfahren wurde er als Zeuge angehört. Rodschenkow unterstellt auch Kremlchef Wladimir Putin eine Mitwisserschaft im russischen Dopingskandal.

  • Dürfen die entlasteten Sportler nun bei Olympia 2018 starten?

Nach dem Ausschluss Russlands wäre dafür eine Einladung des IOC nötig, um unter neutraler Flagge bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar 2018) starten zu dürfen. Das IOC hat als Reaktion auf das CAS-Urteil bereits bekräftigt, dass es bei seiner Entscheidung bleibt: "Die CAS-Entscheidung bedeutet nicht, dass Athleten aus der Gruppe der 28 zu den Spielen eingeladen werden." Wer nicht sanktioniert werde, bekomme nicht automatisch das Privileg einer Einladung verliehen. Auf der vor einer Woche veröffentlichten Einladungsliste stehen derzeit 169 russische Wintersportler, die unter neutraler Flagge starten werden.

Russlands Regierung hofft unterdessen auf eine Reaktion des IOC. Laut Sportminister Kolobkow erwarteten die Sportler, dass das IOC sie auch zu den Olympischen Winterspielen in Südkorea zulasse, sagte Kolobkow der Agentur Interfax zufolge.

  • Was passiert mit den Sotschi-Medaillen?

Russland bleibt durch das CAS-Urteil die erfolgreichste Nation der Winterspiele in Sotschi. Der Gastgeber kommt demnach auf elf Gold-, elf Silber- und neun Bronzemedaillen und führt damit den Medaillenspiegel vor Norwegen (11/5/10) an. Selbst wenn den Russen in noch drei zu verhandelnden Biathlon-Fällen zwei fragliche Silbermedaillen aberkannt werden, würde sich an der Reihenfolge nichts mehr ändern.

Die entlasteten Langlauf-Olympiasieger Alexander Legkow, Skeleton-Olympiasieger Alexander Tretjakow und Rodler Albert Demtschenko behalten somit ihre vor vier Jahren gewonnenen Medaillen. Der deutsche Rodler Andi Langenhan bleibt daher Vierter der Spiele von Sotschi und erhält nicht nachträglich Bronze.

  • Ist das Urteil nun ein Skandal oder nicht?

Das Urteil des CAS kam überraschend und dürfte bei vielen Sportlern und Sportfans für Unverständnis sorgen. Fakt ist aber: Der CAS hat lediglich die individuelle Schuld der Athleten untersucht und kam bei der Beurteilung der Beweislast zu dem Freispruch.

Ein herber Rückschlag ist das Urteil vor allem für das IOC und dessen Glaubwürdigkeit. Der renommierte deutsche Sportrechtler Michael Lehner sprach von einer "weiteren Peinlichkeit für das IOC, das den starken Mann markieren wollte". Die harten Sanktionen des Dachverbandes haben nicht funktioniert. "Die Frage war doch: Kann das IOC so vorpreschen, ohne dass ein Dopingverfahren stattgefunden hat – der CAS hat die Antwort gegeben. Auch das IOC muss sich in die Regeln einordnen, die es selber mitgeschaffen hat", sagte Lehner.

Verwendete Quellen
  • dpa, Nachrichtenagentur sid
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