Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.DHB-Vizepräsident Hanning wehrt sich Wenn Kritik persönlich wird, disqualifiziert man sich selbst
Das verpasste EM-Halbfinale war ein herber Schlag für das deutsche Team. Was folgte, war herbe Kritik. Vor allem am Bundestrainer. Doch das ist absoluter Unfug.
Dass wir an diesem Wochenende in Stockholm spielen, war das Ziel. Doch wir dachten dabei nicht an das Spiel um Platz fünf, sondern ans Halbfinale. Das haben wir leider verpasst. Wir wollten mit einer Medaille nach Hause kommen.
Aber auch ohne Gold, Silber oder Bronze um den Hals können wir sagen, dass wir bei der EM ordentlich aufgetreten sind. Dass unsere Gruppengegner Kroatien und Spanien das Finale unter sich ausmachen, sagt viel aus. Es haben offenbar nicht nur wir gegen sie verloren.
Der ganz große Wurf
Wir müssen aber einfach eingestehen, dass die Teams, die jetzt im Halbfinale standen, einfach besser waren als wir. Punkt. Wir waren trotz aller Ausfälle nah dran an der Weltspitze, aber eben nicht dabei. Für den ganz großen Wurf fehlt uns noch etwas.
In erster Linie müssen wir uns fragen, warum wir in Trondheim die Emotionalität wie in Wien nicht auf die Platte bekommen haben. Und auch manche Spieler müssen sich hinterfragen, warum sie sich selbst in Trondheim unter Wert verkauft haben.
Ich finde es aber völlig richtig, dass wir uns diese hohen Ziele gesteckt haben und die auch für die Olympischen Spiele in Tokio haben. Wir wollen uns nicht nur qualifizieren, wir wollen eine Medaille. Dabei bleibt es, auch wenn wir jetzt das Halbfinale verpasst haben.
Das Spiel mit der Interpretation
Der Bundestrainer hat viel Kritik einstecken müssen. Ihm wird aktuell nachgesagt, er würde nicht die großen Spiele gewinnen. Das ist absoluter Unfug. Waren die Spiele gegen Kroatien oder Spanien bei der WM 2019 nicht wichtig? Hätten wir die nicht gewonnen und gegen Frankreich in der Vorrunde nicht das Unentschieden geholt, hätten wir uns für gar nichts qualifiziert. Dass wir dort wichtige Spiele mit Christian als Trainer gewonnen haben, hat manch einer wohl vergessen.
Auch der Umgang mit meinen Äußerungen vor dem Österreich-Spiel ist ein typisches Beispiel dafür, was manche Leute wollen – nämlich Unruhe stiften. Ich bin Medienprofi. Ich weiß, was ich sagen will. Wenn ich sage, dass ich gespannt bin, was die Mannschaft mit ihrem Trainer macht, dann lesen das die Kritiker gerne so, wie es ihnen passt. Dass es aber so nicht gemeint war, wissen diese Personen selbst am besten. Aber ich bin für jedes meiner Worte verantwortlich. Dem bin ich mir bewusst.
Und in den letzten Tagen musste ich mir einige Kommentare anhören. Dazu will ich sagen: Sachliche Kritik ist angebracht und das gute Recht von jedem Fan und Experten. Aber wenn es ins Persönliche geht und niveaulos wird, ist es schwierig, das zu tolerieren. Da disqualifiziert man sich selbst.
Die Gewinner der EM
Zurück zu den positiven Dingen: Ich möchte ein paar Spieler hervorheben, die sich für mich bei der EM empfohlen haben. Philipp Weber zählt für mich zu den großen Gewinnern. Ich habe das Gefühl, dass er erwachsen geworden ist. Vielleicht braucht es manchmal die Erlebnisse wie die EM 2018, um daraus zu lernen. Und das hat er.
Auch Timo Kastening hat ein Lob verdient. Seine freche und unbekümmerte Art hat uns sehr geholfen. Hendrik Pekeler hat als Anführer, zusammen mit Patrick Wiencek, die Abwehr zu alter Stärke gebracht. Er ist definitiv als Führungsspieler gewachsen und ist für das Team noch wichtiger geworden.
Ein besonderes Lob geht an Tobi Reichmann, der aus einer schwierigen Situation kam, als Nummer eins begann und sich dann in den Dienst der Mannschaft gestellt hat, als Timo Kastening ihn überholt hat. Das zeigt Größe und Charakter. Tobi blieb fokussiert und hat uns mit seinen Siebenmetern enorm geholfen. Das war sensationell.
Ihr Bob Hanning